Mit einem Bein im Modelbusiness
Johannes Hübl bekommen, einem der bekanntesten deutschen Topmodels, der an diesem Wochenende ebenfalls für HUGO BOSS lief. Bei ihm konnte ich mich notfalls melden, falls ich Fragen hatte, aber ansonsten war ich völlig auf mich allein gestellt.
Das Shuttle setzte uns vor dem Hotel in Metzingen ab, und ich checkte ein. In meinem Zimmer fand ich einen Zeitplan für den nächsten Tag. Ich legte meinen Koffer auf die kleine Ablage neben dem Kleiderschrank, schaltete den Fernseher ein und ließ mich aufs Bett fallen. Zehn Minuten später klopfte es an der Tür. Ich öffnete.
» Mario, willst du noch was essen?«, fragte ein Assistent des HUGO BOSS -Teams und machte einen Haken auf seiner Namensliste. Er trug ein weißes Firmenschild an seiner schwarzen Weste. » Du hast doch bestimmt Hunger.«
Hunger? Kohldampf! Ich war mir aber nicht sicher, ob das nicht vielleicht ein Test sein sollte, wie bei Germany’s Next Topmodel. Wer die falsche Antwort gab, wurde ausgesiebt und durfte gleich wieder die Heimreise antreten. Außerdem wollte ich keine Umstände bereiten.
» Ein Käsebrötchen vielleicht?«, antwortete ich zögerlich und hoffte, nicht durchgefallen zu sein.
» Nur keine falsche Bescheidenheit«, grinste der Mann, der gut und gerne zehn Jahre älter war als ich. » Du kannst dir alles aussuchen: chinesisch, italienisch, griechisch – wir haben alles da. Du musst es nur sagen!«
» Oh«, meinte ich überrascht. » Wenn das so ist, chinesisch wäre cool.«
» Die Peking-Ente kann ich empfehlen.«
» Klingt gut, die nehme ich. Danke.«
» Willst du noch einen Nachtisch?«
Äh, ich habe morgen eine Show zu laufen, überlegte ich. Wollen die mich mästen, oder möchten die, dass ich gut aussehe?
» Keine Ahnung!«, sagte ich sicherheitshalber.
» Ach, ich bring dir einfach ein Eis mit«, lächelte er. » Auf welche Marke stehst du?«
» Häagen Dazs.«
» Egal, welche Sorte?«
» Ja, egal.«
» Bekommst du«, sagte er und klopfte schon an der nächsten Tür.
Mussten Models nicht vor wichtigen Auftritten oder Shootings hungern? Ich war verwirrt.
Eine halbe Stunde später stellte eine junge Hotelangestellte ein Tablett mit knuspriger Peking-Ente und einem Becher Eis auf den Schreibtisch, den ich vorher noch schnell freigeräumt hatte. Ich bedankte mich, drückte ihr etwas verlegen zwei Euro Trinkgeld in die Hand und stellte zu meiner eigenen Überraschung fest, dass ich noch nie in meinem Leben den Zimmerservice eines Hotels in Anspruch genommen hatte. Da saß ich also, in diesem piekfeinen Hotel, mit dem leckeren Essen, für das ich nichts bezahlen musste, und fühlte mich eigenartig. Mein Bauch begann zu grummeln. Mir war nicht ganz klar, ob es die Aufregung vor dem morgigen Tag war oder mein Magen, der gierig nach dem saftigen Fleisch der Ente lechzte. Ich schaltete den Ton vom Fernseher wieder an, nahm den Teller samt Besteck vom Tablett und legte mich erschöpft aufs Bett. So fühlen sich also Rockstars, dachte ich. Daran könnte ich mich gewöhnen.
Von draußen klangen immer mal wieder laute Stimmen zu mir durch, mal auf Französisch, mal auf Portugiesisch, mal auf Englisch. Durch den Türspion erkannte ich einige der Mädchen aus dem Shuttle wieder, die barfuß mit Champagner- und Wodkaflaschen durch den Flur rannten. Hmm, anscheinend gab es irgendwo eine kleine Feier, von der ich nichts wusste. In einem ruhigen Moment öffnete ich vorsichtig die Tür, lugte hinaus, ob die Luft rein war, und schlich detektivmäßig das Treppenhaus hinunter – immer in Richtung des Stimmengewirrs. In der Lobby war tatsächlich eine Party im Gange. Auf den Punkt gebracht: Die Models nahmen die halbe Hotelbar auseinander. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, flog kreuz und quer durch die Gegend, und niemand schien sich daran zu stören. Ich beobachtete das bunte Treiben ein, zwei Minuten aus sicherer Entfernung und huschte dann zurück auf mein Zimmer, ohne mir weitere Gedanken darüber zu machen. Ich legte meine Orthese neben das Bett, gab Lea übers Telefon einen Gutenachtkuss und versuchte trotz der Anspannung wenigstens ein paar Stunden zu schlafen.
Nachhilfeunterricht
Als ich am nächsten Morgen um 9.30 Uhr in den Frühstücksraum kam, entdeckte ich hier und da ein paar Geschäftsleute, aber modelmäßig sah es mau aus. Die schliefen anscheinend alle noch. Also schön. Ich schnappte mir die Bild am Sonntag, aß eine Kleinigkeit und trottete wieder in mein Zimmer zurück. Auf dem Zeitplan standen
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