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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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blieb er untätig vor den Getränken stehen. »Warum«, fragte er uns, »mußte der Herrscher betrügen? Wir verkauften den Saudis ein komplettes Abwehrsystem gegen biologische und chemische Kriegführung. Die UAE würden auf Anfrage sofort eins bekommen. Der Herrscher könnte eines ganz für sich allein haben. Was ist das nur, was er von uns haben will und nur zu bekommen glaubt, wenn er einseitige Verhandlungen führt und uns die Bucht von Abra als Köder hinwirft?«
    »Ich habe dort unten zwar schon manch sonderbaren Typ kennengelernt«, sagte der General, »aber dieser Bursche scheint in der Tat völlig ausgeflippt. Er muß doch wissen, daß es Dinge gibt, die er nie von uns bekommen kann, und wenn er uns noch so viele Abras anbietet. Haben Sie die Möglichkeit erwogen, Dieter, daß es etwas sein könnte, von dem er in letzter Zeit gelesen oder geträumt hat oder das er in einem Film über irgendwelche Vorkommnisse im Weltraum gesehen hat?«
    Schelm knallte Eiswürfel in sein Glas. »Etwas, was in Wirklichkeit gar nicht existiert, Patrick? Das wäre nicht schlecht. Wenn er ein teures Spielzeug haben wollte, könnten wir ihm eins bauen oder eine Fälschung andrehen. Aber ich glaube nicht, daß sich der Herrscher was aus Spielzeugen macht.«
    »Und die Silbermine?«
    »Das ist kein Spielzeug, Patrick. Das haben Sie selber schon gesagt. Nein, ich fürchte, es sind nur zwei grundlegende Dinge, die der Herrscher will – ein langes Leben für sich und den sofortigen Tod für seine Feinde. Was Bob uns erzählt hat, macht deutlich, daß wir diesen Wahnsinnigen nicht ernst genug genommen haben. Den interessiert es überhaupt nicht, wen er aus dem Weg räumen muß, um zu bekommen, was er haben will. Und eins weiß ich jetzt schon: Zugegeben, es gibt Dinge, die er nie von uns haben kann. Aber was die Bucht von Abra betrifft, so ist es mit Sicherheit die Sterbeabteilung, in der er auf unsere Kosten einkaufen will.«

Zehntes Kapitel
    I
    ch wurde von demselben Fahrer ins Gasthaus zurückgefahren, der mich hergebracht hatte. Auf der Rückfahrt sagte er kein einziges Wort. Das war mir nur recht. Ich hatte eine Menge zu überlegen und im Gedächtnis zu behalten, und diesmal half mir dabei kein aide-mémoire. Wenn sich Schelm zum Thema Sicherheit äußerte, wurde er Simone Chihani Zander bemerkenswert ähnlich.
    Von dem Zeitpunkt, an dem wir zum Essen hinuntergegangen waren, hatte es – zumindest für mich – nur noch einen einzigen Augenblick leichter Entspannung gegeben, und zwar beim Kaffee. Der General hatte davon geredet, wie er das Treffen mit dem Herrscher abzuwickeln beabsichtigte. Er wollte versuchen, so wenig wie möglich zu sagen, und die andere Seite dazu ermuntern, möglichst gesprächig zu sein. Er hatte sich über die Englischkenntnisse des Herrschers erkundigt und erfahren, sie seien – obwohl er die Grammatik beherrsche und einen guten Akzent habe – begrenzt, »hat ein Mayfair-Vokabular«. Der Herrscher und Zander würden zweifellos arabisch miteinander reden. Der General würde so tun, als verstehe er nichts, und dabei hoffen, daß man ihm das abnahm.
    »Dann zu Ihnen, Bob«, fuhr er fort. »Wie gut sprechen Sie Arabisch?«
    »Ich kann gerade das, was man in einem irakischen Gefängnis braucht.«
    »Wieviel ist das?«
    Ich dachte kurz nach und gab ihm dann eine Kostprobe.
    Für einen Moment ließ er den Unterkiefer hängen, und er blickte sich verstohlen im Restaurant um, um festzustellen, ob sich jemand nach uns umgedreht hatte. Das war offenbar nicht der Fall. Er wandte sich an Schelm. »Haben Sie das verstanden, Dieter?«
    »Kein Wort.«
    Der General senkte die Stimme. »Was er sagte, ging mehr oder weniger so: ›Wenn du deinen Eimer leeren willst, bevor wir es dir erlauben, Spion, dann mußt du schon selber die ganze Pisse saufen und die Scheiße fressen.‹ Oder etwas in der Richtung jedenfalls. Ich komme mit ihrem Slang nicht so gut zurecht.«
    »Scheint ziemlich eindeutig«, sagte Schelm.
    »Ich kann Ihnen noch mehr idiomatische Wendungen geben, wenn Sie wollen«, bot ich großzügig an. »›Stell dich mit den Fersen gegen die Wand, Sohn des Drecks, und rühr dich nicht von der Stelle, bis man dich dazu auffordert. Wenn du hinfällst oder zu sehr zu zittern beginnst, dann müssen wir uns für deine Beine etwas anderes einfallen lassen.‹«
    »Vielen Dank, Bob; ich glaube, wir haben verstanden. Ihr Akzent ist schon sehr seltsam, selbst für irakisches Arabisch. Ich glaube nicht, daß Sie mehr als

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