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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
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Deutschland gibt. Ich stelle eine offizielle Anfrage an das Bundesjustizministerium und bekomme schnell eine Antwort. Die aktuellste Zählung der Gesetze und Verordnungen in Deutschland datiert laut Ministerium vom 6. März 2009, neuere Zahlen liegen offensichtlich nicht vor. Aber auch von diesen Zahlen bin ich schockiert: An diesem Stichtag gibt es in Deutschland 1728 Stammgesetze mit 45759 Einzelnormen, dazu 2659 Stammverordnungen mit 37285 Einzelnormen.
    Also gibt es 83044 schriftlich geregelte Dinge, an die wir uns in diesem Land halten müssen – und das sind nur die Bundesstammgesetze und -stammverordnungen. In der Antwort heißt es nämlich auch: »Soweit mit Ihrem Anliegen statistische Angaben über Landesgesetze erwünscht sind, kann ich keine Auskünfte erteilen; insoweit bitte ich Sie, sich an die jeweiligen Landesjustizverwaltungen zu wenden.«
    (Un-)Wichtiges Wissen
    EU-Verordnungen können sich an
die Europäische Union, an alle
Mitgliedstaaten oder die Bürger
aller Mitgliedstaaten richten. Sie
sind in allen Teilen verbindlich und
gelten unmittelbar in jedem ein-
zelnen Mitgliedstaat.
    Dazu kommen die EU -Gesetze und die EU -Verordnungen – die mittlerweile zu einem Paragrafenwerk von mehr als 85000 Seiten angewachsen sind. Nicht mehr dabei ist die Verordnung ( EWG ) Nr. 1677/88. Die legte unter anderem fest, dass eine Gurke der Handelsklasse »Extra« maximal eine Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimeter Länge aufweisen durfte. Die Gurke der Extraklasse sollte »praktisch gerade« sein, die der Handelsklasse 1 »ziemlich gut geformt«. Gurken, die vom Standard abwichen, durften nicht als Qualitätsprodukte verkauft werden, was mit diesem schönen Satz ausgedrückt wurde: »Krumme Gurken dürfen nämlich eine größere Krümmung aufweisen.« Leider wurde die Verordnung im Jahr 2009 außer Kraft gesetzt, doch andere gibt es noch.
    Ein Apfel muss einen Durchmesser von sechs Zentimetern haben, muss mindestens 90 Gramm wiegen und darf kein Wurmloch haben. Eine Erdbeere muss an der dicksten Stelle 18 Millimeter dick sein, geschälte Tomaten müssen praktisch frei sein von Schalen, der elektrische Widerstand von normalem Honig soll bei 0,8 Mikrosiemens pro Zentimeter liegen. Die Pizza Napoletana soll direkt nach dem Entnehmen aus dem Ofen gegessen werden, die Normgröße eines EU -Kondoms liegt bei 17 Zentimeter Länge und 56 Millimeter Durchmesser – und das Ding soll fünf Liter Flüssigkeit aufnehmen können, ohne zu platzen.
    Keine Sorge: Edmund Stoiber ist derzeit kräftig am Entbürokratisieren, jener Mann, der einst für die 23-Wörter-Information »Mit dem Transrapid brauchen Sie zehn Minuten vom Hauptbahnhof zum Flughafen – so lange dauert es an anderen Flughäfen, um das Gate zu finden« exakt 169 Wörter benötigte und dessen erster Vorschlag als Chef-Entbürokratisierer es war, eine Behörde zu erschaffen, die Gesetzesvorschläge auf Bürokratie kontrolliert.
    Es gibt also weit mehr Gesetze und Verordnungen als die 83044 Einzelnormen aus den Bundesstammgesetzen und -stammverordnungen. Rechnet man Landes-, Bundes- und EU -Gesetze zusammen, so kommt man auf eine halbe Million Vorschriften, Regelungen, Verordnungen und Verbote.
    Eine halbe Million Gesetze.
    Die meisten Menschen freilich verfahren nach dem Kein-Mensch-im-Wald-kein-Geräusch-Prinzip. Das bedeutet, dass es kein Verbrechen ist, wenn ich nicht dabei erwischt werde – wenn es keiner bemerkt, dann ist es nicht passiert. Die Menschen haben den Zehn Geboten einfach ein elftes hinzugefügt, das lautet: »Nicht erwischen lassen!«
    Eine Umfrage verdeutlicht diese These: Eine Online-Partnervermittlung wollte wissen, wie viele Menschen ihren aktuellen Partner bereits betrogen hätten. 31 Prozent der Männer und 33 Prozent der Frauen gaben an, dass sie bereits untreu waren, es aber nicht gestanden hatten. Eine weitere Frage lautete: Würden Sie Ihren aktuellen Partner betrügen, wenn Ihnen garantiert würde, dass der Partner es niemals herausfindet? Die Antwort: 72 Prozent der Männer und 63 Prozent der Frauen hätten nichts gegen einen Seitensprung, der geheim bleibt.
    Das lässt sich auch auf andere Bereiche des Lebens ausweiten: Wenn niemand Computer und Internet-Aktivitäten kontrolliert, dann ist es doch kein Problem, illegal Musik und Filme herunterzuladen. Wenn die Steuererklärung nicht wirklich geprüft wird, dann wäre es doch töricht, nicht ein wenig zu hinterziehen! Was macht es schon, trotz roter Ampel über die

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