Mit der Zeit
Neues und auch nichts Besonderes. Wenn Dieter Schelms Organisation dieses spezielle Problem hat, wendet er sich an uns oder vielleicht an die Engländer. Diesmal haben wir Dieter gebeten, uns auszuhelfen.«
»Bei der Beschäftigung mit einem Buch?«
»Es ist nicht irgendein Buch, Bob. Hast du diese Aufzeichnungen gelesen?«
»Hast du sie gelesen?«
»Nicht ich persönlich, aber dieser nette Mr. McGuire hatte offenbar eine Fotokopie des russischen Originals, und er hatte nichts dagegen, daß sich unsere Leute das ansahen. Was er uns allerdings über deinen Vertrag mit Zander erzählte, beunruhigte sie. Und einige andere Dinge dazu.«
»Was für andere Dinge?«
»Die Tatsache zum Beispiel, daß du Beweismaterial unterschlagen hast, Bob. Das FBI und Captain Boyle machten sich auch Sorgen um dich. Deine Agentin wußte nicht, wo du warst. Wir brauchten die Hilfe deiner Sekretärin, um diesen Brief Zanders in deinem Arbeitszimmer zu finden. Sie sagte, du legst Papiere, die nicht für ihre Augen bestimmt sind, immer in die unterste Schublade auf der rechten Seite deines Schreibtischs. Dort, sagt man mir, haben wir die Ansichtskarte aus Bagdad gefunden. Somit war uns klar, daß du dich unwissentlich auf etwas eingelassen hast, was du nicht ganz überblicken kannst, und wir beschlossen, dir die helfende Hand zu reichen.«
»Bockmist.«
Mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln fuhr er fort. »Wir hoffen natürlich auch, daß du dich für unsere guten Dienste erkenntlich zeigst, denn schließlich kümmerten wir uns um das verständliche Mißvergnügen des FBI über deine Versuche, die Ermittlungen zu behindern. Wir hoffen also, daß du, was Zander betrifft, ein klein wenig mit uns zusammenarbeiten wirst.«
»Vielen Dank, aber ich nehme lieber das Mißvergnügen des FBI in Kauf. Ich werde mich auch bei Captain Boyle entschuldigen. Er ist ein ganz vernünftiger Mann. Was deine helfende Hand und deine guten Dienste angeht, so brauche ich dir nicht erst zu sagen, wo du die hinstecken kannst. Dir wird bestimmt ein passender Ort einfallen.«
Mit einem Blick auf Schelm verdrehte er die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich sagte ja, Dieter, der gute Bob hier ist eine harte Nuß.« Er richtete seinen Blick wieder auf mich. »Der zweite Grund, weshalb ich hier bin, ist der, daß deine Personalakte dich als einen mißtrauischen Menschen darstellt, der ein besonders gutes Gedächtnis für böse Erfahrungen hat. Nachdem ich nun unserem Freund Dieter Schelm versichert habe, daß du in der Tat der Robert R. Halliday bist, den wir alle kennen und lieben, will ich auch für seine Person bürgen. Er ist ein sehr hoher Beamter eines westdeutschen Nachrichtendienstes, ist allerdings zur Zeit an die Nato ausgeliehen und fungiert dort als Direktor des Gemeinsamen Verbindungsbüros der Nachrichtendienste. Dieter Schelm ist Zivilist, für Verwaltungszwecke der Nato jedoch im Rang eines Zweisternegenerals. Er spricht ein Oxbridge-Englisch, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. Deine Witze werden verstanden.«
Schelm hielt seine Hand hin. »Freut mich, Mr. Halliday.«
Der Eindruck vom freundlichen Hausarzt, den ich erst von ihm gehabt hatte, war in dem Moment weg, als unsere Hände sich berührten und ich ihn wirklich sah. Er hätte zwar ein Arzt sein können, aber keiner von der Sorte, die man traditionell mit taktvollem Verhalten am Krankenbett, mit Entbindungen und Hausbesuchen verbindet. Was ihn disqualifizierte, waren seine Augen. Aus ihnen sprach große Intelligenz und sogar Humor, aber nicht die Spur von Mitgefühl. Es war nur die Halbbrille, die ihm hin und wieder das merkwürdige Aussehen eines gütigen Arztes gab.
Er blickte in das bekannte Gesicht und sagte: »Danke, mein Freund.«
Es klang wie eine Entlastung, und das war es offenkundig auch. Das Gesicht sagte ihm etwas auf deutsch, das ich nicht ganz verstand, und wandte sich dann mir zu. »So, Bob«, sagte er, »an dem Punkt steig ich aus. Es freut mich, daß du so prächtig in Form bist. Wie ich höre, hast du so ziemlich alles aufgegeben, was die Gesundheitsfanatiker nicht empfehlen. Man sieht’s. Wenn du irgendwas von uns willst, dann weißt du, wo du mich findest.« Er verabschiedete sich mit einer pauschalen Handbewegung, griff nach einer Einkaufstasche aus Segeltuch und nach seinem Überzieher und ging.
Als sich die Tür wieder schloß, ging ich zum Telefon.
»Als erstes schlage ich vor, daß ich den Etagenkellner anrufe und feststelle, was die zu
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