Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
zu können, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, glitt vom Badewannenrand und wusste selbst nicht mehr, wann ihr die Tränen gekommen waren.
Die Abendessen im Kreis der Familie waren den Heartfords heilig. Der Fernsehapparat musste dabei ausgeschaltet bleiben. Lediglich leise Jazzmusik im Hintergrund war erlaubt. Die gesamte Familie war angehalten, sich um den Tisch zu versammeln, egal was jeder Einzelne vorhatte – es sei denn, man hatte eine verdammt gute Entschuldigung. »Eure Freunde können bis nach dem Abendessen warten«, hieß es stets bei den Eltern.
Wieder an einem dieser Abendessen teilzunehmen war ein wunderbares Gefühl. Belinda konnte längst nicht mehr begreifen, dass sie sich einst über diese strenge Regel beschwert hatte. »In Staceys Familie wird niemand zu so was gezwungen. Sie darf beim Abendessen die Serie Home and Away sehen.« »Schön für sie. Aber du gehörst nicht zu Staceys Familie, oder?« Jetzt war es einfach nur beruhigend, sich mit den anderen vor dem Hintergrund leiser Jazzmusik zu unterhalten.
»Eines muss ich sagen. Eigentlich habe ich gedacht, dass ich die Erste sein würde, der man einen Braten in die Röhre schiebt«, erklärte Becky wie beiläufig zwischen zwei Bissen.
»Becky, ich bitte dich!« Brett musterte seine Tochter kopfschüttelnd und verdrehte die Augen.
Belinda gab der Schwester lachend einen Klaps auf den Arm.
»Wie war das denn gemeint?«, fragte sie unschuldig.
»Eines kannst du dir hinter die Ohren schreiben, Becky! Lass dir ein Kind machen, und ich knöpfe mir diesen Freund vor – wie heißt er doch gleich? –, und zwar mit der Schrotflinte, noch bevor du bist vier zählen kannst!« Brett stach zur Bekräftigung mit seiner Gabel in die Luft.
»Das möchte ich mal erleben!«, zischte Becky leise. »Dad weiß vermutlich nicht mal, wo bei einer Flinte vorn und hinten ist«, fügte sie flüsternd und nur für Belinda bestimmt hinzu, die das Lachen nur mühsam unterdrücken konnte. Zum Glück übertönte die Stimme der Mutter die leise Unterhaltung. Brett hasste Waffen. Das wusste jeder in der Familie. Er war in Melbourne aufgewachsen und hatte das Landleben erst mit Barbara kennengelernt. Was ihn allerdings nicht davon abhielt, sich als schießwütiger Hüter seiner Töchter aufzuspielen, um potenzielle Verehrer zu vertreiben.
»Liebling, du meinst ›ehe man bis drei zählen kann‹. Du bringst da einiges durcheinander.« Barbara tätschelte ihrem Mann die Hand.
Becky richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Vater. »Glaub bloß nicht, dass ich nicht mitbekommen habe, wie du versucht hast, Darren einzuschüchtern, als er neulich abends bei uns gewesen ist. Du hättest Dad sehen sollen, Belle. Er hat das Messer übertrieben lange geschärft, um den Braten beim Abendessen anzuschneiden. Und dabei die ganze Zeit Darren angesehen – ungefähr so.« Becky imitierte den Blick des Vaters.
»Stimmt. Ich erinnere mich gut an Dads bewährte Einschüchterungsmethoden. Hat verdammt gut funktioniert – zum Beispiel bei dem Freund, den ich in der zehnten Klasse hatte. Er ist völlig ausgeflippt, als Dad ihm mit diesem Trick gekommen ist. Hat sich nie mehr auch nur in die Nähe unserer Farm getraut.«
Brett nickte zufrieden. »Hätte ich ihm auch nicht geraten.« Danach kehrte die Unterhaltung zu aktuelleren Themen zurück, als Belindas jüngerer Bruder Blake, den Blick auf den gewölbten Bauch der Schwester gerichtet, mit seiner Piepsstimme ungläubig fragte: »Und da sollen wirklich zwei Babys drin sein?«
»Natürlich. Jeder Zweifel ausgeschlossen. Aber die sind erst so groß wie … also, keine Ahnung. Vielleicht wie Bananen?« Belinda versuchte ihrer Stimme einen ruhigen, entspannten Klang zu geben, sie wollte ihrer Familie nicht zeigen, wie nervös sie angesichts ihrer Schwangerschaft eigentlich war.
Blake starrte sie ungläubig an. »Du kriegst Bananenbabys?«
»Nein. So war das nicht gemeint!«, versuchte Belinda abzuwehren, aber Blake war bereits völlig außer Rand und Band, stellte sich zwei Bananen vor, die auf dünnen Beinchen durch die Gegend rannten. Dann sprang er von seinem Stuhl auf und lief hinaus, um mit dem kleinen Hund zu spielen.
Brad schüttelte den Kopf und seufzte. »Ich behalte ihn lieber im Auge, Mum«, erbot er sich großzügig und glitt ebenfalls vom Stuhl, um seinem kleinen Bruder zu folgen.
»Komm jetzt, ›Butt Cheek‹, wir bringen dir Stöckchenbringen bei!«, hörten sie Blake rufen, als die beiden Jungen
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