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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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sollte.
    „Das kannst du nicht tun“, sagte der Makler schließlich. „Oder besser gesagt, ich tue das nicht. Wenn du dich genügend bemühst, kannst du wahrscheinlich irgendein skrupelloses Individuum finden, das auch diesen Betrag für dich zu Geld macht – doch ich lehne das ab. Aber ich bin bereit, dir ein Darlehen darauf zu geben – bis zu Dreiviertel des Wertes. Und damit verstoße ich bereits gegen meine eigene Ehre und gegen die Freundschaft zwischen unseren Familien. Du bist dir doch im klaren darüber, was geschieht, wenn du das Darlehen nicht innerhalb einer Periode zurückbezahlen kannst, oder?“
    „Ja“, sagte Jason.
    „Ich will es trotzdem aussprechen“, sagte der Makler. „Wenn du es bis dahin nicht zurückbezahlt hast, habe ich einen Anspruch gegen die Familie Brutogas, und du weißt genau, was das bedeutet. Dein Familienoberhaupt wird unverzüglich bezahlen, aber im gleichen Augenblick wirst du zu einer Verbindlichkeit für die Familie – da auch weitere Schulden bezahlt werden müßten, aber du keinen persönlichen Kredit mehr hättest, um für die Zahlung aufzukommen. Deine Familie müßte sich also in einem Akt der Notwehr von dir lossagen. Weißt du, was es bedeutet, ohne den Schutz der Familie leben zu müssen?“
    „Das wäre nicht das erstemal, daß ehrenwerte Männer so gelebt hätten“, sagte Jason halsstarrig.
    „Ehrenwerte Riesen! Ehrenwerte Genies!“ sagte der Makler. „Aber nicht so etwas Schwaches wie gewöhnliche ehrenwerte Männer. Die meisten gewöhnlichen Menschen, gleichgültig wie ehrenwert auch jeder einzelne sein mag, begehen entweder kurz darauf Selbstmord oder werden von irgendeinem Individuum, das einer Familie angehört, getötet, da dieses Individuum ja weiß, daß niemals jemand eine Frage stellen wird – wie es natürlich auch durchaus recht und billig ist. Es hätte wenig Sinn, Familien zu haben, wenn es so leicht wäre, außerhalb von Familien zu existieren. Was feststeht, ist jedenfalls, daß ein Verstoßener selten länger als noch ein paar Tage lebt, wenn er Glück hat. Und es ist ein zweckloser Weg zum Tode – du willst es aber dennoch tun?“
    „Ja“, sagte Jason, obwohl sich sein Magen dabei zusammenzog. Sein Vorstellungsvermögen war stark genug, um sich die schreckliche Einsamkeit ausmalen zu können, in der man ohne Familie oder Namen leben mußte.
    „Nun gut“, sagte der Makler. „Und du willst mir nicht sagen, wozu du das Geld brauchst?“
    „Nein, lieber nicht“, sagte Jason.
    „Gut. Ich habe dir gesagt, was mir mein Gewissen gebot. Unser Geschäft wäre damit abgeschlossen. Es wird etwa eine Stunde dauern, die Papiere fertig zu machen, aber praktisch betrachtet kannst du sofort Wechsel gegen die Summe ausstellen, die ich hier notiert habe.“
    Jason dankte ihm und ging hinaus.
    Wieder im Licht der weißen Sonne, bestieg Jason einen Pendelbus, der durch die Tunnels zur anderen Seite der Stadt fuhr, wo sich die meisten Sportanlagen befanden. Jason suchte sich eine Fechtschule aus, wo der Gebrauch des Duellschwerts gelehrt wurde. Beinahe hätte er den Eingang verpaßt, denn es handelte sich um ein einfaches, kahles Zimmer, lediglich mit einem kleinen Teich in der Mitte und ein paar kargen Sitzplattformen an den Wänden. Dann sah er das Zeichen über dem Eingang, welches verkündete, daß dies die Schule von Brodth Jüngerbruder Clanth, Schwertmeister, sei. Er trat ein.
    Drinnen hörte er das Schlurfen von Füßen und das Klirren von Metall auf Metall. Es gab keine Tür zu diesem Innenraum, was ihn überraschte – oder was ihn vielleicht überrascht haben würde, hätte er es hier nicht mit einem Schwertmeister vom Ruf eines Brodth Jüngerbruders zu tun gehabt. Bei einem Schwertmeister von solch hohem Ruf war es zweifellos Ehrensache, weder öffentliche noch private Schlüsselträger zu beschäftigen.
    Jason trat in den inneren Raum. Er sah eine rechteckig angelegte, hell erleuchtete Halle mit hoher Decke, in der drei Paare von Fechtern miteinander übten. Ein hochgewachsener, schlanker Ruml von ungewöhnlich gerader Haltung ging von Gruppe zu Gruppe, um seine Anweisungen zu erteilen. Hin und wieder klatschte er ein paar Sekunden lang rhythmisch in die Hände, um einen der Fechter wieder zu dem Rhythmus zurückzuzwingen, der für Schwertarbeit nötig war.
    „… vorbeugen“, sagte seine rauhe, ziemlich hoch klingende Stimme erregt zu einem der Fechter am Ende des Saals. „Du mußt dich in deinen Schlag hineinlehnen! Und wieder!

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