Mit einer Prise Glück und Liebe
Richtige. Ich dachte, er fühlt sich besser, wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe, aber vielleicht habe ich dadurch alles nur noch schlimmer gemacht. Ich bin so müde und erschöpft, und er will immer noch nicht mit mir reden und …« Sie bricht ab und beginnt laut zu weinen.
Ich kann nichts anderes tun, als leise und beruhigend auf sie einzureden. »Wein dich aus, Schatz, lass einfach alles raus. Ich bin da.«
Jonah nimmt meine Hand und führt mich auf die Veranda. Er drückt mich auf einen Stuhl und bringt mir ein Glas Wein und einen Teller mit Käse, den er auf dem Tisch neben mir abstellt. Das Licht ist immer noch wunderschön. In langen Streifen fällt es auf den Rasen, fast wie flüssiges Gold, doch ich habe keinen Sinn für jede Art von Schönheit, solange meine Tochter so untröstlich ist. »Ist Lily schon da?«, frage ich, als ihr Schluchzen allmählich verebbt.
»Sie ist auf dem Weg vom Flughafen hierher.«
»Immerhin. Tu mir einen Gefallen, Schatz.«
»Ja?«
»Lass dir von ihr helfen. Sie soll sich um alles kümmern – das kann sie gut, also lass sie machen. Versuch, für ein paar Tage nicht die Last der Welt auf deinen Schultern zu tragen, sondern ruh dich aus.«
»Was ist, wenn er es noch mal probiert, Mom?«
Mir liegt auf der Zunge, dass sie ihn nicht daran wird hindern können, wenn er es wirklich tun will. »Du musst stark bleiben, Sofia. Für das Baby«, sage ich stattdessen sanft. »Du schadest nur allen Beteiligten, wenn du dich an den Rand der Erschöpfung bringst. Du musst aber stark sein. Auch für Oscar. Hast du etwas gegessen?«
»Ja. Eine der Schwestern hat mir vorhin ein Sandwich gebracht.« Sie lacht leise. »Mein Appetit scheint unter alldem jedenfalls nicht zu leiden.«
Ihr kurzes, wehmütiges Lachen beruhigt mich ein wenig. »Gut. Ich will, dass du Lily das Ruder übernehmen lässt, wenn sie kommt. Und du legst dich hin, abgemacht?«
»Ich versuche es. Sagst du es Katie?«
Mit einem Mal ist mein Herz tonnenschwer. »Ich weiß es noch nicht.« Ich denke an ihre hübsche neue Frisur, ihre leuchtenden Augen, ihre typische Teenager-Übellaunigkeit. »Es geht ihr sehr gut. Sie entwickelt sich prächtig, und ich will diese Entwicklung nicht durch schlechte Nachrichten gefährden.«
»Sie hat schon genug Schlimmes in ihrem Leben durchgemacht, meinst du nicht auch? Wenn er …« Sie bringt das Wort kaum über die Lippen. »Wenn er stirbt, ist das eine Sache. Lassen wir sie für den Moment einfach nur in Ruhe.«
»Du hast Recht.«
»Okay, ich lege mich jetzt hin. Ich rufe dich morgen wieder an und sage dir, wie es läuft.«
»Ich liebe dich, Sofia. Du schlägst dich wirklich sehr tapfer.«
»Danke, Mom. Ich liebe dich auch.«
Ich lege auf, gerade als die Sonne hinter den Bergen versinkt und die Veranda und den Garten in graues Dämmerlicht taucht. Auf einen Schlag ist die Leuchtkraft der Blumen verblasst, als hätte jemand ihr inneres Licht abgedreht.
Ich denke an Oscar bei seiner und Sofias Hochzeit, als er lachend seiner Braut zuprostete; die beiden, so jung und gesund und strahlend. Ich denke an seinen glatten Hals, an seine gebräunte Haut, an den Blick, mit dem er meine Tochter ansah, mit dieser unerschütterlichen, aufrichtigen Liebe und dem tiefen Bedürfnis, sie zu beschützen. Dieser Blick, der mir sagte, dass ich sie ihm anvertrauen kann.
Der Kummer bricht mir das Herz. Meine Lunge fühlt sich an, als würden sie zerquetscht werden, so dass ich kaum noch Luft bekomme. Ich höre Jonahs leise Schritte auf der Veranda. »Ist alles in Ordnung?«
Ich schüttle den Kopf und bemühe mich verzweifelt, nicht zusammenzubrechen, aber ich kann an nichts anderes denken als an Katie, an Sofia und das Baby in ihrem Bauch. Und an Oscar, dessen Verzweiflung so groß sein muss, dass er sie alle im Stich lassen würde.
Ich greife nach Jonahs Hand und presse seine Fingerknöchel gegen meine Stirn. Tränen strömen mir übers Gesicht – lautlose Tränen, doch ich spüre, wie meine Schultern beben. Er geht vor mir auf die Knie und streichelt meinen Rücken. Irgendwo im Garten zwitschern Spatzen in einem aufgeregten Dialog – es hilft mir, mich ein wenig zu fangen. Jonah reicht mir ein Taschentuch, mit dem ich mir Nase und Augen trocken tupfe. Ich hebe den Kopf. »Wo sind denn diese Vögel?«
Er deutet auf einen kegelförmigen Wacholderstrauch. »Das ist der Spatzen-Wohnblock. Da drin leben bestimmt vierzig von ihnen. Sie mögen die Beeren so gern.«
»Nicht schlecht, so ein
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