Mit den Augen der Fremden
musterten Jasons von schwarzem Fell bedeckte Gestalt von Kopf bis Fuß. „Übrigens – glaubst du, du könntest Ehre finden, indem du in meinem Stab hier arbeitest?“
„Ihr seid zu gütig, Ehrenwerter.“
Der Prüfer nickte.
„Ich hab’ es mir schon gedacht“, sagte er. „Diese Arbeit hier ist für die Energien eines jungen Menschen zu langweilig. Männer in deinem Alter wollen aktive Pflichten wie das, was du bei den Aufklärern getan hast. Nun, mein Angebot bleibt bestehen. Immer vorausgesetzt, daß du ein Mann von angemessener Ehre bleibst, kannst du später darauf zurückkommen, wenn du willst.“
Er starrte auf Jason hinunter.
„Vielleicht wirst du dich selbst überraschen und genau das tun“, sagte er. „Wenn wir jung sind, wollen wir alles über Nacht erreichen. Wir haben große Träume von großen Ehren und der Gründung von Reichen. Und so sollte es natürlich auch sein. Aber nach ein paar Jahren kommt die Zeit zu bedenken, daß es für jeden einzelnen, der ein Reich und eine Familie gründet, Millionen anderer geben muß, die die anderen Pflichten der Ehre erfüllen. Denn uns allen obliegt eine noch größere Verantwortung als jene, ein ehrenwerter Mann zu sein – das überrascht dich, junger Mann?“
„Ich …“ stammelte Jason. „Ich bin nur ein Zweitvetter.“
„Das macht keinen Unterschied“, sagte der Prüfer. „Selbst eine Waise ist Mitglied der Rasse. Und auch sie hat eine größere Verantwortung als jene für ihre eigene Ehre – nämlich die, dafür zu sorgen, daß er am Ende Teil einer ehrenwerten Rasse ist.“ Er starrte Jason überrascht und nicht unfreundlich an. „… was trauerst du, junger Mann?“
„Ich bin unwürdig!“ klagte Jason.
„Langsam“, sagte der Prüfer. „Habe ich nicht gesagt, daß der Jugend Träume und Phantasien wohl anstehen? Und wo stünden wir denn, wenn nicht hin und wieder aus solchen Träumen in großen Zeitabständen ein Gründer erwüchse? Ich habe dich nur gewarnt, auf der Suche nach persönlicher Ehre nicht alles andere zu vergessen. Komm …“ sagte der Prüfer, immer noch freundlich, „ich sehe, du bist ein sehr feinfühliger junger Mann. Wenn du noch fünf Perioden lebst, könntest du ein Mensch werden, auf den wir alle stolz sind. Du kannst jetzt gehen.“
Jason neigte den Kopf und ging rückwärts hinaus. Erst als er den mächtigen Gebäudekomplex des Prüfzentrums hinter sich gelassen hatte, gelang es ihm, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er ging zu den Maklerbüros im Stadtzentrum und dachte über sich selbst nach. Es war so seltsam – in dem einen Augenblick war sein Ehrgeiz so groß, daß er auf alle herunterblickte, und im nächsten Augenblick reichten ein Wort oder zwei, wie jene, die er gerade gehört hatte, um ihn vor sich selbst unwürdiger erscheinen zu lassen als die gemeinste Waise in einem Wohlfahrtsheim. Benommen schüttelte er den Kopf.
Bis er die Maklerbüros erreichte, hatte er das Gefühl abgelegt und fand sich wieder ganz in der Gewalt der Entschlossenheit, die sein Leben seit jenem Augenblick beherrscht hatte, als er das Artefakt zum erstenmal mit den Instrumenten seines Schiffes wahrgenommen hatte. Er fand den Makler, den Bela Erstvetter ihm empfohlen hatte, und gab ihm seine Werteliste.
Der Makler warf einen geübten Blick auf die Liste und wandte sich dann seinem Computerterminal zu, um die Tageswerte der einzelnen Stücke zu überprüfen. Als er fertig war, nickte er nachdenklich, tippte eine Summe und gab Jason die Liste zurück.
„Gar nicht schlecht für einen Zweitvetter in seiner zweiten Periode“, sagte der Makler. Er war ein Stab-Gläubiger und gehörte der Familie Machidae an, die den Brutogasi immer freundlich gesinnt gewesen war – das ging auf ein Wassergeschenk zurück, das der ursprüngliche Brutogas dem jungen Gründer der Machidae gemacht hatte.
„Es ist natürlich dieses Guthaben aus der Belohnung für das Auffinden jenes Artefakts, das die Summe so ungewöhnlich hoch macht. Was hattest du mit der Liste vor?“
„Ich möchte sie zu Geld machen“, sagte Jason.
Der Makler hob die Brauen.
Jason mußte eine Weile reden, um den Makler zu überzeugen – einen vernünftigen Mann, bereits auf dem besten Wege zu einem ehrenwerten Alter –, daß dies wirklich seine Absicht war. Und noch mehr Überredungskunst gehörte dazu, den Makler davon zu überzeugen, daß auch der letzte Teilbetrag, eine Option auf den Notfonds der Brutogasi, eingeschlossen werden
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