Mit dir an meiner Seite
noch gar nicht gesagt.« Dass seine Stimme angespannt klang, hörte Will sogar selbst.
»Ich fand das nicht wichtig«, erwiderte sie automatisch. »Wieso? Hätte es dich interessiert?«
Will versuchte, die Bilder von Scott und dem Brand aus seinen Gedanken zu vertreiben. »Nein, eigentlich nicht«, sagte er schnell und tat so, als würde er das Glas studieren. »Ich habe nur nicht geahnt, dass dein Vater eine so komplexe Kunst beherrscht.«
»Ich auch nicht. Ich glaube, er hat es selbst nicht gewusst, bevor er damit anfing. Aber er sagt, ihm liegt dieses Projekt sehr am Herzen. Vielleicht kann er es deswegen so gut.«
»Warum liegt es ihm am Herzen?«
Während Ronnie Dads Geschichte erzählte, starrte Will wie gelähmt auf das Fenster. Er konnte einfach nicht vergessen, was Scott getan hatte. Und natürlich auch nicht seine Rolle dabei. Ronnie musste etwas bemerkt haben, denn sie betrachtete ihn fragend.
»Was denkst du?«
Vorsichtig strich er über das Glas. »Hast du dir schon mal überlegt, was Freundschaft bedeutet?«
»Ich verstehe nicht, wie du das meinst.«
»Wie weit würdest du gehen, um jemanden, mit dem du befreundet bist, zu schützen?«
Sie zögerte kurz. »Ich glaube, das hängt davon ab, was er getan hat. Wie ernst es war.« Zärtlich legte sie Will die Hand auf den Rücken. »Was willst du mir damit sagen?«
Als er nicht antwortete, schmiegte sie sich an ihn. »Letzten Endes muss man das Richtige tun, auch wenn es schwerfällt«, sagte sie leise. »Ich weiß, das hilft dir nichts, weil es manchmal gar nicht leicht ist zu wissen, was das Richtige ist. Aber selbst als ich mir eingeredet habe, dass Ladendiebstahl doch gar nicht schlimm ist, habe ich gewusst, dass mein Verhalten falsch ist. Ich habe mich innerlich so ... so dunkel gefühlt.« Ihr Gesicht war jetzt ganz dicht vor seinem, und er konnte den Geruch von Sand und Salz auf ihrer Haut einatmen. »Ich habe das Urteil nicht angefochten, weil ich wusste, was ich getan habe, war nicht richtig. Manche Leute können mit so etwas leben. Sie sehen alle möglichen Grauzonen, aber ich sehe immer alles schwarz und weiß. So bin ich halt... und ich glaube, du bist ganz ähnlich wie ich.«
Will wich ihrem Blick aus. Ach, wie gern hätte er ihr alles erzählt, alles, weil er im Grunde seines Herzens wusste, dass sie recht hatte! Aber er fand einfach nicht die angemessenen Worte. Ronnie verstand ihn auf eine Art, wie ihn noch nie jemand verstanden hatte. Er konnte so viel von ihr lernen! Endlich zwang er sich zu nicken, und sie legte den Kopf an seine Schulter.
Gemeinsam verließen sie die Werkstatt, aber bevor sie ins Haus gingen, zog Will sie an sich und küsste sie. Zuerst auf den Mund, dann auf die Wangen und den Hals. Ronnies Haut glühte, als hätte sie stundenlang in der Sonne gelegen. Und als er sie wieder auf die Lippen küsste, spürte er, wie sie sich enger an ihn schmiegte. Er vergrub die Hände in ihren Haaren, und ohne sich von ihr zu lösen, drängte er sie gegen die Mauer der Werkstatt. Er liebte sie, er begehrte sie, und während sie sich immer weiter küssten, spürte er ihre Hände auf seinem Rücken, an seinen Schultern. Ihre Berührungen elektrisierten seine Haut, ihr heißer Atem erregte ihn, und sein Verlangen wurde immer stärker.
Leidenschaftlich presste er sie an sich, doch dann stieß Ronnie ihn weg.
»Bitte«, keuchte sie atemlos. »Wir müssen aufhören.«
»Warum?«
»Weil ich nicht will, dass mein Dad uns erwischt. Wahrscheinlich beobachtet er uns sowieso vom Fenster aus.«
»Aber wir haben uns doch nur geküsst.«
Ronnie lachte leise. »Ja, klar. Und wir sind auch sonst nur gute Freunde.«
»Wie bitte? Haben wir etwa mehr getan als uns geküsst?« Auf Wills Gesicht erschien ein verführerisches Lächeln.
»Ich will nur sagen, dass es sich so angefühlt hat, als ob ... als ob es zu mehr führen könnte«, sagte sie und zupfte ihr T-Shirt zurecht.
»Und was ist das Problem?«
Ihr Gesichtsausdruck gab ihm zu verstehen, dass sie es ernst meinte, und er wusste, dass sie recht hatte. Auch wenn er am liebsten weitergemacht hätte. »Du hast recht.« Mit einem Seufzer legte er die Hände locker um ihre Taille. »Ich werde versuchen, mich zu beherrschen.«
Sie küsste ihn auf die Wange. »Ich habe absolutes Vertrauen zu dir.«
»Oh, danke«, ächzte er.
»Ich sehe dann mal nach meinem Vater, okay?«, sagte sie und zwinkerte ihm zu.
»Okay. Ich muss morgen sowieso schon sehr früh zur Arbeit.«
Jetzt grinste
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