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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Strauß heraus, entfernte die Stecknadel und die Seidenpapierhülle, die vorsorglich für eine eventuelle spätere Verwendungsmöglichkeit in die kleine^ ohnehin schon reichlich angeschwollene Hosentasche gestopft wurde, zerriß den Draht, der die Nelken zusammenhielt — er wanderte ebenfalls in die Hosentasche — und dann stellte es sich an eine Ecke, wenige Schritte vom Blumenladen entfernt, und rief mit heller rauher Jungenstimme laut und vernehmlich den Passanten zu: »Einmalige Gelegenheit, meine Herrschaften! Extra prima rote Nelken! Das Stück nur ‘nen Groschen!«
    Es war ein Glück für den Jungen, daß kein Polizist in der Nähe war, um seinem schwunghaften Handel ein jähes Ende zu bereiten, ein Unglück andererseits, daß auch kein reicher Gönner auftauchte, um zu erkennen, daß dieser Bursche alles Talent hatte, sich ein Millionenvermögen zusammenzuscharren, und daß es nur einer gewissen beruflichen und menschlichen Förderung bedurft hätte, um diese Fähigkeiten zur vollen Entfaltung zu bringen.
    Diese Gedanken waren jedoch dem kleinen Kerl selber ganz fern, er freute sich vielmehr, daß er seine Ware im Handumdrehen loshatte, bedauerte ein wenig, daß er nicht zwanzig Pfennige pro Stück verlangt hatte. Zu diesem Preis hätte er sie sicher auch abstoßen können. Beim nächsten Mal würde er klüger sein. Für diesmal zählte er vergnügt seine zwölf Groschen und lief, mit dem Geld in der Hosentasche klimpernd, eiligst davon.

    Irenes telefonischer Bericht hatte ein wenig Balsam auf Liselottes verwundetes Herz geträufelt, aber das bißchen öl genügte natürlich nicht, die Wogen ihres Gemütes tatsächlich zu glätten. Zwar war sie diszipliniert genug, die Kunden mit erzwungener Liebenswürdigkeit zu bedienen, aber wenn, wie gerade jetzt, der Laden für einen Augenblick leer war, dann verschwand das aufgesetzte Lächeln sofort aus ihrem Gesicht, es war wie weggewischt, und übrig blieb eine todtraurige und verzweifelte Liselotte.
    »Nun sagen Sie mal, was ist eigentlich mit Ihnen los?« forschte ihre Kollegin Anna, ein gutmütiges Wesen. »Ich kann das schon gar nicht mehr mit ansehen! Was ist denn passiert?«
    »Ach nichts«, versuchte Liselotte auszuweichen.
    Anna ließ nicht locker. »Aber ja doch! Ich sehe es Ihnen an der Nasenspitze an. Sie sind ausgerissen aus Ihrer Filiale, nicht wahr?«
    »Ich bin nicht ausgerissen!« widersprach Liselotte. »Überhaupt nicht! Ich wollte nur...«
    »Wie heißt der Mann?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ach, mir brauchen Sie doch nichts vorzumachen, Liselotte... hat auch gar keinen Zweck, ich kann ja noch zwei und zwei zusammenzählen! Also, wie heißt er?«
    »Till Torsten!« Liselotte seufzte tief und schwer.
    »Und er hat Sie betrogen?“
    »Viel schlimmer!«
    »Was Schlimmeres kann ich mir nicht vorstellen. Oder ist er vielleicht verheiratet?«
    »Verlobt«, bekannte Liselotte.
    »Wenn schon! Dadurch würde ich mich nicht abschrecken lassen.«
    »Habe ich ja auch nicht. Im Gegenteil, das ist es ja eben.«
    »Wie?«
    »Ich habe ihm gesagt, das heißt, ich habe ihm geschrieben, wie sehr er mir gefiel und daß ich ihn heiraten möchte! Aber da wußte ich natürlich noch nicht, daß er derjenige war, an den ich den Brief geschrieben habe, verstehen Sie?«
    »Kein Wort!«
    »Er macht sich überhaupt nichts aus mir, und ich bin ihm nachgelaufen, ich dumme Gans! Dabei hätte ich wissen müssen, daß er sich nichts aus mir macht, das hat er mir ja ganz deutlich gesagt. Und er weiß, daß ich...« Liselotte stockte und biß sich wütend auf die Unterlippe.
    »Daß Sie ihn lieben?« forschte Anna.
    »Ja! Daß ich ihn liebte, das heißt, daß ich mir eingebildet habe, ihn zu lieben. Aber jetzt weiß ich, daß er ein gräßliches altes Ekel ist, und ich mache mir überhaupt nichts mehr aus ihm. Überhaupt nichts!«
    »Warum sind Sie dann fortgelaufen? Dann erledigt sich die ganze Geschichte doch von selber!«
    »Weil ich ihn nicht mehr sehen will! Nie mehr, nie!« Liselotte war den Tränen nahe und stampfte wütend mit dem Fuß auf den Boden.
    »Sie wissen doch gar nicht...«
    »Doch, ich weiß! Ich weiß genau, was er von mir denkt, was er von mir denken muß. Er muß mich ja für eine dumme he-ratswütige Person halten! Ich habe mich bis auf die Knochen blamiert. Bis auf die Knochen!« Und jetzt konnte Liselotte ihre Tränen nicht länger zurückhalten, sie begann heftig zu schluchzen.
    »Wissen Sie«, erklärte Anna, die angestrengt nachgedacht hatte, »ich

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