Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
Vom Netzwerk:
diese Aussage in Erinnerung bleiben: »Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!« Mittlerweile ist der Fußballer Zlatan Ibrahimovi ć der Meister der Beleidigung, über John Carew sagte er: »Was der mit dem Ball kann, kann ich mit einer Orange.«
    Wissen für Nichtjuristen
    Die Verunglimpfung des Bundes-
präsidenten ist laut § 90 StGB
strafbar, es drohen bis zu fünf
Jahre Haft. Die Tat wird allerdings
nur mit Ermächtigung des Bun-
despräsidenten verfolgt.
    Eine Beleidigung ist jegliche Verletzung der persönlichen Ehre eines anderen: Der Täter beleidigt einen anderen verbal oder mit einer Geste, er äußert sich beleidigend gegenüber Dritten über eine nicht anwesende Person – oder er behauptet etwas Ehrverletzendes, das nach herrschender Meinung unwahr sein muss. Im letzteren Fall könnten zur Beleidigung noch üble Nachrede und Verleumdung hinzukommen, wenn noch weitere Personen anwesend sind. Es ist ein Antragsdelikt, dem die Strafverfolgungsbehörden nur auf Antrag des Verletzten nachgehen. Täglich werden Millionen von Beleidigungen ausgesprochen, ohne dass sie zur Anzeige gebracht werden.
    Bislang dachte ich immer: Ein Schimpfwort ist ein Schimpfwort ist ein Schimpfwort. Wer auf Schimpfwörter verzichtet, dem kann auch keine Beleidigung passieren. Deshalb habe ich einen Polizisten gebeten, in den Akten zu stöbern und mir die zehn häufigsten Fälle von Beleidigungen herauszusuchen. Ich möchte ein Wörterbuch »Schimpfwort harmlos« erstellen, um mich selbst zu schützen.
    Die zehn Schimpfwörter stammen nicht von mir, ich bin diesmal unschuldig – ich bin nur für die Verharmlosungen verantwortlich:
Schimpfwort
Verharmlosung
Arschloch
Gesäßöffnung
Hurensohn
Kind einer Halbweltdame
Penner
Freiluftübernachter
Motherfucker
Lebender Ödipuskomplex
Schwuchtel
Heterosexuell Ungeeigneter
Wixer
Selbstbefriediger
Schwanzlutscher
Fellatiofan
Nullbumser
Fortpflanzungsverweigerer
Armleuchter
Kandelaber
Schlampe
Befürworterin multipler Koitus
    Nur bin ich mit meinem Wörterbuch nicht auf der sicheren Seite. Es muss nämlich geprüft werden, ob eine Äußerung einen ehrverletzenden Inhalt hat. Wer also im Straßenverkehr ruft: »Fahr schneller, du lebender Ödipuskomplex. Ich trete dir in die Gesäßöffnung, du Kandelaber«, der kann sich dennoch einer Beleidigung strafbar machen. Wer einem Freund auf dem Fußballplatz nach einem misslungenen Pass zuruft, dass er ein »blinder Depp« sei, der beleidigt ihn nicht unbedingt. Entscheidend ist der Vorsatz, den anderen zu beleidigen, was mit dem schönen lateinischen Begriff animus iniurandi beschrieben wird.
    Es ist nicht einfach, eine Beleidigung klar zu definieren – zumal sie im Strafgesetzbuch nur als Androhung formuliert wird: »Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«
    Bleibt immer noch die Frage: Was ist eine Beleidigung?
    Eigentlich könnte sich nun jeder, der wegen Beleidigung angeklagt ist, auf den ersten Paragrafen des Strafgesetzbuchs oder den 103. Artikel im Grundgesetz berufen: »Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.« Ein wenig deutlicher: Keine Strafe ohne Gesetz. Bestraft ein Richter einen Beleidiger dennoch, so macht er sich eigentlich gemäß Paragraf 339 der Rechtsbeugung strafbar.
    Um das zu vermeiden, kam das Bundesverfassungsgericht zu dieser Entscheidung: »Auch wenn das für eine unter der Geltung des Grundgesetzes erlassene Strafvorschrift als unzureichend anzusehen sein sollte, hat der Begriff der Beleidigung jedenfalls durch die über hundertjährige und im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen haben.«
    Beleidigungen gehören deshalb zu den Delikatessen des deutschen Rechts.
    Man kann nämlich auch dann wegen Beleidigung belangt werden, wenn man hinterher beweisen kann, dass die Behauptung der Wahrheit entspricht. Dafür gibt es im Strafgesetzbuch den Paragrafen 192: »Der Beweis der Wahrheit der behaupteten und verbreiteten Tatsache schließt die Bestrafung nach § 185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder

Weitere Kostenlose Bücher