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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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brannte ihr auf der Zunge. Nur konnte sie das nicht offen zur Sprache bringen, ohne mich als Quelle anzugeben. So beließ sie es bei der allgemeinen Feststellung, dass man Männern ja nicht trauen könne. Wenn man sie längere Zeit allein ließe, sei das Risiko noch größer. Und Ella nickte dazu.
Als Hanne sich verabschiedete, saßen Oliver und Sven noch friedlich im Kinderzimmer und schauten sich In einem Land vor unserer Zeit um. Kurz darauf muss Ella sie dann in den Garten geschickt haben. Und was danach geschah – hätte Andreas Nießen vielleicht noch mitbekommen, wenn er meiner Anweisung Folge geleistet hätte.
Als ich um halb sechs Feierabend machte, saß er an seinem Platz und erklärte knapp: «Ich habe die Leute nicht erreicht.»
«Und was ist mit anderen Nachbarn?», fragte ich. «Haben die etwas beobachtet?»
Woher hätte er das wissen sollen? Er war ja gar nicht weg gewesen, hatte nur bei den Kremers angerufen, und als niemand abhob, gefolgert, sie seien nicht da. Er gab sich ein wenig tölpelhaft. «Ach, hätte ich auch andere Nachbarn befragen sollen? Davon haben Sie aber nichts gesagt.»
Aber meinen Sohn hatte ich erwähnt. Und für dessen Sicherheit zu sorgen, fand unser Internetfahnder, sei allein meine Sache. Damit hatte er nicht einmal Unrecht.

Montagabend
    Der Tag, mehr die Informationen zu möglichen Betrügereien bei Godbergs Spielbankgeschäften, hatten meinen Abstand zum Rathausparkplatz noch etwas vergrößert. Es heißt wirklich nicht umsonst, Arbeit sei die beste Medizin. Ausgeschwitzt hatte ich die Stunden mit Maren noch lange nicht. Aber es lenkte ab, sich den Kopf über Alex und seinen Ärger zu zerbrechen und zu grübeln, wie ich Hanne beibringen sollte, dass es besser sei, wenn unser Sohn nicht mehr bei Sven spielte, zumindest in nächster Zeit nicht, bis ich genau wusste, ob Godberg Dreck am Stecken hatte.
    Während der Heimfahrt hoffte ich inständig, dass meine Mutter im Laufe des Tages nirgendwo ein Schwätzchen gehalten und etwas erfahren hatte, was mir zum Verhängnis werden konnte, dass auch Peter Bergmann nicht zum Arzt gegangen war. Ich versuchte, mich innerlich auf eine zärtliche Stunde mit Hanne einzustimmen. Wenn Oliver im Bett lag und endlich eingeschlafen war, wollte ich tun, woran mich die Rückkehr in den Heimathafen in der vergangenen Nacht gehindert hatte, sie wirklich lieben, nicht nur in ihren Armen Zuflucht suchen. Doch daraus wurde nichts.
    Die Tür zu Ollis Zimmer stand offen, als ich die Diele betrat. Sein Zimmer war das erste, wenn man hereinkam. Er saß auf dem Fußboden vor seinem Bett, saß einfach nur da, ohne sich mit Spielzeug zu beschäftigen. Er schaute nicht auf, als ich die Wohnungstür hinter mir schloss. Statt mit seinem sonst üblichen «Hallo» begrüßte er mich mit dem trotzigen Hinweis:
    «Mama hat gesagt, ich darf erst rauskommen, wenn ich sage, was ich gefressen habe.» Er meinte wohl ausgefressen.
    Sein Stimmchen schwamm in Tränen. Ich hockte mich zu ihm, legte ihm einen Finger unters Kinn und hob seinen Kopf an. «Was hast du denn angestellt?»
    «Gar nix.» Er schniefte, seine Unterlippe zitterte. «Ich bin doch kein Verbrecher.»
«Nein, ganz bestimmt nicht», sagte ich.
«Aber Mama sagt das. Wer lügt, der stiehlt, hat sie gesagt. Und dann kommen die Fahnder und werfen mich ins Gefängnis.»
«Nein, du stiehlst doch nicht.»
«Ich hab auch nicht gelogen», jammerte er. «Ich hab die Vase nicht kaputtgemacht, Tante Ella hat sie umgeworfen.»
«Hast du doch bei Sven gespielt?»
Ich darf nicht einmal behaupten, mir sei im Nachhinein mulmig geworden. Er saß ja heil und gesund vor mir, nickte, schlang beide Arme um meinen Hals und drückte sein Gesicht so fest gegen meine Schulter, dass ich dachte, er wolle sich ersticken. Die nächsten Sätze kamen nur stockend und von heftigen Schluchzern unterbrochen. «Und jetzt darf ich nie mehr kommen.»
«Wer hat das gesagt?»
«Der Papa von Sven», schluchzte er. «Aber ich hab doch mein Buch in seinem Zimmer liegen lassen, als Tante Ella gesagt hat, wir sollen im Garten spielen und nicht so viel Krach machen.»
Hanne stand längst in der offenen Tür, ging aber freiwillig zurück in die Küche, als ich ihr ein Zeichen gab. Nachdem die ärgsten Schluchzer verebbt waren, schloss ich die Tür, setzte mich aufs Bett und hob ihn auf meinen Schoß. «So, nun sind wir unter uns. Jetzt erzähl mal der Reihe nach. Was war denn los?»
«Das darf ich nicht sagen», murmelte er.
«Wer hat dir das

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