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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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geringste Geräusch.
    Wieder allein, legte Sibylla van Keupen das Lämpchen in die Lade ihres Tisches und sah sich missmutig um.
    Das Tintengefäß war umgefallen, der Fleck würde auf dem Tisch bleiben. Der Zinnkrug mit den blauen Astern aus ihrem Garten vor der Stadt lag auf dem Boden, die Blüten zertreten, der Krug verbeult. Zum Glück war das neue Seidenblumenbouquet, ein Geschenk, das ihr viel bedeutete, auf dem Wandbrett in Sicherheit gewesen. Auch die Postfächer waren verschont geblieben.
    Der mit dunkelgrünem Samt bezogene Lehnstuhl nahe dem Fenster musste neu bezogen werden, die vom Feuer angekokelten Beine ersetzt. Der Teppich? Er war klein und alt, ein Teppich gehörte sowieso nicht in ein Kontor. Ob die schweren, mit Schnitzwerk versehenen, zum Fenster weisenden Seitenteile des Schreibtisches noch zu retten waren?
    John hatte recht, die wichtigsten Unterlagen, die Verträge, Bestellungen und Rechnungen, Warenkataloge oder Listen der Handelshäuser und -agenten in zahlreichen Städten Europas, waren verschont geblieben oder schienen nur so gering beschädigt, dass sie noch leserlich waren und neu abgeschrieben werden konnten. Das verhieß viel Arbeit. Zumindest bis die bedeutenderen Korrespondenzen und Verträge mit den jeweiligen Partnern neu abgestimmt waren, würde auch die Unsicherheit bleiben, ob alles vollständig war. Sie musste darauf vertrauen, dass niemand die Gelegenheit nutzen und versuchen würde, sie zu betrügen.Vertrauen war in Handelsgeschäften unabdingbar, aber sie hatte schon von ihrem Mann gelernt, dass man sich darauf nie verlassen durfte, nicht einmal bei lange als honorig bekannten Handelsleuten.
    Wenigstens war die Mappe, deren Inhalt zum Wertvollsten zählte, ganz hinten in der tiefen Lade ihres Tisches völlig unversehrt geblieben. Das hatte sie schon in der Nacht geprüft, während das Gesinde noch mit den letzten Flammen kämpfte. Dafür fehlte eine ähnliche, nur von anderer Farbe. Zum ersten Mal an diesem Morgen lächelte sie.
    Gleichwohl schalt sie sich leichtsinnig. Sie hatte die Mappe für den Rest der Nacht sicher im großen Schrank ihrer Schlafkammer verborgen, jetzt tat sie, was sie längst hätte tun sollen. Sie zog die Schlüssel aus ihrer Rocktasche und beugte sich über die reich mit Eisen beschlagene Truhe. Die beiden Schlösser öffneten sich wie stets mit leichtem Schaben, das Geräusch war ihr so angenehm wie anderen das muntere Schnauben ihres Lieblingspferdes. Ihr Blick glitt über die Papiere und die Säckchen mit Münzen verschiedener Währungen, und plötzlich klappte sie den Deckel wieder zu und schloss sorgfältig ab. Sie wusste einen besseren Platz für diese Mappe.
    «Madam?» Eines der Mädchen stand mit unsicherer Miene in der Tür. «Verzeiht, wenn ich nicht geklopft habe, die Türen waren offen, da dachte ich, ich darf eintreten.»
    «Und warum bist du eingetreten?»
    «Ihr habt Besuch, Madam. Ich habe ihm gesagt, um diese Stunde empfangt Ihr keine Besucher, auch sonst niemand im Haus, aber er lässt sich nicht abweisen. Es ist der Weddemeister.»
    «Wagner», stellte sich der stämmige kleine Mann vor, der in einem schlecht sitzenden dunkelblauen Tuchrock und abgetragenen Stiefeln hinter dem Mädchen gewartethatte. Er schob sie zur Seite und trat in Sibylla van Keupens Kontor. «Es ist in der Tat früh, Madam, aber eine solche Sache duldet keinen Aufschub, und wie ich sehe, seid Ihr schon, nun ja, bei Eurer Arbeit.» Als die Herrin des Hauses ihn nur schweigend ansah, blickte er sich um und verzog sein Gesicht in tiefem Bedauern. «Fatal», murmelte er, zog ein blaues, nicht mehr ganz reines Tuch aus der Rocktasche und wischte sich über die Stirn. Weddemeister Wagner hatte weder Sinn noch Talente für die Präliminarien eines höflichen Gesprächs, er kam gleich zur Sache. «Wenn ich recht informiert bin, brach das Feuer mitten in der Nacht aus. Gegen zwei Uhr? Wie konnte es so schnell bemerkt und gelöscht werden?»
    «Zweifellos mit Gottes Hilfe», sagte Sibylla mit schmalem Lächeln. «Ich würde Euch bitten, Platz zu nehmen, Weddemeister, doch ich fürchte, die Stühle müssen erst gereinigt werden. Ich habe mit dem Inspektor der Feuerkasse gerechnet, warum interessiert sich die Wedde für mein Unglück? Zu einer Stunde, in der eine Dame noch nicht einmal frisiert ist.»
    «Die Wedde hat sich für vieles zu interessieren, Madam. Und manches Feuer ist kein Unglück, sondern das Ergebnis einer bösen Tat. Wie wurde der Brand so schnell

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