Mit der Liebe spielt man nicht
Sprechen fiel ihm immer schwerer. Er rückte ein wenig dichter an Teresa heran.
„Klasse.“ Sie nippte an ihrem Glas und runzelte wieder die Stirn. „Die erste Lektion heißt: Beiße niemals in die Hand, die dich füttert.“
„Nicht im Traum würde ich so etwas tun“, versicherte Ron. „Zweite Lektion ...“ Teresa stockte, ihre Miene verfinsterte
sich. Sie grübelte eine Weile, bevor sie weitersprach: „Man soll niemals falschspielen.“
„In Ordnung, keine falschen Spiele.“ Ron legte den Arm um ihre Schultern und hob sein Glas zum Zeichen der Zustimmung.
„Auf keinen Fall Täuschungsmanöver“, fügte Teresa sicherheitshalber hinzu, falls er sie doch nicht richtig verstanden haben sollte. „Weißt du, ich habe festgestellt, dass ältere Männer die unangenehme Angewohnheit haben, vorzugeben, etwas zu sein, was sie nicht sind. Zum Beispiel mein Exmann ...“
„Dieses Ekel!“, rief Ron voller Mitgefühl.
„Stell dir vor, er tat, als wäre er in mich verliebt“, sagte Teresa.
„War er nicht?“
„Nein."
„So ein Idiot.“ Verständnislos schüttelte Ron den Kopf.
„Mein letzter Freund hat mich auch getäuscht, auf jede mögliche Weise. Er war nicht der Mann, für den ich ihn hielt, er spielte mir nur was vor.“
„So eine Ratte.“
„Nein, ein Drache“, verbesserte sie ihn.
„Drachen sind noch übler als Ratten.“
„Genau.“
Sandra tauchte am Arm des Künstlers an der Tür auf. „Ach, hier seid ihr. Jim und ich wollen jetzt gehen. Vielen Dank für die großartige Party und nochmals alles Gute fürs neue Lebensjahr!“
„Danke“, entgegnete Teresa höflich.
Sandra warf ihrem jüngeren Bruder einen besorgten Blick zu. „Glaubst du, dass du in dem Zustand noch nach Hause fahren kannst?“
„Mach dir keine Sorgen. Ich werde nicht fahren, sondern zu Fuß gehen“, sagte Ron. „Und wer weiß, vielleicht werde ich sogar hierbleiben.“
„Verstehe.“ Sandra drückte sich mit ihrem Begleiter an den beiden vorbei. Am Gartentor schaute sie sich um. „Sollen wir ihn nicht lieber mitnehmen, Teresa?“
„Nein, nein. Warum denn? Wir amüsieren uns blendend. Ich gebe ihm gerade Nachhilfestunden.“
Sandra lachte. „Klingt äußerst interessant. Wie ...“
Bevor sie fortfahren konnte, zog Jim sie energisch weiter. „Komm, es ist spät genug.“
„Du hast recht. Also, gute Nacht ihr beiden. Passt gut auf“, rief sie zurück.
„Worauf?“, fragte Teresa verwundert.
„Vergiss es“, stöhnte Sandra und entschwand mit ihrem Begleiter.
„Wo waren wir stehen geblieben?“, fragte Teresa Ron.
Er zog die Augenbrauen zusammen, dachte angestrengt nach. „Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glaube, Lektion fünf sollte folgen.“
„Fünf? Nein, vier ... oder drei? Egal. Lass mich nur mal kurz überlegen. Habe ich dir eigentlich schon von dem Paarungsverhalten der Fabelwesen erzählt?“ Mit dem Thema hatte sie immerhin schon einmal Erfolg gehabt.
„Nein.“ Ron leerte sein Glas in einem Zug. „Wie tun die es denn?“
„Auf alle möglichen Weisen“, erwiderte sie schwerfällig.
Wieder wurden sie gestört. Diesmal erschien gleich eine ganze Gruppe an der Haustür. Teresa verabschiedete die Gäste. Als sie sich Ron erneut zuwenden wollte, war er im Haus verschwunden. Mit unsicheren Schritten folgte sie ihm. Im Wohnzimmer kam er ihr leicht schwankend entgegen, ein neues Glas Wein in der Hand. Sie ließen sich dann beide auf das schwarze Sofa fallen.
Teresa wollte gerade über ihr Lieblingsthema zu sprechen beginnen, da musste sie wieder aufstehen, um die letzten Gäste hinauszubegleiten. Vom Gartentor aus sah sie ihnen nach, wie sie fröhlich singend und lachend die Straße hinuntergingen. Sie empfand ein deutliches Gefühl der Befriedigung.
Ja, ihre Geburtstagsfeier war ein voller Erfolg. Daran bestand kein Zweifel. Sie besann sich auf ihre Verführungskünste. In ihrem Wohnzimmer wartete ein junger Mann, der von einer älteren, erfahrenen Frau gern etwas lernen wollte! Teresa lächelte bei dem Gedanken.
„Auf das Liebeslieben der Tiere!“, schrie Ron, als Teresa das Wohnzimmer wieder betrat, und hob sein Glas. „Du musst mir unbedingt mehr darüber erzählen.“ Er hatte es sich inzwischen bequem gemacht und seine Beine auf dem Sofa ausgestreckt. „Tiere interessieren mich ungemein. Beinah wäre ich übrigens Zoologe geworden.“
Teresa blinzelte, beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Dann entschloss sie sich, auf dem gegenüberliegenden Sessel Platz zu
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