Mit einer Prise Glück und Liebe
»Ich bin nicht hergekommen, um mich mit dir zu streiten. Es ist nur …« Sie schüttelt den Kopf. »Für mich sieht es eben immer so aus, als würdest du nur an dich denken. Ist dir nicht klar, wie schlimm es für Mom und Dad war, als sie erfahren haben, dass du mit Cat Spinuzzi zusammen bist?«
Ich schließe die Augen und stoße einen Seufzer aus. Doch erstaunlicherweise scheint mir Merlins Anwesenheit zu helfen, mich wieder zu fangen. »Es ist vorbei. Schon lange. Und ich hatte es auch nicht geplant, sondern es ist einfach passiert. Hast du dich noch nie von irgendetwas einfach mitreißen lassen? Noch nie?«
»Nein.« Sie sieht mir in die Augen, und wir beide wissen, was sie denkt. Genau das hat dein Leben ruiniert, und ich werde nicht zulassen, dass mir dasselbe passiert.
Ich würde ihr so gern sagen, dass sie mir fehlt. Nicht dieses moralinsaure Miststück mit all seinen Vorurteilen, sondern ihre andere Seite. Die Frau, die mich dazu bringt, dass ich mich vor Lachen am Boden wälze. Die Frau, die mir sagt, dass meine Bluse potthässlich ist und ich sie auf der Stelle ausziehen soll. Die Frau, die eine Million Meilen mit mir durch die Gegend gelatscht ist, als wir noch Kinder waren, und dabei Tausende verrückte Geschichten mit mir ersonnen hat.
»Ich will mich auch nicht mit dir streiten«, sage ich. »Wenn du dich mit mir auf die Veranda setzt und ein Croissant isst, rede ich gern mit dir. Aber nicht, wenn wir uns nur in der Wolle haben.«
Einen Moment lang starrt sie auf die stählerne Arbeitsfläche, und ich habe das Gefühl, dass sie einlenken wird. Doch dann macht sie wortlos kehrt und stapft hinaus.
Keine Möglichkeit, an sie heranzukommen. Nach wie vor nicht.
Und ich fühle mich wieder einmal wie die größte Versagerin auf der ganzen Welt, wie ein von Würmern durchlöcherter Apfel. In der Vergangenheit habe ich mehr als einmal enge Bekanntschaft mit diesem Gefühl gemacht, doch seit ich aus der Firma ausgestiegen bin und meine eigene Bäckerei eröffnet habe, kommt es nicht mehr ganz so häufig vor, auch wenn ich mich nach wie vor im Dunstkreis meiner Familie befinde.
Sofia fehlt mir. Ich vermisse ihre Gegenwart, ihre Sicht auf die Welt, ihr Gesicht.
Vorläufig kann ich nichts anderes tun, als weiterhin zu backen, aber Merlin darf sich nicht in der Backstube aufhalten, deshalb packe ich ein paar Utensilien zusammen, rufe ihn und gehe nach oben. Mehl, Hefe, Wasser und Salz – die immer gleichbleibenden Zutaten für Brot.
»Was tust du da?«, fragt Katie und kommt aus dem Wohnzimmer. Ihr Finger klemmt zwischen den Seiten eines Buches, und sie hat ganz kleine Augen von ihren Lesemarathons. Die Liebe zu Büchern ist eine Gemeinsamkeit zwischen uns, und ich habe ihr erlaubt, so oft in die Bibliothek zu gehen, wie sie will. Im Gegensatz zu den im Augenblick so beliebten Romanen über Vampire und Werwölfe liest sie lieber romantische Geschichten aus romantischeren Zeiten wie Anne auf Green Gables und die historischen Romane aus den Siebzigern – höchstwahrscheinlich hat sie im wahren Leben schon mehr als genug Blutsauger und Männer, die sich in sabbernde Tiere verwandeln, gesehen.
»Ich glaube, ich werde Kekse backen«, sage ich. »Hast du Lust, mir zu helfen?«
»Ja! Ich liebe Kekse.«
»Tja, mal sehen, was wir hier haben. Schokochips, Haferflocken, Karamell.«
»Können wir nicht alles zusammenmischen?«
»Klar.« Ein herzhaftes Lachen bricht durch den Panzer des Selbstmitleids und vertreibt es.
Endlich hat die Touristensaison begonnen. Familien mit ihren Wohnmobilen, Limousinen und Mietwagen strömen in Massen in die Stadt. Die Motels sind ausgebucht, die Straßen überfüllt. In der vergangenen Woche haben wir täglich nahezu unser gesamtes Sortiment verkauft, und auch wenn ich jeden Tag noch mehr backen lasse, gehen uns pausenlos die Muffins aus. Meine beiden Lehrlinge schieben Überstunden, und Jimmy hat angeboten, auch samstagnachts zu kommen, damit wir sonntags öffnen können. Ich werde die Schicht im Verkauf selbst übernehmen, um den Lohn zu sparen, und Katie hilft mir als Springerin. Sie ist schon ganz aufgeregt deswegen. Meine Mutter hat ihr von einer exotischen Dahlie erzählt, die sie nächsten Monat bei der Blumenausstellung kaufen will, wo die beiden hingehen.
Inzwischen wurde Oscar nach San Antonio ausgeflogen. Es beruhigt mich, zu wissen, dass Sofia lediglich zwei oder drei Flugstunden von mir entfernt ist. Nach der Landung hat sie sofort angerufen und mit mir und mit
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