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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Fred gesehen, von einer Abfindung für langjährige treue Dienste ganz zu schweigen.
    Das wusste Mutter aus einer absolut sicheren Quelle, von Frau Pavlow. Die saß beim Lidl an der Kasse und hatte seit März mehr als einmal gejammert, wie schlecht der arme Fred behandelt worden sei. Er war immer noch arbeitslos, in seinem Alter fand er wohl auch keine neue Stelle mehr, hatte ja nicht mal ein ordentliches Zeugnis bekommen. Und als er davon sprach, einen Anwalt einzuschalten, um sein Recht durchzusetzen, hatte das Weib etwas von Unterschlagung gefaselt. Und so ein Fiesling aus Hamburg, der seit März in Koskas Haus logierte, hatte dem armen Fred Prügel angedroht. Angeblich hatte Fred Gebrauchtwagen weit unter Wert verkauft. Da solle er lieber die Klappe halten, sonst würde er sie bald nicht mehr gerne aufmachen, weil ihm dann nämlich sämtliche Zähne fehlten.
    Mir gegenüber in den vergangenen Monaten einmal etwas davon zu erwähnen, hatte niemand für notwendig erachtet. Wozu auch? Was hatte ich denn noch mit dem Koska-Weib zu tun?
    «Ich dachte, mich trifft der Schlag», sagte Mutter, «als die gestern Abend hier anrief.»
Und natürlich hatte sie Maren in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, dass ich in festen Händen war. Also hatte sie in bester Absicht dafür gesorgt, dass Maren erfuhr, wo man mich privat erreichen konnte. Ihr Gesicht bestand nur noch aus Besorgnis. «Konrad, du wirst doch nicht wieder … Junge, tu mir das nicht an. Denk an den armen Kleinen und an Hanne. Was soll denn werden, wenn du …»
Ich brachte ein zuversichtliches Lächeln zustande, nahm sie in den Arm und tätschelte ihr den Rücken, damit ich nicht in ihre sorgenvolle Miene schauen musste. «Wofür hältst du mich?»
Mutter schüttelte betrübt den Kopf. «Das geht nicht gut, wenn die in der Nähe ist. Das haben wir ja schon mal erlebt. Die gibt nicht eher Ruhe, bis sie dich da hat, wo sie dich haben will.» Ihre Stimme wurde um eine Spur schärfer. Es fehlte nur der erhobene Zeigefinger. «Wenn ich dahinter komme, dass du dich wieder mit ihr einlässt, ist hier die Tür ein für alle Mal zu. Merk dir das. Damals war es schon schlimm. Aber da war kein Kind da, das drunter leiden musste. Und jetzt …»
Ich hatte genug und konnte nicht einmal heftig reagieren. Es war noch keine vierundzwanzig Stunden her, dass ich Maren quer durchs Hotelzimmer getrieben hatte. Und da sollte ich nun meiner Mutter in die ängstlichen Augen schauen und schwören, dass ich niemals, wirklich nie wieder, dass ich nicht einmal im Traum daran dachte. Das schaffte ich auch noch, ohne eine Miene zu verziehen. Es gelang mir, sie halbwegs zu überzeugen, ich sei mit der Zeit völlig immun geworden. Sie fühlte sich jedoch anschließend verpflichtet, Hanne zu warnen.
An diesem Nachmittag erfuhr Hanne auch noch die allerletzten Details des Dramas Maren Koska und Konrad Metzner. Einiges von dem, was auf den Tisch kam, war sogar mir völlig neu. Sie wechselten sich ab, Mutter, Matthias und Ludwig. Jeder wusste noch ein bisschen mehr als die anderen.
Dass Maren vor neun Jahren weiß Gott nicht bloß wegen der Beerdigung ihrer Mutter aus Florida zurückgekommen war. Wann hatte dieses Weib sich denn jemals Gedanken um seine Eltern gemacht? Im Knast gewesen war sie, hatte in Bars Männer aufgegabelt, es mit ihnen getrieben und ihnen anschließend die Dollars geklaut. Beischlafdiebstahl nannte sich das, war in Florida genauso verboten wie hier. Mehr als einmal hatte ihr Vater eine Kaution überwiesen, damit sie rauskam. Und dann hatte er sich geweigert, sie noch zu unterstützen. Gearbeitet hatte sie ja nie. Da hatte sie zwangsläufig nach Hause kommen müssen.
Die hatte doch schon als Kind nichts anderes im Kopf gehabt als Sauereien. Mit vierzehn das erste Mal auf frischer Tat erwischt worden. Von dem alten Dings, wie hieß der noch gleich? Na, egal, jedenfalls von dem ehemaligen Leiter der Polizeiwache. Die lag ja damals noch in Horrem, und das Flittchen trieb sich dort oft am Bahnhof herum – während Mami sie im Ballettunterricht oder bei sonst einer gesitteten Tätigkeit wähnte.
Matthias wusste ganz genau, dass Maren schätzungsweise ab dem dreizehnten Lebensjahr ihr üppiges Taschengeld aufgebessert hatte, indem sie in Mamis Fußstapfen trat und sich von schrägen Vögeln unter den Rock greifen ließ. Und fürs Geld hätte sie das wirklich nicht tun müssen. Der alte Koska hatte ihr doch jeden Wunsch von den Augen abgelesen und die Welt nicht mehr

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