Mit dir im Himmel auf Erden
Stimmungen wechseln ständig.“
Adam sah aus dem Fenster. „Dann hat sich ja nicht viel geändert“, sagte er ironisch.
„So gesehen wohl nicht“, erwiderte Jake traurig. „Aber es ist nur eine Frage der Zeit, wann es weiter bergab geht und er sich nicht mehr artikulieren kann. Wir müssen damit rechnen, dass er auch das Langzeitgedächtnis verliert und sich völlig in sich zurückzieht. Vor zwei Jahren haben die Ärzte ihm noch sieben Jahre gegeben. Wenn du also deinen Frieden mit ihm schließen willst, dann solltest du nicht allzu lange damit warten.“
Roane fand es merkwürdig, dass Adam nicht darauf einging. Aber er wäre doch nicht nach Hause gekommen, wenn er nicht vorhätte, sich mit seinem Vater zu versöhnen, oder? Sie wusste nicht genau, warum Jakes rebellischer älterer Bruder damals fortgegangen war. Er war ihr ohnehin immer ein Rätsel gewesen, und mit ihren fünfzehn Jahren hatte sie nicht verstehen können, dass Adam Martha’s Vineyard einfach so den Rücken kehrte. Jake, damals wie heute ihr bester Freund, der ein Jahr älter als sie war, hatte auch dazu geschwiegen.
Jake wagte einen erneuten Vorstoß. „Wenn du dir die Geschäftsbücher ansehen möchtest, bevor du dich entscheidest …“
„Es ist also dringend?“
Wie kühl er ist! Roane lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Wenn ihn seine Familie nicht interessierte, warum hatte er sich dann die Mühe gemacht, herzukommen? Wieso tauchte er nach zwölf Jahren Abwesenheit wieder auf, wenn ihn das alles nicht interessierte?
„Ja“, antwortete Jake.
Verwundert musterte sie ihn. Was ging hier eigentlich vor?
Adam schien Bescheid zu wissen. „Du willst mich auszahlen, oder?“
„Wenn es nicht anders geht.“ Jake nickte.
Roane ließ den Blick zu dem älteren Bruder gleiten. Er sah wirklich blendend aus, aber offensichtlich besaß er kein Herz. Fühlte er sich denn überhaupt nicht schuldbewusst, seinem Bruder all die Jahre die Verantwortung für alles überlassen zu haben? Die Bürde, einen Konzern wie Bryant zu führen, hatte Spuren bei Jake hinterlassen. In letzter Zeit wirkte er ständig angespannt, und er war sichtlich gealtert.
Adam schien zu ahnen, was ihr durch den Kopf ging. Er bedachte sie mit einem raschen Blick, dann wandte er sich wieder Jake zu. Roane hatte das Gefühl, zu stören. Aber wieso hatte Jake sie mit ins Haus genommen? Offensichtlich wollte er sie bei dem Gespräch dabeihaben.
„Ich sehe mir die Zahlen mal an“, sagte Adam.
„Um fünfzehn Uhr findet eine Vorstandssitzung in Manhattan statt. Roane kann dich hinfliegen, oder?“
Musste das sein? Sie ließ sich nichts anmerken. „Selbstverständlich.“
Adam wich ihrem Blick aus. „Ich kann auch fahren.“
„Du bist mindestens fünfeinhalb Stunden unterwegs und müsstest spätestens in einer Stunde losfahren“, gab Roane zu bedenken. „Mit dem Flieger bist du in knapp zwei Stunden da. Du brauchst dich also erst gegen Mittag auf den Weg zu machen. Du möchtest sicher zu deinem Vater, bevor du aufbrichst.“
Jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit für sich.
„Du bist Pilotin?“
„Ja.“ Insgeheim erwartete sie jetzt eine Bemerkung, dass sie es weiter gebracht hatte, als ihr Vater, der einige Jahrzehnte als Chauffeur und Mädchen für alles bei den Bryants beschäftigt gewesen war.
Doch Adam ging kommentarlos darüber hinweg. Schließlich atmete er tief durch, wobei sich das dunkelgrüne T-Shirt über der breiten Brust spannte, und konzentrierte sich wieder auf seinen Bruder. „Wann ist die nächste Vorstandssitzung?“
„In zwei Wochen.“
„Aha.“ Nachdenklich sah Adam aus dem Fenster. Dann nickte er zustimmend. „Also gut, ich nehme den Flieger.“
„Okay, dann melde ich uns jetzt an“, sagte Roane. „Kommst du mit, Jake?“
„Nein, ich fliege früher los. Angemeldet ist der Flug bereits.“
Dann war Adam also ihr einziger Passagier. Das konnte ja heiter werden. Körperlich fühlte sie sich sehr zu ihm hingezogen, aber sein Wesen war ihr unsympathisch.
Jake stupste sie an, damit sie aufstand und er von der Sitzbank rutschen konnte. „Ich bringe Adam jetzt zur Villa.“
„Ich kenne den Weg.“
Roane verzog missfällig die Miene über Adams Antwort, stand auf und goss den Kaffee ins Spülbecken.
„Ich muss sowieso gehen.“ Jake gesellte sich zu ihr an die Spüle. Besorgt fragte Roane leise: „Alles in Ordnung?“
„Klar.“ Beruhigend zwinkerte er ihr zu.
Sie nahm ihm die Tasse ab und spülte sie mit dem
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