Mit dir ins große Glueck
recht. Wenn du morgens um sieben schon anfängst zu arbeiten, kannst du um fünfzehn Uhr Feierabend machen. Um diese Jahreszeit ist es lang hell, und ich denke, ein kleiner Ausgleichssport an der frischen Luft würde dir auch nicht schaden."
"Siehst du, genau das habe ich auch gedacht", antwortete Gerd triumphierend. "Doch für den Anfang möchte ich dich bitten, mit drei Wochen Urlaub zu geben. Glaubst du, du kannst es verantworten?"
"Bist du verrückt geworden? Drei Wochen an einem Stück? Und das um diese Jahreszeit? Ich kann mir nicht vorstellen, wie das laufen soll. Was wird aus Tante Frieda?"
"Lass mich einfach gehen, Paulchen, und wenn du mich brauchst, kannst du mich ja anrufen. Im schlimmsten Fall bin ich bei Micky zu finden. Tante Frieda bearbeite ich weiterhin, das ist mir die Gute auf jeden Fall wert."
"Noch hast du die Stelle nicht. Wer weiß, vielleicht ist sie schon vergeben."
Gerd erhob sich, nahm den Brief und ging zur Tür. "Also habe ich den Urlaub?"
"Du hast ihn. Und ich erwarte täglichen Bericht von dir."
"Das weiß ich nicht, ob sich das machen lassen wird, doch ich verspreche dir, mich zumindest einmal in der Woche zu melden. Eine Bitte habe ich noch, Paulchen: Kein Wort zu Francis. Sie würde es nicht verstehen."
"Sie würde dich in der Luft zerreißen, darauf kannst du Gift nehmen. Also ärgere mich nicht, sonst weiß ich nicht, ob ich dichthalten kann."
"Ein schöner Freund bist du." Kopfschüttelnd verließ Gerd das Büro, schmunzelte jedoch vor sich hin. Paulchen war ein fantastischer Vorgesetzter und ein ausgezeichneter Freund dazu. Er, Gerd, hätte es eigentlich gar nicht besser treffen können. Die beiden Männer verband eine Freundschaft, die schon viele Jahre ziemlich heftigen Stürmen standgehalten hatte. Jetzt konnte eigentlich nichts mehr passieren.
"Du packst deine Sachen zusammen, Gary?" fragte Linda, die Sekretärin. "Hat er dich etwa hinausgeworfen?"
"Woher weißt du das, Linda?" Gespielt verzweifelt verdrehte Gerd die Augen. "Ist es schon bis zu dir vorgedrungen, dass sich die Redaktion keinen Redakteur mehr leisten kann? Nur die Sekretärinnen werden noch behalten." Er lachte herzlich, und Linda lachte mit. "Falls Francis fragen sollte, wo ich abgeblieben bin, dann sag ihr bitte, ich hätte keine Zeit mehr gehabt, sie zu benachrichtigen. Eine dringende geschäftliche Angelegenheit habe keinen Aufschub mehr geduldet. Und sag ihr auch, du weißt nicht, um was es sich handelt. Ich kann mich doch auf dich verlassen, Linda?"
"Kannst du, Gary", stimmte die Sekretärin zu. "Hat dein plötzliches Verschwinden etwas mit diesem Brief zu tun?"
"Hat es. Halt mir die Daumen, altes Mädchen, dass mein Plan klappt. Ich glaube, es ist wirklich höchste Zeit, dass irgendjemand einmal tätig wird. So kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen."
"Wie du meinst." Zweifelnd blickte die Sekretärin ihn an. "Also gut, dann halte ich dir die Daumen. Hals- und Beinbruch, Junge."
Der Mann grinste, griff nach seiner Aktentasche und nahm Mickys Brief. "Lieber nicht", sagte er trocken und hob die Hand zum Gruß. "Ich brauche meine Arme und Beine, vor allem jetzt, besonders dringend. Lass es dir gutgehen, Linda, und vergiss mich nicht", spöttelte er. "So wie es aussieht, habe ich eine gefährliche Mission vor mir mit Mord und Totschlag und Brandstiftung." Das Lächeln in seinem Gesicht strafte seine Worte Lügen. "Also, bis später, Linda, und pass auf dich auf." Das meinte er jetzt ernst.
Linda lächelte zurück. "Du auch auf dich, Gary", sagte sie leise, und in ihrer Stimme schwang ein wenig Sorge mit. Sie wusste nicht, was Gary vorhatte, und doch kannte sie ihn gut genug um zu wissen, dass er nicht ohne Grund so aufgeregt war.
"Hoffentlich geht alles gut", sagte sie leise, als der Redakteur bereits das Büro verlassen hatte. Dann versuchte sie, sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren, was gar nicht so einfach war. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Mickys Brief und um Gerd, der in der Redaktion als besonders freundlich und außer-gewöhnlich hilfsbereit bekannt war. Hoffentlich wurde ihm diese Hilfsbereitschaft nicht einmal zum Verhängnis.
* * *
Der Mittwoch war für Melanie der schönste Wochentag. Mittags um zwölf Uhr machte sie ihre kleine Galerie zu und fuhr, nachdem sie alles, was sie noch für den Haushalt benötigte, eingekauft hatte, nach Hause. Diese Nachmittage
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