Mit einer Prise Glück und Liebe
es in den Schweizer Alpen groß geworden und hätte sich von guter, gesunder Milch und Honig ernährt. Sofia mit ihrem herrlich olivfarbenen Teint und den großen blauen Augen war die Erste in der Riege meiner Verkäuferinnen.
Ich wünschte, sie würde endlich anrufen. Was tut sie wohl gerade? In Deutschland muss es beinahe Abendessenszeit sein. Mittlerweile weiß sie bestimmt schon Genaueres über Oscars Zustand. »Lass uns nach oben gehen und frühstücken, ja?«
Katie steht mit in die Hüften gestemmten Händen da und lässt den Blick über die Gebäckstücke wandern, die auf der Arbeitsfläche für die Mitarbeiter bereitliegen: pains au chocolat im Miniaturformat, große, knusprige Croissants und eine Auswahl an Muffins. »Kriege ich eines von denen?«, fragt sie und zeigt auf ein Croissant.
»Natürlich. Ich werde ein paar Eier abkochen. Und vielleicht eine Handvoll Erdbeeren dazu, obwohl sie noch nicht ganz reif sind.«
Sie nimmt das Croissant, betrachtet es und legt es auf ihren Teller. Ich greife nach einem pain au chocolat und lege es dazu. »Das hier wirst du auch mögen. Hundertprozentig.«
Wir gehen nach oben, wo ich Katie ein Glas Milch einschenke und frischen Kaffee für mich aufsetze. »Ich will nur kurz die Mails checken und sehen, ob Sofia sich gemeldet hat.«
»Kann ich meine auch checken?«
»Klar.«
Während ich auf meinen Kaffee warte, öffne ich die E-Mails und scrolle durch die wenigen eingegangenen Nachrichten – eine Erinnerungsmail von meinem Zahnarzt, ein Lebenszeichen von einer alten Freundin aus Alabama.
Und eine Mail von Sofia. Ich überfliege sie, um zu sehen, ob es schlechte Nachrichten gibt, dann lese ich sie Katie laut vor.
»Hi, Mom« , lese ich, sorgsam darauf bedacht, so unbeschwert wie möglich zu klingen. »Entschuldige, dass ich nicht angerufen habe, aber im Moment gibt es nicht viel Neues. Wir sind immer noch in Deutschland – vielleicht werden wir in ein paar Tagen nach San Antonio ausgeflogen. Möglicherweise am Dienstag. Ich sitze jeden Tag an Oscars Bett und lese ihm vor. Vielleicht kann er mich hören, sagen sie, und schaden tut es auf keinen Fall. Wenn Katie mir eine Mail schickt, lese ich sie ihm gern vor. Sag ihr, dass er sich wacker hält, und wenn er erst einmal wieder bei Bewusstsein ist, wissen wir mehr. Die Amputation musste direkt oberhalb des Knies gemacht werden. Allerdings gibt es heute ausgezeichnete Prothesen, deshalb soll ich mir darüber keine Gedanken machen, sagen die Ärzte.
Was mich angeht – mir geht es gut, also mach dir keine Sorgen. Ich habe hier ein paar wunderbare Frauen um mich herum, und die Schwestern sind wahnsinnig nett. Ich habe ein hübsches kleines Zimmer und – das Essen ist erstklassig! Du wärst begeistert von all den Brotsorten, die es hier gibt.
Sag Katie, ich hoffe, sie lebt sich gut ein. Ich hab euch lieb. Kuss, Sofia.«
Katie hat währenddessen ihr Croissant in winzige Stücke zerpflückt, was sie jedoch erst zu merken scheint, als ich geendet habe. »Mist«, sagt sie und betrachtet trübselig die Reste.
»Nicht so schlimm. Geh runter und hol dir ein neues.«
»Sicher?«
»Ich bin der Boss, schon vergessen?«
Der Anflug eines Lächelns spielt um ihre Mundwinkel. »Tut mir leid. Manchmal zerfleddere ich Sachen, ohne dass ich es mitbekomme. Einmal sogar eine Karte, die mir meine beste Freundin zum Valentinstag geschenkt hat! Sie war stocksauer auf mich.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
Als sie nach unten geht, setze ich mich hin und tippe eilig eine Antwort.
Danke für deine Mail, Schatz. Du klingst sehr erschöpft, also sieh zu, dass du dich ausruhst. Wir kommen schon zurecht. Katie schickt dir später eine Mail.
Bitte versuch irgendwann mal Zeit zu finden, sie anzurufen. Sie macht sich große Sorgen, kann es aber nicht zum Ausdruck bringen.
Alles Liebe, Mom
Ich höre Katie die Treppe heraufkommen und drücke eilig auf »Senden«. Erst jetzt merke ich, dass Katie nicht allein ist. »Deine Mom ist da«, sagt sie. »Sie hat Donuts mitgebracht, aber ich hatte mir schon einen Muffin genommen. Ist das okay?« Sie hält den mit Himbeeren und Blaubeeren gefüllten Muffin mit Streuseln in die Höhe. »Er sah so lecker aus.«
»Ja.« Ich lächle. »Diese Sorte habe ich das erste Mal gebacken, als Sofia noch ein Teenager war. Sie brauchte etwas zum Frühstück, was schnell geht, und dafür ist er perfekt.«
Katie beißt hinein. Ihre Augen weiten sich. »Er schmeckt toll!«, sagt sie mit vollem Mund.
Lily kommt
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