Mit der Liebe spielt man nicht
schon immer einen Hang zum Schwindeln?“ „Das ist schon so lange her, Ariana“, erwiderte er zögernd.
„Erzähl mir davon!“
Lucian lehnte sich zurück und betrachtete sie aufmerksam. „Ich war eine Zeit lang Mitglied einer Jungenbande. Es ging ziemlich rau zu, aber da, wo ich aufgewachsen bin, war das völlig normal. Du kannst jeden Sozialarbeiter fragen. Ich habe eine Menge von ihnen kennengelernt, bis ich ungefähr sechzehn war.“
„Und dann?“, fragte sie beharrlich. Sie sah ihn vor sich, in Lederkleidung und mit Fahrradketten und Messern bewaffnet. Ein Bandenmitglied! Wahrscheinlich einer der Anführer, dachte sie im Stillen.
Lucian zuckte mit den Schultern. „Dann ging ich bei einem Zauberkünstler in die Lehre. Er zog mit seiner Bude von Jahrmarkt zu Jahrmarkt und zeigte mir verschiedene Taschenspielertricks. Außerdem musste ich die Requisiten reparieren, mich um die Kasse kümmern und bei Wetten ein bisschen manipulieren, damit die Kunden nicht zu oft gewannen. Na ja, du weißt schon. Dann kam die Armee, Südostasien, was soll ich dir darüber groß erzählen. Und danach entschied ich, dass ich lange genug ein armer Schlucker gewesen war. Ich entschloss mich, mir auch einen Teil vom großen Kuchen zu nehmen.“
„Und wie hast du diesen Entschluss in die Tat umgesetzt?“, fragte Ariana steif.
„Auf die gleiche Weise wie du. Durch harte Arbeit.“
„Durch harte Arbeit und ein bisschen Manipulation?“, fügte Ariana sarkastisch hinzu.
„Manipulation, wie du es so schön nennst, ist lediglich ein anderes Wort für das, was im Immobilienhandel an der Tagesordnung ist, meine Liebe“, bemerkte Lucian. „Deshalb musste ich ja auch so lachen, als du so starre Grenzen zwischen einem Spekulanten und einem Vermögensverwalter ziehen wolltest. Es gibt da keine Unterschiede.“
„Und wie ist es mit den Grenzen zwischen legalen und illegalen Handlungen? Gibt es die etwa auch nicht?“
„Zumindest sind sie ziemlich fließend, Ariana“, erklärte er mit unbeweglicher Miene.
„Willst du damit sagen, dass du diese Grenzen ab und zu überschritten hast?“ Der provozierende Ton in ihrer Stimme war kaum zu überhören.
Lucian presste die Lippen zusammen. Sie war zu weit gegangen. „Hör mal, Ariana. Wenn du mich provozieren willst, werde ich gar nichts mehr sagen“, erwiderte er kühl. „Was soll diese ganze Fragerei überhaupt?“
„Ich wollte nur wissen, wie lange du schon dabei bist, die Leute zu betrügen“, entgegnete Ariana aufgebracht. „Und offenbar hast du ziemlich früh damit angefangen, nach dem, was du mir gerade erzählt hast.“ Sie stützte sich auf der Glasplatte ihres Schreibtischs auf und sah ihm ins Gesicht, so wie er das am Anfang auch ihr gegenüber getan hatte. „Ich habe nämlich nicht nur etwas gegen Männer, die meinen finanziellen Erwartungen nicht entsprechen, Lucian Hawk. Ich habe noch viel mehr gegen Männer, deren Ruf nicht tadellos ist. Ich wünsche mir einen Ehrenmann, auch wenn du das wahrscheinlich nicht begreifen wirst. Auf meine erste Forderung hätte ich vielleicht noch verzichtet, aber niemals wieder werde ich auf die zweite verzichten!“
Lucian war wütend, das spürte Ariana. Aber sie merkte auch, dass er seinen Zorn unter Kontrolle hatte. Doch das beruhigte sie nicht im Geringsten. So beherrscht kam er ihr eher noch viel gefährlicher vor.
„Heißt das, dass du das schon einmal getan hast?“, fragte er leise.
Ariana biss sich auf die Lippen. Sie hatte sich verraten, und sie wusste, dass Lucian nicht eher Ruhe geben würde, bis sie ihm die ganze Geschichte erzählt hatte. „Ich stelle diese Forderungen überhaupt erst seit vier Jahren, Lucian“, erwiderte sie ausweichend.
Plötzlich stand er auf und trat dicht an sie heran. „Erzähl mir, was damals passiert ist“, befahl Lucian noch leiser.
Ariana holte tief Luft. „Sein Name, oder vielmehr einer seiner Namen, war Marsh Sutcliff. Er war äußerst attraktiv, charmant und liebenswert. Ich verliebte mich in ihn. Ich vertraute ihm. Ich gab ihm einen ziemlich bedeutenden Geldbetrag, den er in irgendein Geschäft investieren wollte. Danach habe ich ihn nie wiedergesehen.“
Lucian wartete schweigend, als ob er wüsste, dass es noch mehr zu erzählen gab. Nach einer kurzen Pause erzählte Ariana weiter.
„Nachdem er verschwunden war und mich in völligem finanziellem Ruin zurückgelassen hatte, fand ich heraus, dass er ein professioneller Trickbetrüger war. Er hatte unter den
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