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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verstorbenen Gemahl.
    Sie musste sich um seine Beerdigung kümmern. Das war sie ihm schuldig. Was sie wieder zu Pater Henricus brachte.
    Und für Magister Jakob sorgen.
    Und sie musste mit Gislindis sprechen.
    Das zuerst. Die Lebenden gingen vor, die Toten konnten warten.
    Alyss legte nach dem Morgenmahl die Aufsicht über das Hauswesen in Lauryns Hand. Das Mädchen sah sie mit einer Mischung aus Entsetzen und Stolz an.
    »Für ein paar Stunden nur. Bis zur Sext werde ich zurück sein. Ihr anderen habt zu respektieren, was Lauryn anweist. Haben wir uns verstanden?«
    »Ja, Frau Alyss.«
    Zum Glück ist ihr Bruder Frieder noch nicht von seiner Reise zurück. Sonst hätte es ganz sicher kleine Machtkämpfe gegeben, dachte Alyss und machte sich auf den Weg zur Burgmauer, wo Gislindis mit ihrem Vater wohnte.
    Die Tochter des Messerschleifers öffnete ihr. Auch sie sah übernächtigt und erschöpft aus.
    »Wohledle Frau, bringt Ihr Nachrichten? Oh, verzeiht, ich bin außer mir vor Sorge.«
    »Dann bittet mich herein, Gislindis, damit wir unsere Sorgen teilen können. Nein, ich habe keine Nachrichten, aber mein Bruder wird sicher bald welche bringen.«
    Das Häuschen war reinlich und aufgeräumt, auf der langen Werkbank vor dem Kamin lagen die Werkzeuge, die Mats benötigte, um Messer zu reparieren, Hefte zu schnitzen und feine Klingen zu schleifen. Es stand auch ein Kasten mit Schreibzeug dort. Ein Buch mit marmoriertem Einband lag daneben, in dem, wie Alyss wusste, Gislindis ihre Schreibübungen vornahm.
    »Nehmt Platz, wohledle Frau«, sagte Gislindis und wies auf den Stuhl neben dem Kamin. Sie selbst zog sich einen Hocker heran.
    »Ich suche nach Antworten, und diesmal, fürchte ich, werdet Ihr sie mir nicht aus der Hand lesen können.«
    »Nein, meine Gabe versagt, wenn es um meine eigenen Sorgen geht. Doch fragt allemal.«
    Alyss nickte. »Mats war benommen, Gislindis, er muss große Mengen Bier getrunken haben. Zumindest roch er so. Wo hat er sich vorgestern Abend hinbegeben?«
    »Mats trinkt wohl mal einen Becher Bier, Frau Alyss, doch nie so viel, dass er trunken wird.«
    »Das glaube ich gerne, er scheint mir besonnen genug. Dennoch – es gibt Anlässe, da mag ein Mann seine Zucht vergessen. Drückten ihn Sorgen?«
    »Nein, keine einzige. Er war heiteren Sinnes, denn die Geschäfte laufen gut in letzter Zeit. Und daran seid Ihr und die Euren nicht ganz unschuldig. Vornehme Häuser lassen sich von ihm die Messer schleifen, und wir haben einen guten Vorrat für den Winter erwirtschaftet. Nein, Sorgen haben wir nicht.«
    »Dann mag Freude der Grund für den Trunk gewesen sein?«
    Gislindis schüttelte den Kopf.
    »So ist er nicht. Nein. Er trinkt, wenn ihm ein Bier schmeckt.«
    »Und wessen mundet ihm am besten?«
    »Dann und wann sucht er den Adler auf. Ihr kennt das Gasthaus.«
    »Natürlich. Das Bier der Adlerwirtin ist berühmt. Wollte er vorgestern dorthin?«
    »Ich weiß es nicht, wohledle Frau. Wenn ich es nur wüsste. Ich war am Abend bei einer Freundin, und als ich nach dem Kompletläuten nach Hause kam, war er nicht hier. Es kümmerte mich, aber ich traute mich in der Dunkelheit nicht mehr nach draußen.«
    »Das war klug von Euch.«
    »Aber die Nacht wachte ich und hütete das Licht am Fenster. Am Morgen ging ich zum Gasthaus, doch die Adlerwirtin war zur Geburt eines Enkelkindes gegangen, die Schankmägde konnten sich an Mats nicht erinnern, und der Wirt war den Abend zuvor noch in der Schmiede gewesen, weil er einen eiligen Auftrag auszuführen hatte.« Sie seufzte. »Mit großer Sorge ging ich zum Turm am Eigelstein und fragte einen Wachmann nach Mats Schlyffers. Und als ich bat, ihn aufsuchen zu dürfen, wies man mich barsch ab.« Wieder seufzte sie. »Ich hätte im Turm entschiedener auftreten sollen, aber ich war ängstlich und sagte nicht, dass Mats mein Vater ist.«
    »Was hätte es genutzt, Gislindis? Schlimmstenfalls hätte man Euch auch noch dort behalten und als Mats’ Komplizin beschuldigt.«
    »Ja, so sagte Euer Bruder auch.«
    »Dessen Hilfe Ihr nicht annehmen wollt.«
    »Nein, wohledle Frau. Ich kann nicht immer die Hilfe der Euren annehmen. Es ist schon genug, dass wir über Eure Empfehlung gute Aufträge bekommen.«
    »Nun, das ist eine andere Sache, über die ich beizeiten mit Euch sprechen möchte. Jetzt aber meine Bitte. Ihr habt gehört, wer der Mann ist, der ermordet wurde.«
    »Ja, und es liegt kein Bedauern in Eurer Stimme.« Ein Hauch von einem Lächeln huschte über

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