Mit einem Bein im Modelbusiness
meine Polaroids in die Hände, die auf dem Tisch meines Bookers lagen. Er schaute sie sich an und sagte zu Christian: » Den Jungen mag ich. Wer ist das? Er hat einen guten Look. Den möchte ich shooten!«
» Daraus wird wohl nichts«, antwortete Christian. » Mario hat klipp und klar gesagt, dass er kein Geld in seine Mappe investieren kann.«
» Das ist mir egal!«, wiegelte Peter ab. » Ich will ihn unbedingt fotografieren. Auch umsonst.«
Das hatte er, wie ich später erfuhr, vorher noch nie gemacht.
Wir verbrachten zwei Tage in seinem Studio und hatten am Ende über 17 000 Fotos im Kasten, die er mir sogar zur freien Verfügung überließ. Was für ein Glückstreffer! Wir hatten so viel Spaß zusammen, dass es sich nicht einmal nach Arbeit anfühlte. Der absolute Wahnsinn!
» There is a warrior inside you«, sagte er ständig. Peter ist gebürtiger Australier. » Mario, you have the strength of a warrior. Show me! Come on, show me that warrior!«
Was für einen Krieger meinte er? Ich sah mich eher als kleinen Angsthasen, der jeder Konfrontation aus dem Weg ging. Ich war wirklich alles, nur kein mutiger Krieger.
» Du hast mehr Kraft in dir, als du im Moment selbst erkennen kannst«, meinte er ziemlich pathetisch. Aber so war er eben. » Vertraue mir. Ich sehe das. Du kannst die Menschen dazu inspirieren, ihre eigenen Träume zu verwirklichen.«
» Peter«, lachte ich ihn fast schon ein bisschen aus. » Du bist ein richtiger Scherzkeks, weißt du das? Wen soll ich schon inspirieren? Ich sitze am Montag im Büro wieder meine Stunden ab. Ich bin sicher kein Vorbild für andere. Ich bräuchte dringend selbst eins!«
» Du bist und bleibst ein Krieger, Mario. Du wirst schon sehen. Vergiss das nie!«
» Ein Krieger«, schmunzelte ich. » Dass ich nicht lache.«
Am Samstag, dem zweiten Tag des Shootings, bei dem noch ein weiteres Model anwesend war, klingelte mein Handy. Es war Christian aus der Agentur.
» Mario, dreh jetzt nicht durch, okay?«, versuchte er mich schonend auf seinen nächsten Satz vorzubereiten.
» Was gibt’s denn?«
» HUGO BOSS will dich. Du bist auf Option.«
» Waaass?«, schrie ich durchs Studio.
Peter und das andere Model guckten mich fragend an.
» Ja, wirklich unglaublich«, sagte Christian. » Hör zu, die Show ist aber schon morgen.«
» Das ist kein Problem!«
» Okay, super! Ich versuche das jetzt so schnell wie möglich zu klären und melde mich wieder.«
» Ach, Christian, eine Sache noch. Wie sind die denn auf mich gekommen? Ich hab doch gar keine Bilder.«
» Weißt du noch, das Test-Shooting mit Ben Lamberty vor zwei Wochen?«
» Na klar!«
» Die Fotos, die dir nicht gefallen haben!«
» Jaja.«
» Vor ein paar Tagen haben wir aus dieser Session vier Fotos auf unsere Homepage gestellt. Jemand von BOSS hat sie gesehen, gerade bei uns angerufen und gemeint: Ihr habt diesen neuen Jungen an Bord. Können wir den haben?«
» Krass! So läuft das?«
» Ja, so läuft das«, lachte Christian. » Manchmal, wenn man sehr viel Glück hat. Also, bis gleich!«
Bild 6
Peter und das andere Model hatten natürlich alles mitgehört und durchbohrten mich regelrecht mit ihren Blicken.
» Und?«, ruderte Peter aufgeregt mit den Armen. » Erzähl schon!«
» Ich hab ’ne Option bei HUGO BOSS «, sagte ich völlig perplex und sah bereits das Leuchten in Peters Augen.
» Du hast waaas?«, kreischte er und fiel mir auf der Stelle, den Tränen nah, um den Hals.
» Oh, Mario«, freute sich das andere Model, das etwa in meinem Alter war, erstaunlich ehrlich. » Du bist echt für BOSS gebucht? Jetzt schon? Wow! Gratuliere, das ist echt crazy!«
Das war es wirklich. Außer den Test-Shootings hatte ich ja noch keinerlei Erfahrung. Nicht mal einen richtigen Kunden konnte ich vorweisen, und dann kam direkt der Traumkunde schlechthin und fragte mich an. Ich meine, die wollten mich, nicht umgekehrt.
Das musste ich erst mal sacken lassen. Peter fotografierte in der Zwischenzeit das andere Model, was aber nicht viel brachte, denn er war derart nervös, dass ihm seine zitternden Hände ständig einen Strich durch die Rechnung machten. Keiner von uns konnte sich mehr richtig konzentrieren. Ich rief meine Mutter an.
Eine Marke mit Stil
» Mama, ich laufe vielleicht für HUGO BOSS .«
» Wie laufen?«, fragte sie unbedarft. » Wohin denn?«
» Na, eine Modenschau. Eine richtige Modenschau«, wiederholte ich glücklich. » Für H-U-G-O BOSS .«
Mutti freute sich wie eine
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