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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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schwerer nachtblauer Seide eine mühsame Strecke. Rosina beugte sich über die Hand der Senatorin, wie sie es als Kind zur Begrüßung vornehmer Älterer gelernt hatte, und ließ sich wohlig aufseufzend auf das Polster sinken.
    «Danke», sagte sie, noch ein wenig atemlos, «ich fürchtete schon, zu spät zu kommen.»
    «Das werden wir, meine Liebe, das werden wir. Doch was zählt ein Viertelstündchen in der Unendlichkeit. Ihr hättet wirklich nicht so zu rennen brauchen. Das verdirbt nur die Frisur.»
    Sie lachte glucksend, klopfte mit dem größten ihrer schweren Ringe an die Kutschenwand, und die Pferde zogen an.
    ‹Und was›, dachte Rosina erleichtert, ‹zählt ein Viertelstündchen,wenn ich mich Annes und Madam Augustas untadeligen Freundinnen als Begleiterin einer der ersten Damen der Stadt präsentiere.›
    ***
    Baumeister Sonnin zog seinen Rock aus und ließ ihn vor dem vollgestopften Bücherschrank achtlos auf den Boden fallen. Es war warm in seiner Werkstatt, die Witib Engel Reinke, die ihm mit ihrer Nichte den kleinen Haushalt führte, sorgte stets, er könne sich erkälten, und hatte schon geheizt. Er hielt das für Verschwendung, doch in dieser Angelegenheit blieb sie widerspenstig. Seine Wohnung am Kleinen Michaeliskirchhof war während der Errichtung der Kirche seine Baustube gewesen, seit einigen Jahren war sie auch seine Wohnung. Nur manchmal, wenn die Sommertage besonders heiß waren und der Gestank in der Stadt unerträglich wurde, sehnte er sich nach seinem früheren Domizil zurück, der stillen alten Hinterhauswohnung mit dem idyllischen Gärtchen am Alstertor.
    Er schob die Rollen mit den Aufrissen für das neue Waisenhaus zur Seite und breitete Berichte, Rechnungen und Zeichnungen für die neue Art von Feuerlöschschläuchen auf seinem Arbeitstisch aus. Deren Erprobung auf dem Kalkhof lag gut zwei Jahre zurück, sie hatten sich fabelhaft bewährt. Der Wasserstrahl erreichte eine Höhe von etwa achtzig Fuß, und der neuartige Leinenschlauch ohne Naht verlor kaum Wasser. Bei den bisher gebräuchlichen, zumeist aus Leder, andere aus Hanf, schwamm mehr des kostbaren Löschwassers auf der Straße, als das Feuer erreichte. Der Webmeister hatte von der
Patriotischen Gesellschaft
, die unermüdlich Neuheiten förderte und das Unternehmen veranlasst hatte, eine Ehrenmedaille bekommen.
    Wenn nun die entscheidenden Herren der Stadt dazunoch den Bau der neukonstruierten Feuerspritze genehmigten, mochte das nächste Feuer kommen. Nicht so eine große Maschine, wie sie die Göttinger gebaut hatten, die kam in den engen Straßen kaum voran und brauchte zu ihrer Bedienung sechzehn Männer. Was für ein Gewimmel! Eine über die Maßen dichtbebaute und von Fleeten durchzogene Stadt wie Hamburg oder auch Amsterdam erforderte starke, doch kleinere Spritzen, die nur sechs oder acht Männer bedienten. Etliche müssten über die ganze Stadt verteilt und in ständiger Bereitschaft sein, damit Männer und Spritze schnell genug zur Stelle waren.
    Sonnin schob auch diese Bögen zur Seite. Sie boten nichts, was seinen unruhigen Geist heute ablenken konnte. Sie brachten ihn nur auf dumme Ideen, zum Beispiel, dass mal wieder ein richtig großes Feuer nötig war, nicht so ein Gekokel wie im Keupen’schen Kontor. Dann würden die Herren Spritzenmeister, die sich gegen alles wehrten, was neu und nicht ihren eigenen Köpfen entsprungen war, endlich aufhören, den Bau neuer Spritzen zu verweigern. Vielleicht.
    Er nahm einen frischen Bogen aus einem der Wandfächer, zog den Stopfen aus dem Tintenglas und griff nach dem feinen Messer, um die Feder nachzuschneiden. Spritzenmeister Biber, einer, der keine Scheuklappen trug, hatte einen ganz brauchbaren Entwurf geliefert: eine Wasserleitung aus Kupfer für den Katharinenturm. Wenn es dort, wohin kein Schlauch reichte, nach einem Blitzschlag brannte, konnte mehr und schneller Wasser oben sein als mit Eimern, zumindest im Oktogon. Als in Sankt Michaelis anno 1750 der Blitz einschlug und die Kirche bis auf ein paar bröckelnde Mauern niederbrannte, hatten die Löschmannschaften nichts ausrichten können, mit so einer Kupferleitungwäre es vielleicht anders gewesen. Andererseits hätte er dann auch nicht die Kirche neu bauen können, was wiederum für ihn bedauerlich gewesen wäre. Wenn sie ihn nun endlich auch den Turm bauen ließen   …
    Sonnin rief seine Gedanken zur Ordnung und versuchte, sich auf die Kupferrohre zu konzentrieren. Er hielt die Feder immer noch in der Hand,

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