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Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Tomaten und Zwiebeln, Rüben und Bohnen, Kohl und Mais, und im Sommer konnte man die Straße vom Wohnzimmer aus gar nicht sehen. Manchmal hörte Steve, wie die Nachbarn tuschelten, weil ihrer Meinung nach der Grundstückwert in der ganzen Umgebung durch diesen Gemüsegarten vermindert wurde, aber er wurde jedes Frühjahr wieder neu angelegt, und niemand sprach seinen Vater direkt darauf an. Die Leute wussten so gut wie Steve, dass das sowieso nichts gebracht hätte. Außerdem mochten alle seine Mutter, und sie wollten sich auch die Chance offenhalten, eines Tages die Dienste seines Vaters in Anspruch zu nehmen.
    Sein Dad war Schreiner, aber er konnte so ziemlich alles auf der Welt reparieren. Im Laufe der Jahre hatte Steve gesehen, wie er Radioapparate, Fernsehgeräte, Autos und Rasenmäher wieder zum Funktionieren brachte, wie er kaputte Rohre und herunterhängende Regenrinnen ausbesserte, zerbrochene Fensterscheiben ersetzte, und einmal hatte er sogar die hydraulischen Pressen einer kleinen Werkzeugfabrik in der Nähe der Staatengrenze repariert. Er war zwar nicht auf der Highschool gewesen, besaß aber eine angeborene Begabung und konnte komplexe mechanische Abläufe problemlos erfassen. Wenn abends das Telefon klingelte, nahm immer sein Vater ab, weil die Anrufe meistens ihm galten. Er redete nie viel, hörte zu, wie irgendein Notfall geschildert wurde, und notierte dann sorgfältig die Adresse auf einem Stück Schmierpapier, das er meistens aus einer alten Zeitung herausriss. Anschließend begab er sich in die Garage, packte das notwendige Werkzeug zusammen und fuhr los. Für gewöhnlich erwähnte er nicht, wohin er ging und wann er voraussichtlich zurückkommen würde. Morgens steckte der Scheck ordentlich unter der Statue von Robert E. Lee, die sein Vater aus einem Stück Treibholz geschnitzt hatte, und Steves Mutter tätschelte ihm den Rücken, während er frühstückte, und versprach, das Geld sofort bei der Bank einzuzahlen. Das war die einzige Form von Zärtlichkeit, die Steve je zwischen seinen Eltern beobachtete. Sie stritten sich nie und gingen Konflikten größtenteils aus dem Weg. Sie schienen die Anwesenheit des anderen durchaus zu genießen, und einmal hatte Steve erlebt, dass sie sich an der Hand hielten, als sie gemeinsam fernsahen. Aber er konnte sich nicht erinnern, dass er in den achtzehn Jahren, die er zu Hause gewohnt hatte, je gesehen hätte, wie seine Eltern sich küssten.
    Sein Vater hatte in seinem Leben eine große Leidenschaft, und das war Pokern. An den Abenden, an denen das Telefon nicht klingelte, ging er in eine der Logen, um zu spielen. Er war Mitglied dieser Logen oder Clubs, aber nicht, weil er sich nach Gesellschaft sehnte, sondern weil er spielen wollte. Dort saß er dann mit anderen Freimaurern oder Elks oder Shriners oder Veteranen zusammen und spielte stundenlang Texas hold'em. Das Spiel faszinierte ihn. Er rechnete sich für sein Leben gern aus, wie die Chancen für eine Straße standen, oder er beschloss zu bluffen, falls er nur zwei Sechsen auf der Hand hatte. Wenn er über das Spiel sprach, beschrieb er es immer wie eine exakte Wissenschaft, als hätte das Gewinnen nichts mit Glück oder Pech zu tun oder mit den Karten, die man zog. »Das Geheimnis ist: Man muss wissen, wie man lügt«, sagte er immer. »Und man muss wissen, wann einen jemand anlügt.« Mit der Zeit begriff Steve, dass sein Vater wusste, wie man lügt. Als er die fünfzig überschritt und seine Hände von den dreißig Jahren als Schreiner verkrüppelt waren, stellte sein Vater keine Kranzprohle und Türrahmen für selbst entworfene Strandhäuser mehr her, die jetzt auf der Insel wie Pilze aus dem Boden schössen. Und abends nahm er nicht mehr ab, wenn das Telefon klingelte. Irgendwie schaffte er es trotzdem, seine Rechnungen zu bezahlen, und am Ende seines Lebens hatte er mehr als genug auf seinen Konten, um für die medizinische Versorgung zu bezahlen, die seine Versicherung nicht abdeckte.
    Samstags oder sonntags spielte er nie Poker. Die Samstage waren für Erledigungen im Haus reserviert. Den Gemüsegarten vor dem Haus empfanden die Nachbarn zwar als anstößig, aber das Innere des Hauses war makellos. Im Laufe der Jahre hatte sein Vater Kranzprohle und Holzpaneelen angebracht, und aus zwei Ahornblöcken schuf er die Kaminkonsolen. Er baute Schränke für die Küche und verlegte Parkettfußböden, die so flach und gleichmäßig waren wie ein Billardtisch. Er renovierte das Bad, und acht Jahren

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