Mit einem Bein im Modelbusiness
an der Außenalster. Besser geht’s nicht!
Die Situation war total surreal. Als wir die Einfahrt der Monstervilla hochfuhren, parkten mehrere dicke SUV s vor dem prachtvollen Eingang. Ich stellte meine kleine Rostlaube neben einen Porsche Cayenne und musste unwillkürlich an MTV Cribs denken: Mein Haus, mein Fuhrpark, mein Tennisplatz, mein Pool, mein …
» Scheint ja wirklich ganz gut zu laufen!«, grinste ich Peter an, der mir cool zuzwinkerte und an der Tür klingelte.
Ich hatte bis dato noch nie etwas mit dem Chef der Agentur zu tun gehabt und war deshalb ziemlich aufgeregt. Matthias öffnete uns persönlich die Tür und bat uns herein. In einer Art Vorraum, der fast so groß wie meine Wohnung war, signalisierte mir Peter mit einer Handbewegung zu warten. Die beiden verschwanden im Haus, und ich nahm auf einer schönen weißen Holzbank Platz. Ich fühlte mich wie ein Schulkind, das beim Abschreiben erwischt wurde und gleich einen Termin beim Direktor hatte. Ganz ehrlich, ich war von der ganzen Situation enorm eingeschüchtert. Das war Hollywood mitten in Hamburg!
Nach fünfzehn Minuten kam Peter mit der Kamera zurück.
» Komm, wir machen das draußen. Das Wetter ist so schön. Außerdem haben wir da mehr Platz und ein warmes Licht.«
Ich ging schweigend hinter ihm her. Matthias stand schon im Hof und spielte mit seinen beiden Kindern und dem kleinen Hund, der zwischen den vielen Beinen umherwirbelte.
Er war total nett zu mir, ließ in keinster Weise den Big Boss raushängen, aber ich machte mir trotzdem fast in die Hosen. Ich wollte mich auch nicht aufdrängen und traute mich kaum, etwas zu sagen, weil ich ständig Angst hatte, in irgendein Fettnäpfchen zu treten. Ein falsches Wort, dachte ich, und der schmeißt dich hochkant aus seiner Agentur raus.
Peter stellte die Kamera ein, begann zu filmen, und ich versuchte meinen Blue-Steel-Blick aufzusetzen, doch alles, was ich zustande bekam, war ein Lachanfall.
» Come on, Mario. Don’t mess this up!«, wurde Peter auf einmal ernst.
Ich wusste es selbst, doch ich konnte einfach nicht anders. Wahrscheinlich musste ich lachen, um meine Unsicherheit loszuwerden. Peter drückte die Stopptaste, und ich schloss die Augen, um mich zu konzentrieren. Ich erinnerte mich an ein Interview mit Eminem, in dem er sagte: » Mein Leben fühlt sich manchmal wie ein merkwürdiger Film an. Alles ist so verrückt, dass ich mich frage, ob das wirklich passiert oder ich nur träume.«
Ich war also nicht der Einzige.
Peter begann wieder zu filmen. Ich fand zu meinem Blue-Steel-Blick zurück und lief den Kiesweg hoch und runter. Einmal, zweimal, zehnmal. Zum Glück filmte mich Peter nur von vorne. Aus der Perspektive konnte man meinen unnatürlichen Gang nicht so genau erkennen. Hätte er sich nur etwas weiter seitlich gestellt, wäre den Leuten von BOSS mein Humpeln sicher sofort aufgefallen. Nach zwanzig Minuten hatten wir alles im Kasten. Peter überspielte das Material auf seinen Laptop, schnitt das Video und lud es noch vor Ort auf seinen Server hoch. Eine halbe Stunde später war ich gebucht.
» Okay, Mario. Du musst jetzt sofort zum Flughafen. Du fliegst über München nach Stuttgart. Dort wird dich ein Fahrer abholen und ins Hotel bringen. Die Show findet im Headquarter von HUGO BOSS in Metzingen statt. Mach dich auf den Weg und beeil dich! Den Rest erfährst du unterwegs.«
» Danke, Peter. Du bist der Beste.«
» Ich weiß. Denk daran, was ich dir vorhin gesagt habe.«
Let’s go!
Mittlerweile war es Nachmittag. Ich fuhr so schnell es ging nach Hause, packte in Windeseile meinen Koffer, telefonierte mit Lea und meinen Eltern und nahm mir ein Taxi zum Flughafen. Durchatmen! Keine Chance, ich war viel zu aufgeregt. Ich wählte die Nummer von Ben Lamberty und bedankte mich tausendmal für seine Fotos, die all das erst ermöglicht hatten. Auch er freute sich riesig, denn er war ja selbst noch ein Anfänger in dem Business. Ben war ungefähr in meinem Alter, vielleicht ein paar Jahre älter. Er studierte Kommunikationsdesign, lernte also alles über Fotografie und Grafikdesign, dennoch dachte ich nach unserem Shooting: » Junge, aus dir wird nie was! Mach eine Ausbildung oder so, aber verlass dich nicht auf den Scheiß.« Ein weiterer Beweis dafür, dass ich zu diesem Zeitpunkt vom Modebusiness keine Ahnung hatte, denn heute bekommt Ben die bekanntesten Topmodels der Welt wie Tony Ward oder Lars Burmeister vor seine Kamera.
Ich finde es interessant zu beobachten,
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