Mit dir an meiner Seite
spürte, dass Ronnie ihn anschaute, aber er konnte ihr nicht in die Augen sehen.
»Ich weiß, dass sie ziemlich ... zurückhaltend sein kann. Aber wenn man sie besser kennt, ist sie der ehrlichste, zuverlässigste Mensch der Welt. Sie würde alles für mich tun - und ich meine wirklich alles. Aber die letzten Jahre waren sehr schwer für sie.«
Er hob eine Muschel auf, betrachtete sie und warf sie dann in hohem Bogen in die Wellen. »Du hast mich doch nach dem Armband gefragt.«
Ronnie nickte.
»Meine Schwester und ich tragen die Armbänder zu Ehren von unserem kleinen Bruder. Er hieß Mike und war ein wunderbarer kleiner Junge ... eins dieser Kinder, die wahnsinnig gern mit anderen Menschen zusammen sind. Er hatte ein unglaublich ansteckendes Lachen - man hat automatisch mit ihm gelacht, man konnte gar nicht anders.« Er schwieg für einen Moment und schaute aufs Meer. »Vor vier Jahren hatten Scott und ich ein Basketballspiel, und meine Mom war an der Reihe, uns hinzufahren. Wie immer kam Mike mit. Es hatte den ganzen Tag geregnet, die Straßen waren teilweise überflutet. Ich hätte besser aufpassen sollen, aber Scott und ich haben angefangen, auf dem Rücksitz Mercy zu spielen. Kennst du das? Man versucht das Handgelenk des anderen in die falsche Richtung zu drücken, bis einer von beiden aufgibt.«
Er zögerte. Würde er die Kraft finden, die Geschichte zu Ende zu erzählen?
»Wir haben richtig gekämpft und gerangelt und gegen den Vordersitz getreten - Mom hat immer wieder gesagt, wir sollen aufhören, aber wir haben sie nicht beachtet. Und dann hatte ich Scott schließlich in der Mangel, ich drückte mit aller Kraft, und er hat laut geschrien. Meine Mutter drehte sich kurz um, weil sie wissen wollte, was passiert war, nur eine halbe Sekunde - aber dabei hat sie die Kontrolle über den Wagen verloren. Und ...« Will schluckte, spürte, wie die Worte ihn fast erwürgten. »Mike hat den Unfall nicht überlebt. Und ohne Scott hätte meine Mutter es wahrscheinlich auch nicht geschafft. Wir sind durch ein Geländer gerast und ins Wasser. Scott ist ein hervorragender Schwimmer - er hat uns drei an Land geschleppt. Aber Mikey ...« Will presste den Nasenrücken zusammen. »Mikey ist bei dem Aufprall gestorben. Er war noch in der Vorschule.«
Ronnie drückte Wills Hand. »Das tut mir schrecklich leid.«
»Mir auch.« Er blinzelte, um die Tränen zu vertreiben, die immer kamen, wenn er an den Tag dachte. »Es war ein Unfall, Will!«
»Ja, das ist mir klar. Und meine Mutter weiß es auch. Trotzdem macht sie sich Vorwürfe, weil sie die Kontrolle über den Wagen verloren hat, und ein Teil von ihr macht auch mir Vorwürfe, glaube ich.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Auf jeden Fall hat sie seither noch viel stärker das Bedürfnis, alles zu kontrollieren. Auch mich. Ich weiß, es geht ihr um meine Sicherheit, sie will mich vor allen Gefahren beschützen, und teilweise verstehe ich das auch. Meine Mom ist beim Begräbnis zusammengebrochen, und ich habe mich selbst dafür gehasst, weil ich ihr das angetan habe. Ich fühlte mich verantwortlich. Und ich habe mir vorgenommen, es wiedergutzumachen. Obwohl ich wusste, dass ich es nicht kann.«
Während er sprach, zupfte er immer wieder an dem Armband.
»Was bedeuten die Buchstaben? BMFI?«
»Bei mir für immer. Das war die Idee meiner Schwester. Auf die Weise wollen wir uns für alle Zeit an ihn erinnern. Sie hat mir das gleich nach dem Begräbnis gesagt, aber ich habe ihr zuerst gar nicht richtig zugehört. Ich meine - es war so fürchterlich an dem Tag in der Kirche! Meine Mutter hat geschluchzt und geschrien, und mein Bruder lag im Sarg, mein Dad und meine Schwester waren in Tränen aufgelöst ... Ich habe mir geschworen, dass ich nie wieder zu einer Beerdigung gehe.«
Ronnie brachte kein Wort über die Lippen, weil sie so erschüttert war. Will straffte die Schultern. Er wusste, dass das alles schwer zu verdauen war. Warum hatte er es ihr überhaupt erzählt? »Tut mir leid. Ich hätte dich nicht damit belasten sollen.«
»Nein, nein, das ist okay!«, erwiderte sie schnell und drückte seine Hand. »Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast.«
»Es ist nicht das perfekte Leben, wie du gedacht hast, stimmt's?«
»Ich habe nie angenommen, dass dein Leben perfekt ist.«
Er schwieg, und Ronnie küsste ihn impulsiv auf die Wange. »Es ist so traurig, dass du das alles durchmachen musstest!«
Will atmete tief durch. »Na ja, jedenfalls ist es meiner Mutter sehr
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