Mit falschem Stolz
eine grässliche Bettflüchtige«, murrte der Apotheker und schob den Vorhang zur Seite, der die Offizin vom Verkaufsbereich trennte. Trine werkelte am Kamin, doch nicht die schwefligen Dünste bitterer Arzneien füllten den Raum, sondern der Duft von süßen Eierkuchen. Ein goldlockiger Junge hing an ihrem Gewandzipfel und hatte ein rot verschmiertes Mäulchen. Als er Marian erkannte, zupfte er heftiger an dem Stoffzipfel und gestikulierte eifrig mit seinen kleinen Fingern.
»Marian!« krähte er dabei. Trine, taubstumm, doch höchst aufmerksam, wandte sich um und lächelte Marian strahlend an. Sie wies auf den Tisch und die Pfannkuchen.
»Er wird uns die Haare vom Kopf fressen, wenn du so freigebig bist«, gab Jan seinem Weib zu verstehen, woraufhin sie ihren langen honigblonden Zopf unter dem Tuch hervorzog, das ihre Haare bedeckte, und ihn Marian vor das Gesicht hielt. Quietschend vor Freude tanzte der Kleine um ihn herum, als er so tat, als würde er einen großen Happen daraus abbeißen.
»Bei dir ist ja nichts mehr zu holen, Jan. Du bist der Alptraum eines jeden Haarscherers.«
»Na, wenigstens habe ich noch einen gesunden Bartwuchs. Dir sollte ich mal eines unserer Mittelchen zum Einreiben der Wangen verabreichen, damit aus dem Flaum ein mannhafter Bart wird.«
»Ich entzücke lieber durch meine Haarpracht«, sagte Marian und fuhr sich eitel mit der Hand durch die Locken. Trine kicherte und zupfte daran. Dann stupste sie ihn mit einem Finger auf die Nase und gestikulierte: »Du hast andere Sorgen, die dich hertreiben.«
Er verstand die Fingersprache recht gut, aber er überließ es Jan, ihr zu übersetzen, weshalb sie ihm in den Turm am Eigelstein folgen möge.
»Aber natürlich. Mats ist ein guter Kerl, er sorgt auch für unsere Instrumente. Aber erst essen wir die Eierkuchen«, befahl Jan und setzte sich an den Tisch, auf dem sich Pergamente, Tiegel und Mörser ein buntes Stelldichein gaben.
Freundlich war der Turmvogt ihnen nicht gesinnt, als Marian noch einmal begehrte, Mats Schlyffers zu sehen.
»Ihr solltet damit warten, bis er befragt worden ist. Es wird morgen einer der Schöffen hier sein und über das weitere Verfahren bestimmen.«
»Ich habe Euch gestern schon gesagt, dass Mats nicht sprechen kann.«
»Was wollt Ihr denn dann hier?«
»Frau Trine hat Arzneien für ihn, Turmvogt. Der Mann ist krank. Wollt Ihr, dass er Euch im Turm stirbt?«
Der Turmvogt schien die Folgen zu überdenken und kam offensichtlich zu dem Schluss, dass sie ihm in einem solchen Fall nicht zu Ruhm und Ehre gereichen wür den. Ein missmutiger Wachmann begleitete Marian und Trine nach oben. In der Tollkammer lag heute ein weiterer Mann, der mit Knurren und Grunzen an den starken Bändern zerrte, mit denen man ihn an das Bett gebunden hatte.
»Ein richtiger Toller« gab Trine Marian zu verstehen. »Kenn ihn. Er wird gewalttätig.«
Dann ging sie auf Mats zu. Der Messerschleifer lag apathisch auf einem Strohsack und schien sie nicht zu erkennen. Trine beugte sich über ihn und schnüffelte. Nicht nur an seinem Mund und seiner Nase, sondern auch an seinen Kleidern.
»Was ist mit der Arznei?«, herrschte der Wachmann sie an. Marian zog an Trines Beutel am Gürtel. Sie verstand und holte einige runde Kügelchen hervor. Da Marian die Kunst des Pillendrehens bei ihr gelernt hatte, und das an einer Honigmasse, ahnte er, dass sie Mats diese süßen Pastillen zwischen die Lippen schob. Zumindest erschien ein glückseliger Ausdruck auf seinem Gesicht, als er die Leckerei kostete.
»Es hilft, dem heiligen Vitus sei Dank«, sagte Marian salbungsvoll und nahm Trines Hand, um ihr aufstehen zu helfen.
Als sie wieder vor der Tür waren, zeigte Trines Gesicht einen besorgten Ausdruck. Aber bis zur Apotheke musste Marian sich noch gedulden, denn den Feinheiten ihrer Gestensprache konnte er nicht folgen. Jan aber kannte sich aus, und auch er machte eine ernste Miene.
»Bilsenkraut. Er riecht noch immer stark nach Bilsenkraut. Damit würzt man gelegentlich die Grut für das Bier. Aber bei ihm ist der Geruch so stark, dass es daher alleine nicht kommen kann.«
»Will also heißen, dass ihm jemand Bilsenkraut in anderer Form verabreicht hat?«
»Es sieht so aus. Und zwar in nicht unbeträchtlicher Menge. Das erklärt auch seine Benommenheit. Sie kann noch Tage anhalten.«
»Also muss ich wohl herausfinden, in welchen Tavernen oder Schenken Mats sich aufgehalten hat.«
»Dann tu das, Marian«, meinte Trine und drückte ihm
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