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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gislindis’ Züge. »Grämt Euch deswegen nicht. Ich habe Ehrlichkeit immer für erträglicher gehalten als Heuchelei.«
    »Wohl wahr. Aber dennoch muss ich wissen, warum van Doorne sich in der Stadt aufgehalten hat.«
    »Nachdem Euer Vater ihn verbannt hat? Ich verstehe. Ich werde meine Ohren danach ausrichten.« Und dann ergriff sie Alyss’ Hand und senkte ihren Blick auf die Linien darin. Alyss wusste inzwischen, dass sie nicht wirklich das Schicksal daraus las, sondern diese Geste nutzte, um sich auf das zu konzentrieren, was an Bruchstücken von Erinnerungen, von Bildern und zufällig gehörten Worten sich zu der gestellten Frage dabei als Antwort formte.
    »Es ist Herbst, die Vögel sammeln sich, um nach Süden zu fliegen. Von Norden kommen sie den Rhein hinunter. Ein Falke begleitet sie und sucht seinen Horst. Ein struppiger Diener ist bereits eingetroffen. Bald ist Messezeit.«
    Sie hob den Kopf, Alyss biss sich auf die Lippe.
    »Johns Diener.«
    »Ist er das?«
    »Ich glaube schon. Wo habt Ihr ihn gesehen?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendwo. Ich achte jetzt auf ihn.«
    »Danke. Und, Gislindis – auch ich stehe zu dem Wort meines Vaters. Wann immer Ihr eine Bitte habt, werde ich sie erfüllen.«
    »Da seien Gott und alle Heiligen vor, wohledle Frau.«
    »Dennoch. Und nun muss ich weiter, es ist noch so viel zu erledigen. Sollte ich Neuigkeiten hören, sende ich Nachricht.«
    »Ihr seid gut zu mir, wohledle Frau.«
    »Ich war auch schon mal Alyss für Euch.«
    »Das schickt sich nicht.«
    Alyss sah Gislindis an, wie sie so mit hängenden Schultern und traurigen Augen vor ihr stand. Sie machte einen Schritt auf sie zu und zog sie in ihre Arme.
    »Es schickt sich für Freundinnen«, sagte sie sanft. Dann ließ sie sie wieder los und verließ das Häuschen.
    Marian hatte die Haushälterin des Notarius mit borstig völlig richtig beschrieben, fand Alyss kurz darauf. Etliche graue Haare sprossen an deren wuchtigem Kinn, aber wenn ihre Stimme auch rau klang, schien sie doch ein verantwortungsvolles Weib zu sein. Das Haus war sauber und aufgeräumt, gelüftet worden war auch, und in einer Kohlenpfanne verströmten aromatische Kräuter einen leichten Duft. Das rotbraune Kätzchen des Magisters lag auf dem Kopfkissen des Patienten und beendete das Pfotenlecken, als sie eintrat.
    »Frau Alyss, verzeiht, wenn ich liegen bleibe.«
    »Ich würde Euch nicht verzeihen, wenn Ihr aufstehen würdet, Magister Jakob. Wie geht es Euch?«
    Es sah eingefallen aus, und seine Haut wirkte wie altes Pergament. Seine Lippen waren rissig vor Trockenheit. Ohne lange zu fragen, trat Alyss vor und schob den Arm unter das Kopfkissen, um ihm zu helfen, in eine aufrechtere Position zu kommen. Dann nahm sie den Becher mit Traubensaft, der auf dem Bettkasten stand, um ihn an seinen Mund zu halten. Dankbar nahm er ein paar Schlucke.
    »›Die beste Regel heißt Diät,
    die in der Ärzte Bücher steht.‹
    Das wusste schon der kluge Freigedank.«
    Mit diesen Worten wollte Alyss den Patienten aufmuntern, doch der stöhnte nur: »Es ist grässlich.«
    »Ihr braucht Pflege. Ich werde Lore und Lauryn zu Euch schicken. Lauryn ist geschickt mit Kranken, und Lore wird Euch aufheitern.«
    »Lasst die Jungfern, wo sie sind. Mit mir geht es doch zu Ende.«
    »Magister Jakob, das verbiete ich Euch strengstens. Ihr seid nicht befugt zu sterben!«
    War da ein winziges Zucken um seine Augen?
    »Bin befugt zu tun, was ich will.«
    »Aber ganz und gar nicht. Wir haben eine Vereinbarung, Notarius, auch wenn die Umstände Eure kostspielige Beratung nun unnötig machen.«
    Magister Jakob zwinkerte noch einmal.
    »Ah, die Frage der Eheauflösung. Warum ist mein kostenloser Rat in dieser Frage obsolet geworden? Hat Arndt van Doorne gelobt, seinen Lebenswandel zu bessern?«
    »In gewisser Weise. Er hat mich zur Witwe gemacht.«
    Der Notarius fuhr so heftig auf, dass das Kätzchen empört miauend das Lager verließ.
    »Wie das?«
    Alyss zog den Sessel an den Alkoven und berichtete.
    »Dammich«, kommentierte der Magister ihren Bericht und schwieg nachdenklich mit geschlossenen Augen. Dann hob er die Lider wieder, und sie erkannte das alte Funkeln in seinen Augen.
    »Ich kann zwar in meinem bedauerlichen Zustand nicht selbst zum Turm gehen, um bei den Befragungen dabei zu sein, aber ich kann dafür sorgen, dass ich eine Abschrift der Protokolle erhalte. Sie werden hilfreich für Euch sein. Und ich werde Euch meinen kostspieligen Rat dazu aufdrängen, Frau

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