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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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den knarrenden Holzgestellen bezahlte, landete nicht gerade in der Hölle, aber ziemlich weit unten. Zumindest im Sommer empfahl es sich, selbst einem Schlafplatz im Buschwerk der Wälle den Vorzug zu geben.
    Woher das Gasthaus seinen trügerischen Namen hatte, wusste niemand mehr. Nicht einmal der Wirt. Jobst Hollmann war das so egal wie der Zustand des Hauses. Er bewegte sich nur selten von seinem Lieblingsplatz hinter dem Schanktisch in der düsteren Kneipe im Tiefparterre gleich neben dem großen Fass für das Bier und dem kleinen für den Branntwein fort. Wem seine Zimmer nicht gefielen, der sollte doch selbst den Besen schwingen, er war gerne bereit zu zeigen, wo sich einer befand. Auch seine Frau und ihr dümmlicher Bruder, der mehr schlecht als recht den Hausknecht spielte, hatten anderes zu tun, als fürübertriebene Reinlichkeit zu sorgen. Und mit Mägden gab es immer nur Ärger.
    Er füllte Branntwein in einen Krug, fischte einen wild mit den Fühlern rudernden Kakerlak aus der trüben Flüssigkeit und schnippte ihn weg. Er machte keinen Versuch, ihn totzutreten, diese Krabbler waren einfach zu viele und zu schnell. Ja, die Sache mit den Mägden. Alle faul und klauten wie die Raben. Zudem waren die Augen seiner Frau überall. Wenn er einer mal ein bisschen zu nah gekommen war, ein richtiger Mann brauchte schließlich ab und zu eine Schleckerei, hatte es gleich Gezeter gegeben, und das Mädchen war vor die Tür gesetzt worden.
    Auch die Letzte war schon nach zwei Wochen herausgeflogen. Er hätte den Teufel getan, sie überhaupt ins Haus zu nehmen. Zu jung und zu appetitlich. Als Irm sie mitbrachte, hatte er nicht gefragt, warum sie das Weibchen aufgelesen hatte, auch das war ihm einerlei gewesen. Sie würde kaum lange bleiben, bei dem geringen Lohn, den sie neben dem Schlafplatz unterm Dach und Frühstück und Abendbrot bekam. Wenn ihr das reichte, war das ihre Sache, hatte er gedacht, und wenn seine Frau Wirtin fand, sie brauche eine Magd und eine von der Straße holte, war das Irms Sache. Dann war er nicht schuld, wenn das Mädchen zu viel aß und trank, auf der faulen Haut lag oder die Taschen der Gäste leerte, bei denen sowieso nicht viel zu holen war, ohne ihren Fund bei den Wirtsleuten abzuliefern.
    Auch mit den Gästen gab es ständig Ärger. Er sog einen Schluck durch die breite vordere Zahnlücke und grinste. Das hatte sie davon, die Madam Wirtin. Es stimmte ja, das junge Ding hatte freiwillig im Voraus bezahlt, aber was soll man von einer halten, die alleine unterwegs ist? Und kaum waren zwei Tage um, da japste sie nach Luft, glühte wie eine Schmiede-Esse und pfiff aus dem letzten Loch.
    Er hörte rasche Schritte von Holzpantoffeln auf der Treppe und schob den Branntweinkrug unter den Tresen. So früh am Morgen vertrug er kein Gezeter.
    «Und?», fragte er, als seine Frau in die Gaststube trat. «Geht’s ihr besser?»
    Irm sah ihn gereizt an und griff hinter den Tresen nach seinem Branntweinkrug. Aber sie schimpfte nicht, sie trank.
    «Ich seh schon», stellte er fest, «ihr geht’s nich besser.»
    «Besser?» Irm knallte den Krug auf den Tisch und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. «Sie glüht und nuschelt wirres Zeug. Sie muss hier weg. Schnell. Sie hat irgend ’ne Pestilenz, so was will ich nich unter unserm Dach ham.»
    «Weg is gut, aber wohin? Zum Pesthof? Dann brauchen wir ’n Wagen, der kostet. Ich hab dir gleich gesagt, se sieht so komisch aus, schick se weg. Hast du die Augen nich gesehn?»
    Irm ignorierte seinen Triumph. «Doch nich zum Pesthof», sagte sie, «da stell’n se Fragen und machen Scherereien.»
    Sie nahm noch einen Schluck und starrte durch die halbgeöffnete Tür ins frühe Morgenlicht, als finde sich dort die Lösung ihres Problems.
    «Ich hab’s», sagte Hollmann plötzlich. «Sankt Katharinen. Der Frühgottesdienst is vorbei, jetzt is de Kirche leer. Es sind nur ’n paar Schritte, und wenn wir se in die Mitte nehm’, merkt auf der Straße kein Mensch, wie krank se is. Die Leute denken, wir bringen ’ne Schnapsdrossel nach Hause. Kommt ja vor.»
    Das stimmte zwar nicht – wer im
Himmel
zu viel getrunken hatte, um sich noch aufrecht zu halten, wurde kurzerhand auf die Straße gesetzt   –, trotzdem hatte er recht: Niemandwürde sich wundern oder dumme Fragen stellen. Und in der Kirche würde sie später schon jemand finden und ihr weiterhelfen. Das war doch Christenpflicht.
    «Besser später», gab sie zu bedenken, «wenn’s dunkel

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