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Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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seine Oberlippe zierte. »Meinst du, Ronnie kommt bald nach Hause?«
    »Hoffentlich.«
    Mit dem Handrücken wischte sich der kleine Junge den Mund ab. »Manchmal bleibt sie ziemlich lange weg.« »Ich weiß.«
    »Bringt der Polizist sie wieder heim?«
    Steve schaute aus dem Fenster. Es fing schon an zu dämmern, und das Meer wurde undurchsichtig. Wo steckte seine Tochter?, fragte er sich. Was machte sie gerade?
    »Nein«, antwortete er. »Heute nicht.«
     
    Nach dem Strandspaziergang ging Jonah unter die Dusche und kletterte dann schnell in sein Bett. Steve deckte ihn gut zu und küsste ihn auf die Wange.
    »Danke für den schönen Tag«, flüsterte er.
    »Bitte, gern geschehen.«
    »Gute Nacht, Jonah. Ich habe dich sehr lieb.«
    »Ich dich auch, Dad.«
    Steve erhob sich und ging zur Tür.
    »Dad?«
    Steve drehte sich um. »Ja?«
    »Hat dein Vater mit dir auch die Spinnenkrabben angeschaut?« »Nein.«
    »Warum nicht? Das war supercool!«
    »Mein Vater hat so etwas nicht gern gemacht.«
    »Wie war er?«
    Steve überlegte. »Er war kompliziert«, sagte er schließlich.
     
    Als er später am Flügel saß, dachte er an den Nachmittag vor sechs Jahren. Damals hatte er zum ersten Mal in seinem Leben die Hand seines Dads gehalten und ihm gesagt, er wisse, dass er als Vater sein Bestes getan habe, und er mache ihm keinerlei Vorwürfe. Aber das Allerwichtigste sei, dass er ihn sehr lieb habe.
    Sein Vater wandte sich ihm zu. Der Blick war fokussiert, und trotz der hohen Morphiumdosen schien sein absolut klar zu sein. Er schaute seinen Sohn lange an, dann entzog er ihm seine Hand.
    »Du klingst wie eine Frau, wenn du so redest.« Sie waren in einem Zimmer im dritten Stock des Krankenhauses. Seit drei Tagen lag sein Vater dort. Er hing am Tropf und hatte schon über einen Monat keine feste Nahrung mehr zu sich genommen. Seine Wangen waren eingesunken, die Haut wirkte durchsichtig, und sein Atem roch nach Verfall. Lauter Zeichen dafür, dass der Krebs seinen endgültigen Siegeszug angetreten hatte.
    Steve drehte sich zum Fenster um. Draußen konnte er nichts sehen als den blauen Himmel, eine strahlende, unnachgiebige Glocke. Keine Vögel, keine Wolken, keine Bäume. Hinter sich hörte er das unermüdliche Piepsen des Herzmonitors, ein kräftiger, regelmäßiger Rhythmus, der den Eindruck erweckte, als könnte sein Vater noch zwanzig Jahre leben. Es war nicht sein Herz, das ihn umbrachte.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Kim später am Abend, als sie telefonierten.
    »Nicht gut«, antwortete er. »Ich weiß nicht, wie viel Zeit ihm noch bleibt, aber ...«
    Er verstummte und stellte sich Kim am anderen Ende der Leitung vor, wie sie am Herd stand und in der Tomatensoße rührte oder die Nudeln überprüfte, den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt. Sie schaffte es nie, einfach ruhig dazusitzen, wenn sie ein Telefongespräch führte.
    »War sonst noch jemand da?«
    »Nein.« Er erwähnte nicht, dass nach Aussage der Krankenschwestern kein einziger Mensch seinen Vater je besucht hatte.
    »Konntest du mit ihm reden?«
    »Ja, aber nicht lange. Er war immer nur kurz wach und ist dann wieder abgedriftet.«
    »Hast du ihm das, was ich dir geraten habe, gesagt?« »Ja.«
    Steve wusste genau, was sie hören wollte. Bei dem Telefongespräch stand er im Haus seines Vaters und betrachtete die Fotos auf dem Kaminsims: die Familie nach Steves Taufe, ein Hochzeitsfoto von Kim und Steve, Ronnie und Jonah als kleine Kinder. Die Rahmen waren verstaubt, offenbar hatte sie seit Jahren niemand mehr angerührt. Er wusste, dass seine Mutter die Bilder dort aufgestellt hatte. Was war seinem Vater wohl durch den Kopf gegangen, wenn er sie anschaute? Hatte er sie überhaupt noch wahrgenommen?
    »Ja«, sagte er schließlich zu Kim. »Er hat gesagt, dass er mich liebt.«
    »Wie schön«, seufzte sie - erleichtert und zufrieden, weil seine Antwort ihr Weltbild bestätigte. »Ich weiß ja, wie wichtig das für dich ist.«
     
    Steve wuchs in einem weißen Haus im Ranch-Stil auf, in einem Viertel mit lauter ähnlichen weißen Häusern, auf der landzugewandten Seite der Insel. Das Haus war klein, zwei Schlafzimmer, nur ein Bad und eine separate Garage, in der das Werkzeug seines Vaters untergebracht war und in der es immer nach Sägemehl roch. Der Garten hinter dem Haus, dem eine knorrige, immergrüne Virginische Eiche Schatten spendete, bekam nie genug Sonne, weshalb seine Mutter vor dem Haus einen Gemüsegarten angelegt hatte. Sie pflanzte dort

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