Mit dir an meiner Seite
Kind hat er immer gewonnen. Ich glaube, er mogelt irgendwie, aber ich bin noch nicht hinter seine Tricks gekommen.«
»Vielleicht muss man einfach besser lügen können.«
»Ach, du meinst, so lügen wie du, als du mir gesagt hast, du arbeitest für deinen Vater?«
»Ich arbeite für meinen Vater«, entgegnete Will.
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Ich dachte, es spielt keine Rolle.« Er blieb stehen und schaute sie an. »Oder?«
Sie wählte ihre Worte ganz bewusst. »Es ist aber trotzdem interessant, und außerdem erklärt es ein paar Dinge, die dich betreffen. Wenn ich dir sagen würde, dass meine Mutter als Assistentin in einer Anwaltskanzlei in der Wall Street arbeitet, würdest du mich dann anders sehen?«
Diese Frage konnte er ehrlich beantworten. »Nein. Aber das ist nicht das Gleiche.«
»Wieso nicht?«, fragte sie. »Weil deine Familie reich ist? Das kann nur jemand sagen, der denkt, dass es allein aufs Geld ankommt.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Sondern?« Ihr Tonfall war kampflustig, aber dann schüttelte sie den Kopf. »Hör zu - lass mich eine Sache klarstellen. Mir ist es egal, ob dein Vater der Sultan von Brunei ist. Du wurdest zufällig in eine privilegierte Familie hineingeboren. Was du damit machst, ist ganz allein deine Sache. Ich bin hier, weil ich mit dir zusammen sein will. Wenn ich das nicht wollte, würde alles Geld der Welt nichts daran ändern.« Während sie redete, wurde sie immer lebhafter.
»Warum habe ich das Gefühl, dass du diese Rede schon einmal gehalten hast?«
»Weil es stimmt.« Ronnie blieb stehen und stellte sich vor ihn. »Komm nach New York, dann verstehst du, wieso ich gelernt habe zu sagen, was ich denke. In manchen Clubs begegnest du lauter Snobs, und für die zählt nur eines - wer ihre Familie ist und wie viel Geld ihre Familie hat ... Das langweilt mich maßlos. Ich stehe da und möchte nur sagen: Ist ja schön und gut, dass irgendwelche Mitglieder deiner Familie etwas geleistet haben, aber was hast du selbst getan? Das sage ich allerdings nicht, weil sie es sowieso nicht kapieren würden. Sie halten sich für was Besonderes. Es lohnt sich nicht, sich darüber aufzuregen.«
In der Dunkelheit konnte er ihr Gesicht nicht richtig sehen, aber er wusste, dass sie überlegte, ob er sie verstand. Doch Will wollte diese Diskussion gern beenden. Deshalb deutete er auf den Schuppen neben dem Haus.
»Was ist das?«, fragte er.
Ronnie antwortete nicht gleich. Konnte sie sich immer noch nicht entscheiden, ob sie ihm glauben sollte oder nicht?
»Das ist eine Werkstatt. Sie gehört zum Haus«, sagte sie schließlich. »Mein Dad und Jonah machen ein Buntglasfenster.«
»Dein Dad kann Buntglasfenster machen?« »Ja.«
»Beschäftigt er sich damit schon immer?«
»Nein«, antwortete sie. »Früher war er Klavierlehrer. Das hat er dir ja beim Essen erzählt.« Sie beugte sich hinunter, um sich etwas von den Füßen zu wischen. Dann wechselte sie das Thema. »Wie geht es bei dir weiter? Arbeitest du doch noch länger für deinen Vater?«
Will schluckte. Wie gern er sie geküsst hätte! »Ja, bis Ende August. Und im Herbst gehe ich dann auf die Vanderbilt University in Nashville, Tennessee.«
Aus einem der Häuser am Strand wehte leise Musik herüber. Man konnte sehen, dass sich auf der hinteren Veranda ein paar Leute versammelt hatten. Es war ein Song aus den Achtzigerjahren, aber Will fiel der Titel nicht ein.
»Das wird sicher toll.« »Hoffentlich.«
»Du wirkst nicht sonderlich begeistert.«
Will nahm Ronnie an der Hand, und sie gingen weiter. »Es ist eine erstklassige Universität, und der Campus ist sehr schön.« Seine Stimme hörte sich immer noch etwas beklommen an.
»Aber du möchtest trotzdem nicht hin?«
Ronnie schien seine Gedanken und Gefühle intuitiv zu erfassen, was Will einerseits beunruhigte, aber ihn andererseits auch freute. Wenigstens konnte er ihr die Wahrheit sagen.
»Ich wollte auf ein anderes College, und bin auch angenommen worden. Dort gibt es einen ganz tollen Studiengang für Umweltwissenschaften, aber meine Mom will unbedingt, dass ich auf die Vanderbilt University gehe.« Er spürte den Sand zwischen den Zehen.
»Tust du immer, was deine Mom will?«
»Das verstehst du nicht.« Er schüttelte hilflos den Kopf. »Es ist eine Familientradition. Meine Großeltern haben da studiert, meine Eltern, meine Schwester ... Meine Mutter ist im Verwaltungsrat, und sie -«
Es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Er
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