Mit dir im Paradies auf Erden
Einmischung empfinde. Bei einigen Gelegenheiten hat er sich aufgespielt, als sei er mein Vormund. Das war alles andere als amüsant!“
„Wirklich?“ Fleur tat erstaunt, obwohl sie es nicht war, denn sie glaubte, Sebastian durchschaut zu haben. So nachsichtig und liebevoll er seine Schwester auch behandeln mochte, vom Wesen her war er ein dominanter Mann, der kühl seine Macht ausspielte, wenn er es für angebracht hielt. „Was hat er gemacht?“
„Kannst du dich noch an Andy erinnern? Du musst ihn kennen, wir waren vor ungefähr vier Jahren zusammen.“
„Natürlich.“ Fleur nickte. „Er war wahnsinnig charmant. Damals glaubte ich, er sei genau der Richtige für dich. Ich war fassungslos, als eure Beziehung in die Brüche ging.“
„Das war Sebastians Werk.“ Mia griff nach ihrem Morgenmantel. „Sebastian hatte mich schon immer vor Andy gewarnt. Da ich nicht hören wollte, hat er Erkundigungen eingezogen. Wie sich herausstellte, war Andy in einen riesigen Finanzschwindel verwickelt. Trotzdem Sebastian mich vor viel Leid bewahrte, war ich damals unbeschreiblich wütend auf ihn, weil er sich in mein Leben eingemischt hatte. Ich war der Meinung, unbedingt eigene Erfahrungen machen zu müssen. Hätte ich damals meinen Kopf durchgesetzt, könnte ich heute meinen Ehemann im Gefängnis besuchen.“
Mia schnitt eine Grimasse. „Selbstverständlich bin ich Sebastian im Nachhinein dankbar, doch habe ich das völlig anders gesehen.“
Fleur nickte verständnisvoll. Die Geschichte bestätigte ihre Vermutungen. Sebastian war ein Mann, der stets und überall seinen Willen durchsetzte – wie ihr Vater. Schnell stand sie auf und wechselte das Thema.
„Du glaubst gar nicht, wie ich mich auf die kommenden Tage freue – einfach nur faulenzen, herrlich! Nur habe ich natürlich nicht genug Wäsche eingepackt und werde wahrscheinlich waschen müssen.“
„Das ist kein Problem. Ansonsten nimm dir aus meinem Schrank, was dir passt – wahrscheinlich werden es nur Pullover und Winterjacken sein, und auch in denen wirst du versinken. Vergiss einfach dein Aussehen, das spielt hier sowieso keine Rolle, und versprich mir, dich warm und bequem anzuziehen.“ Mia seufzte. „Aber was rede ich, du siehst selbst in Sack und Asche wie ein Model aus.“
Fleur setzte sich wieder aufs Bett. „Geh du zuerst duschen und lass dir Zeit, ich habe Pat gesagt, dass wir uns das Frühstück selbst zubereiten und sie erst mittags zu kommen braucht.“ Mia lächelte. „Ich werde in London bestimmt oft an dich denken und dich um das leckere Essen hier beneiden.“
„Pat ist eine fantastische Köchin. Wahrscheinliche passe ich bei der Abreise in keine meiner Hosen mehr.“
Mia freute sich, wie locker Fleur während der vergangenen Tage geworden war. Sie sah nicht mehr ganz so blass und zerbrechlich aus und ähnelte wieder jenem lebhaften, attraktiven Mädchen, das sie als Schülerin und Studentin gewesen war.
Beide hingen ihren Gedanken nach und schwiegen, als Fleur aufstand und ans Fenster ging. Gespannt ließ sie den Blick durch den winterlichen Garten schweifen … Sebastian jedoch war nirgends mehr zu sehen.
Nachdem Mia am folgenden Morgen abgereist war, unternahm Fleur eine kleine Entdeckungstour durch den Park und suchte sich abgelegene Wege aus, die sie noch nicht kannte. Sie wollte unbedingt vermeiden, auf Sebastian zu treffen, den Mia und sie seit Silvester kaum zu Gesicht bekommen hatten.
Am vergangenen Abend hatte er sich kurz mit ihnen unterhalten, war jedoch nicht zum Essen erschienen. Ganz offensichtlich war er stark beschäftigt. Fleur hatte einige Male erlebt, wie er und Frank ihr Vorbeigehen gar nicht bemerkten, so waren sie ins Gespräch vertieft.
Sie hatte Pat vorgeschlagen, lediglich abends für sie zu kochen, ansonsten wollte sie sich selbst versorgen.
„Wir werden sehen.“ Pat war überraschend nachgiebig gewesen. „Auf alle Fälle werde ich vormittags vorbeikommen und sehen, was Sie brauchen. Ansonsten bin ich ganz froh, etwas länger zu Hause bleiben zu können. Mum ist mit ihren fünfundachtzig Jahren nicht mehr die Jüngste, und im Moment geht es ihr nicht so gut.“
Es war ein klarer, frostiger Morgen, als Fleur die kurvige Auffahrt hinunterging. Wie sie Mia versprochen hatte, war sie nicht modisch, sondern warm und zweckmäßig gekleidet. Beschwingt schlug sie ein forsches Tempo an, denn sie hatte sich schon lange nicht mehr so unternehmungslustig gefühlt. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie in den
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