Mit einer Prise Glück und Liebe
auftauchen und ganz normal mit mir reden. Nein, sie muss schäumend vor Wut hereinplatzen. Anders kann sie nicht mehr mit mir umgehen. Seufzend kratze ich mit einem Gummilöffel den letzten Rest des Starters aus einem Glas und gebe ihn in ein frisches. »Nicht dass dich das etwas anginge, aber – Nein.«
»Da habe ich aber etwas anderes gehört.«
Es ist nie hilfreich, wenn zwei Gallaghers zur selben Zeit wütend werden. Auf diese Weise können Kriege entstehen. Kriege, die so lange dauern wie … nun ja, der zwischen meiner Schwester und mir – schätzungsweise acht Jahre. Die Tatsache, dass ich dieses Haus geerbt habe, hat unsere schwelende Auseinandersetzung vollends eskalieren lassen. Sie war außer sich vor Wut darüber. »Mom hat Cat kürzlich hier gesehen und voreilige Schlüsse gezogen«, sage ich so ruhig wie möglich.
»Ich glaube dir kein Wort.« Sie kreuzt die Arme vor der Brust. »Ich habe dich vor einem Jahr an einem Abend im Sunbird gesehen.«
»Wie ich schon sagte, das geht dich nichts an. Aber abgesehen davon, welchen Unterschied macht das, Stephanie? Ganz ehrlich. Wir sind erwachsen.«
»Ist das ein Ja? Gott, ich fasse es nicht! Du würdest alles tun, nur damit du kriegst, was du haben willst.«
»Wie bitte?«
»Ach, tu doch nicht so, als würdest du ihn nicht benutzen. So wie du alle anderen Menschen um dich herum benutzt.«
»Das ist nicht wahr!« Mittlerweile habe ich Mühe, meine Wut im Zaum zu halten. »Cat ist mein Mentor. Der Mann, der auf meiner Seite stand, während ihr anderen zu meinem verlogenen, untreuen Mistkerl von Exmann gehalten habt.«
»Das war rein geschäftlich. Dane war ein verdammt guter Betriebsleiter, und wir konnten froh sein, dass wir ihn hatten. Er hat unsere Profite im Alleingang maximiert. Das weißt du ganz genau. Wir konnten ihn nicht einfach vor die Tür setzen. Außerdem wäre es völlig idiotisch gewesen.«
»Erstens hat er den Job bekommen, den Dad mir hätte geben müssen. Was du ganz genau weißt. Zweitens hat er unsere Gewinne nicht im Alleingang maximiert, sondern ich habe auch meinen Teil dazu beigetragen. Und drittens – hätte Dad ihn gefeuert, hätte ich nicht kündigen müssen, sondern die Position behalten können, die ich innehatte.«
»Es geht aber nicht immer nur um dich! Du glaubst, die Welt muss jedes Mal stehen bleiben, wenn dich irgendetwas zwickt, verdammt noch mal!«
»Tja, nur leider ging es hierbei um mich! Es war mein Mann, mein Job und mein Zerwürfnis mit der Familie.«
»Gott, Ramona, wann wirst du endlich erwachsen?«
»Sagt die Frau, die bis zum heutigen Tag für ihren Daddy arbeitet.«
»Ich arbeite nicht für ihn, wir sind Partner. So wie du es auch wärst, wenn du uns nicht den Rücken zugekehrt hättest.«
»Dad bezeichnet dich als seine Assistentin. Das ist etwas anderes als ein Partner.« Ich schüttle den Kopf und versuche an herrlich kühle Wasserfälle und leise Glöckchenklänge zu denken, wie es mir meine Therapeutin empfohlen hat. »Wieso müssen wir ständig denselben dämlichen Streit haben? Bist du heute Morgen aufgewacht und dachtest, du müsstest dringend vorbeikommen und einen Kübel schlechte Laune über mir auskippen, damit ich mich noch mieser fühle, als ich es ohnehin schon tue? Der Mann meiner Tochter liegt mit schwersten Verbrennungen und einem amputierten Bein in einem Krankenhaus am anderen Ende der Welt, und meine Tochter ist hochschwanger und ganz allein.«
Sie presst die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Ich hasse es, das Wort verbittert auszusprechen, aber genau das scheint sie in letzter Zeit geworden zu sein. Verbittert, verdrossen und knallhart. Ich frage mich, was mit ihr los ist. Was ist nur in ihrem Leben schiefgelaufen, dass sie so werden musste?
»Merkst du nicht, was du tust? Selbst Sofias und Oscars Tragödie dreht sich in Wahrheit nur um Ramona.«
Die Bemerkung schneidet sich wie ein Dolch durch mein Herz. »Der Punkt geht an dich, Steph. Treffer.« Ich stelle das Glas in die Geschirrspülmaschine. »Sonst noch etwas, was du mir unbedingt unter die Nase reiben musst? Vielleicht könnten wir ja noch darüber reden, wie ich in Beziehungsangelegenheiten versage.«
»Ach, hör schon auf!«
Merlin betritt die Küche, bleibt neben mir stehen und leckt mir die Hand. Dann setzt er sich hin und bellt Stephanie leise an. Die Geste ist so loyal und herzzerreißend, dass mir die Tränen kommen. Ich senke den Kopf. »Danke, Merlin.«
Auch Stephanies Wut scheint zu verrauchen.
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