Mit dem Teufel im Bunde
Hof hinter der Mattentwiete?»
«Den alten Gamradt? Klar. Der hat feine Fächer gemacht. Wenn er nicht so eigen wäre, hätt er viel Geld verdienen können. Er wollte aber nicht so, wie die Ladenmamsells wollten. Der hat nur Fächer gemacht, die ihm gefielen.»
«Dann hat er die Werkstatt geschlossen, weil er nicht genug verkaufen konnte?»
«Nur nicht genug, um die teure Miete zu bezahlen, die die van Keupen plötzlich verlangt hat. Nun is sie ja tot, leider zu spät.»
Die Miete für den Schuppen sei im Frühsommer beinahe verdoppelt worden. Ein paar Wochen habe der alte Gamradt noch durchgehalten, dann musste er aufgeben. Jetzt wohne er bei seiner Tochter in Wandsbek.
«Das überlebt der nicht lange, da sagen sich Hase und Igel gute Nacht, sonst ist da nix los. Gamradt hat immer gern ’n bisschen Trubel gehabt, der hat nach der Arbeit oft am Hafen gesessen und mit den Leuten geredet, besonders mit den Schiffern. Der kennt sich aus in der Welt, wenn er auch nie weiter als bis Bergedorf gekommen ist. In Wandsbek geht der ein wie ’n Fisch auf’m Trockenen.»
«Der würde sicher lieber bei seinem Sohn leben», erklärte Vandenfelde, der auch immer gut informiert war. «Aber der hat fünf Kinder und nur zwei Zimmer. Die Älteste könnte schon aus dem Haus sein, ’n hübsches Mädchen, aber die ist so eigen wie ihr Großvater. Die wartet wohl auf ’nen Prinz. Es heißt, sie hat mal was mit irgendeinemHandelslehrling aus feiner reicher Familie gehabt, soll aus Frankreich gewesen sein, der Galan. Aber das glaube ich nicht, so was führt ja nie zu was Gutem, und die ist nicht nur proper, die ist auch schlau.»
«Du meinst Akulina?», fragte Rosina. «Die jetzt bei Joyeux am Baumwall arbeitet? Sie ist seine Enkelin?»
«Klar!» Nun war wieder Servatius an der Reihe. «Die hat alles von ihm gelernt und kann richtig gut malen. Der alte Gamradt hat immer gesagt, mit Akulina kann er Fächer machen, bis er ins Grab geht, und dann macht sie weiter. Aber das geht ja nun nicht mehr. Jetzt muss sie für den Gockel am Baumwall schuften.»
«Warum macht der Alte seine Fächer nun nicht in Wandsbek?», fragte Magnus. «Bekommt er dort keine Erlaubnis?»
Vandenfelde und Servatius zuckten wie ein Mann mit den Achseln. «Kann schon sein», meinte Servatius, «aber es heißt, er ist jetzt ganz trübsinnig. Kann ich gut verstehen, seine Tochter ist ein echtes Rabenaas, gut verheiratet, nur zwei Kinder, aber kniepig wie ’n Geldverleiher. Er kriegt da nicht mehr als sein Gnadenbrot, wie ’n alter Zossen. Das ist ’ne Schande. Aber eigentlich ist die van Keupen schuld.»
«Man soll Toten ja nichts Schlechtes nachsagen», meldete sich Jakobsen zu Wort, «und ich will keinesfalls behaupten, ich finde gut und richtig, was ihr passiert ist. Aber eine so wohltätige Seele, wie alle sagen, war die nicht. Jedenfalls nicht nur. Wenn ihr mich fragt – eigentlich war die ’ne echte Schlange.»
Rosina beugte sich vor, um nur kein Wort zu überhören. Servatius und Vandenfelde waren immer gut für Klatsch, Jakobsen hingegen war ein vernünftiger Mann, wenn es auf den ersten Blick auch nicht so erschien. Als guter Wirt mit Gästen aus den verschiedensten Teilen der Stadt wusste ermehr und verlässlicher als alle Journalisten, die sich zudem nur für das Weltgeschehen und die Wissenschaften zu interessieren hatten.
«Nun sag schon, Jakobsen, was weißt du?»
«Du hast dich wirklich nicht verändert», feixte er, «zumindest bist du noch genauso neugierig. Na gut, Wagner wird es freuen, hab ich recht?»
Er winkte Lineken, die sich beeilte, einen großen Krug Bier zu bringen, und tief bedauerte, dass schon wieder andere Gäste nach ihr riefen. Während Jakobsen die Becher füllte, begann er zu erzählen.
Tatsächlich hatte Sibylla van Keupen sich oft großzügig gezeigt, sie hatte das Waisenhaus und das Heiliggeiststift mit Spenden unterstützt, natürlich auch die Katharinenkirche, zuletzt die Turmbegradigung durch Baumeister Sonnin und seine Zimmerleute mit einer guten Summe. Was daraus nun werde, müsse man sehen, wenn die Erben in der Stadt seien. Allerdings könne man nicht sagen, dass sie die gute alte Tugend gepflegt habe, nach der die linke Hand nicht wissen soll, was die rechte tut. Die Leute in ihrem Kontor hatte sie gut behandelt, auch gut bezahlt, sie war klug genug, um zu wissen, dass deren unbedingte Loyalität für den Erfolg nötig ist. Vor allem in ihren Anfangsjahren, als man ihr noch Misstrauen entgegengebracht
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