Mit den Augen eines Kindes
die englische Variante haben wir beide noch nicht probiert. Nein, stimmt nicht, damit haben wir angefangen vor ewigen Zeiten. Weißt du noch, wie du mir den Zweig aus der Hand gerissen hast, um eine krepierende Katze zu verteidigen?»
Wieder zog ihr Nagel eine Spur über meine Haut. Ihre Stimme klang träge. «Würde dein Sohn das auch tun? Erzähl doch mal von ihm. Konni Metzner und das Familienleben; Kapitel eins: Mein Sprössling und ich.» Als ich schwieg, seufzte sie. «Aber ein Haus hast du nicht gebaut und auch keine Bäume gepflanzt. Das hätte ich dir nicht verziehen. So ein Knirps hat etwas und passt zu dir. Wenn du mal abtrittst, hinterlässt du jedenfalls eine Kopie. Das kann ich von mir nicht behaupten.»
Ihr Kopf lag wieder auf meiner Brust, rutschte allmählich tiefer. Aber sie hätte Olli nicht ins Spiel bringen dürfen, irgendwie gelang es ihm sogar in dieser Situation, mich zurück auf meinen Platz zu stellen. So ähnlich war es ja auch dienstags gewesen. «Dann lass dir doch eine machen», sagte ich.
«Bringt dein Mann das nicht, oder ist er der Meinung, zwei von deiner Sorte wären zu viel?»
Darauf bekam ich keine Antwort. Als ich mich anzog, fragte sie: «Wenn ich dich nicht in der Wohnung deiner Freundin anrufen darf und auch nicht in der Dienststelle, wo kann ich dich dann im Notfall erreichen? Verrätst du mir deine Handynummer?»
«Heb dir die Notfälle für Rex auf», sagte ich, «sonst telefoniere ich mal in Sachen Konkursmasse. Wie wird dein Clubbesitzer wohl reagieren, wenn ihm zu Ohren kommt, dass du nichts Besseres mit dir anzufangen weißt, als mich zu vernaschen?»
«Er wird mir den Kopf abreißen», meinte sie.
«Gut», sagte ich und ärgerte mich, dass mir die Idee, den Spieß umzudrehen, nicht schon am Dienstag gekommen war.
«Deinen Kopf willst du doch sicher behalten. Sonst müsstest du dir das ganze Stroh unter den Arm klemmen, das sieht nicht gut aus.»
Sehr einfallsreich war das nicht. Sie war auch nicht etwa beleidigt, lächelte und meinte: «Ach Konni, wenn du wüsstest, was ich zwischen dem Stroh so alles im Kopf habe, würdest du die Klappe nicht so weit aufreißen. Na geh, wenn es dich heimwärts zieht. Genieß dein Glück und sorg dafür, dass es dir erhalten bleibt. Das tu ich auch.»
Eine Stunde später kroch ich neben Hanne ins zweite Bett. Sie schlief, und ich hatte das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen, sie einfach nur zu halten. Aber ich wagte es nicht einmal, die Hand nach ihr auszustrecken. Eine ganze Weile lag ich noch wach neben ihr, hatte ihre Schulter wie eine dunkle Kugel vor Augen. Ihr leichter Atem machte mich ganz weich. Ich hatte vorher nicht gewusst, wie sehr ich sie liebte.
Samstag, 31. Mai
Beim Frühstück erkundigte Hanne sich, ob es sehr spät geworden sei. Es war bereits zehn vorbei, und ich fühlte mich immer noch wie zerschlagen. Marens letzte Bemerkung über mein Glück hatte mich die halbe Nacht wach gehalten. «Das tu ich auch.» Ich fand, sie tat alles andere als das.
Hanne goss mir Kaffee ein und wollte wissen: «Wer war die Frau, Konrad?» Misstrauisch klang das nicht.
«Ein armes Luder», sagte ich, wollte sie nicht schon wieder belügen, aber was hätte ich sonst tun sollen? Ich erzählte, was Maren am Telefon geboten hatte, besorgte Ehefrau eines kleinen Gauners, den ich irgendwann mal festgenommen hätte. Jetzt war der kleine Gauner wieder auf Abwege geraten und so weiter.
«Und woher hatte sie meine Nummer?», fragte Hanne.
«Sie war letzte Woche schon mal bei mir und hat sich ausgeweint», formulierte ich die Tatsachen um.
Hanne nickte verstehend und ging zur Tagesordnung über. Hausputz, eine Kirschtorte und die Zutaten für zwei Salate. Kurz nach elf brach ich zusammen mit Olli zur Einkaufstour auf.
«Hat die Fahndung den Rex schon erschossen?», fragte er auf der Treppe.
«Ja», sagte ich knapp.
«Auch die anderen Leute?»
«Welche anderen?»
«Die böse Frau und den kleinen Mann», erklärte Olli.
«Nein, die haben wir noch nicht», sagte ich und fragte nicht einmal, was es mit dem kleinen Mann auf sich hatte, weil ich mit meinen Gedanken wieder mal ganz woanders war.
«Hast du deine Pistole auf der Arbeit, Papa?», wollte er als Nächstes wissen.
Ja, sie lag seit dem letzten Herbst im Schreibtisch. Olli kaute grüblerisch auf seiner Unterlippe. Als wir die Garage erreichten, erkundigte er sich zögernd: «Können wir trotzdem mein Buch bei Sven holen?»
«Klar», sagte ich, «machen wir alles auf einem Weg.»
Eine gute
Weitere Kostenlose Bücher