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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Woche», schnitt Hanne mir ihrerseits das Wort ab.
«Und Ella muss das ja auch wissen. Dass sie mir das nicht auf die Nase bindet, kann ich noch nachvollziehen. Aber du.»
«Soweit Jochen bisher festgestellt hat», versuchte ich sie zu beschwichtigen, «sind es keine krummen Geschäfte. Alex darf Geld verleihen, wenn er genug hat. Er darf sogar eine Leihgebühr nehmen, wenn er sie versteuert. Und diese Schmuckgeschichte beruht auf Hörensagen. Vielleicht hat das Mädchen, das im Kasino davon erzählt hat, nur selbst Ärger mit ihrem Freund bekommen und noch etwas dazugedichtet. Warum hast du Ella nicht angerufen und gefragt, was los war?»
«Was meinst du, was ich in der letzten halben Stunde getan habe? Fünfmal hab ich es probiert, ging keiner ran.»
Nach dem Abendessen griff Hanne erneut zum Hörer und legte nach etlichen Sekunden wieder auf, weil nicht abgenommen wurde. Sie fluchte auf ISDN-Anschlüsse. Da sah man ja, wer einen zu sprechen wünschte. Und wenn einem das nicht gelegen kam, ging man eben nicht ans Telefon.
«Vielleicht sind sie nicht da», sagte ich.
«Ella muss da sein», bekam ich zur Antwort. «Ich fahr gleich mal runter. Keine Sorge, ich werde sie nicht auf Alex’ Geschäfte ansprechen. Ich will nur wissen, was los war.»
Olli hatte inzwischen schon seine Zähne geputzt, stand im Schlafanzug bei der Küchentür, um Mama einen GuteNacht-Kuss zu geben. Er hatte mitgehört. Ich bekam meinen Kuss, nachdem er im Bett lag. Als ich ihn zudeckte, wisperte er: «Ich will nicht, dass Mama zu Sven fährt.»
«Warum nicht?», fragte ich.
«Ich will das nicht», wiederholte er fast trotzig.
Hanne verzichtete auf die Fahrt, nicht damit er seinen Willen bekam, es war eher Vernunft. Wer nicht ans Telefon ging, kam wahrscheinlich auch nicht an die Tür. Wir blieben den ganzen Abend beim Thema. Hanne gestand, dass sie Ella beim Kaffee von seiner RockerStory erzählt hatte. Und Ella hatte natürlich die BananenVersion ihres Mannes bestätigt, Oliver aber nichtsdestotrotz in Schutz genommen. So war er nun mal, unser Kleiner, wenn er spielte, vergaß er alles um sich herum. Und wenn ihm irgendein Missgeschick passierte, flunkerte er ein bisschen.
Danach sahen wir drei Möglichkeiten. Die Godbergs hatten erneut unliebsamen Besuch bekommen. Und da sie nun wussten, dass unser Sohn daheim brühwarm berichtete, was bei ihnen vorging, setzte Alex ihn – im wahrsten Sinne des Wortes – auf die Straße und verbot ihm, sich noch einmal blicken zu lassen. In dem Fall hätte Alex wohl auch verhindert, dass seine Frau zum Telefon griff und Hanne herbeizitierte. Wer wollte denn noch eine Zeugin? Ein Kind, das für seine lebhafte Phantasie bekannt war, konnte man leicht als unglaubwürdig hinstellen.
Oder – ich ging natürlich davon aus, Andreas Nießen hätte dem älteren Ehepaar von gegenüber einen Besuch abgestattet, wusste jedoch nicht, in welchem Wagen er bei ihnen vorgefahren war. Gut möglich, dass gerade kein Zivilfahrzeug zur Verfügung gestanden hatte oder unser Computerfreak mal richtig Polizei spielen wollte und einen Streifenwagen mit Beschlag belegte. In dem Fall hätte Alex mitbekommen, dass die Polizei in seiner Nachbarschaft Erkundigungen einzog. Und vielleicht hatte er unserem Plappermäulchen daraufhin erbost eine runtergehauen und ihn rausgeworfen.
Dazu schüttelte Hanne noch einmal den Kopf. Und Oliver hatte ja auch gesagt, Ella habe geweint. Vielleicht war er nur Zeuge eines handgreiflichen Ehestreits geworden. Bisher war Hanne zwar davon ausgegangen, Ella und Alex führten eine überaus glückliche Ehe, Schatz hinten, Schatz vorne und all die Geschenke. Doch nach Ellas Nicken auf die allgemeinen Ausführungen zu treulosen Männern, vielleicht war doch etwas dran an der kurzen Affäre. Vielleicht hatte Ella die Frankfurter Klinik viel zu früh verlassen, weil sie Alex nicht traute. Vielleicht hatte sie heute Nachmittag einen Beweis für weitere Untreue gefunden. Vielleicht. Wer mit lächelnder Miene und scheinbarer Sanftmut über den zwielichtigen Gelderwerb des Ehemanns hinwegsah, dem oder der waren noch ganz andere Lügen zuzutrauen.
«Aber das kläre ich morgen», beschied Hanne, als wir zu Bett gingen. Doch ihr war es nicht vergönnt, noch etwas zu klären.

Dienstag, 27. Mai
    Als ich morgens um acht in Hürth eintraf, saß Andreas Nießen noch nicht an seinem Computer. Ich hinterließ für ihn die Nachricht, dass ich ihn umgehend in meinem Büro zu sehen wünschte. Er kam auch ziemlich bald mit

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