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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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fragen sie sich: ›Was springt dabei wohl für Zander raus?‹«
    Er schien verblüfft. »Und mein Ansuchen in Abschnitt fünf der Vorlage? Wird das ignoriert?«
    »Man ist der Meinung, das müsse unvollständig sein. Sie ersuchen darin um die US-amerikanische oder kanadische Staatsbürgerschaft.«
    » Und um die zu meinem Schutz erforderlichen neuen Papiere und die Unterstützung, die normalerweise ein sowjetischer Überläufer in den Westen erhält, nachdem er ausgepackt hat. Vergessen Sie das nicht.«
    »Ein so vermögender Mann? Kann das sein Ernst sein? Das ist alles, was er haben will? Daß man ihm hilft, Rasmuk loszuwerden? Das sind ihre Fragen, Mr. Zander.«
    »Dann haben sie keine Ahnung vom Mukhabarat-Zentrum, und ich gebe mich mit Narren ab«, fauchte er.
    Ich sagte nichts und wartete. Er trank einen kleinen Schluck Wein und massierte sich dann das Genick. Die Augen wurden ruhiger. Er sagte: »Der Herrscher versteht sehr gut, daß ich mich nach Frieden und Ungestörtheit sehne. Es ist eine Sehnsucht, die er mit mir teilt. Sie fragen: ›Weshalb Österreich?‹ Kennen Sie Judenburg in der Steiermark und die Berge unmittelbar im Norden davon?«
    »Ich bin da schon durchgefahren, glaube ich, auf der Straße nach Klagenfurt. Ich kann nicht sagen, daß mir Judenburg als einer der attraktiven Orte Österreichs in Erinnerung geblieben ist.«
    » Im Mittelalter wurden in dieser Gegend zwei Jahrhunderte lang Silberminen betrieben. Das Haus, das der Herrscher gekauft hat, steht über dem Hauptzugang zu einer dieser alten Minen. Gebaut hat es im letzten Jahrhundert ein österreichischer Arzt, der auch Amateurarchäologe war. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens mit der Erforschung der Grubenanlagen unter seinem Haus und errichtete ein kleines Privatmuseum, in dem er die dort gefundenen Gerätschaften und Relikte zeigte. Er starb neunzehnhundertvierzehn. Ein Enkel, der das Haus und das dazugehörige Grundstück erbte, ließ es herunterkommen. Der Grundbesitz war landwirtschaftlich nicht zu nutzen. Aus Sicherheitsgründen wurde der Zugang zur Mine verschlossen. Doch dann, vor etwa zwanzig Jahren, wurde in einer anderen Silbermine im nahegelegenen Oberzeiring eine wichtige Entdeckung gemacht. Die Luft in diesen alten Bergwerken ist sehr sauber und völlig frei von Blütenstaub. In Oberzeiring begannen sie, die Mine zur Behandlung gewisser Formen von Asthma, Bronchitis und Sinusitis einzusetzen. Die Patienten besuchen die Klinik über der Mine und gehen dann täglich für eine bestimmte Zeit zur Behandlung nach unten. Der Herrscher leidet selber an Sinusitis. In Oberzeiring fand er eine wirksame Behandlungsmöglichkeit. Er besah sich diese andere Mine, über der ein Haus stand. Der Besitzer war froh, an jemanden verkaufen zu können, der das erforderliche Kapital hatte, um die Mine wieder zu öffnen und alles abzusichern. Der Herrscher hat die Absicht, an die Stelle des alten Hauses eine moderne Klinik hinzubauen, wo die Leute aus dem Golf hingehen und sich kostenlos behandeln lassen können.« Er machte eine Pause und fügte nach einigem Nachdenken hinzu: »Natürlich hat der Herrscher eine Reihe von Ängsten und Problemen. Es ist nicht nur die Sinusitis.«
    »Ja. Ich wurde angewiesen, nach den Ängsten des Herrschers zu fragen. Äußern sie sich derzeit in einer ganz bestimmten Weise?«
    »Wie ich Ihnen schon gesagt habe, ist er sehr beunruhigt darüber, daß Waffen zur chemischen Kriegführung in die Golfregion verlagert worden sind. Aber lassen Sie mich ein für alle Male die Vorbehalte ausräumen, die auf Ihrer Seite wegen des Protokolls für diese Konferenz bestehen.« Er hob die Hände und sah sie prüfend an, als wolle er sich vergewissern, daß sie absolut sauber waren. »Es gibt da«, fuhr er schließlich fort, »eine Wahrheit, die Sie begreifen und an die Sie sich halten müssen. Es geht darum, daß ihr im Westen – mit ganz wenigen Ausnahmen – einfach unfähig seid, die arabische Mentalität zu begreifen. Deshalb brauchen eure Geschäftsleute Menschen wie mich, die für sie dolmetschen, und zwar nicht einfach Worte dolmetschen, sondern bestimmte Haltungen und Gemütszustände. Ich spreche ein anderes Englisch als Sie. Das werden Sie festgestellt haben.«
    »Ja. Sie sprechen ein britisches Englisch, Mr. Zander, mit einem ganz bestimmten Akzent zwar, aber im wesentlichen ist es ein britisches Englisch.«
    »Ich habe es von einem britischen Offizier gelernt, mit dem ich vor vielen Jahren in Jordanien

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