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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wenngleich ihre Miene eher säuerlich wirkte. Die beiden Pelzhändler trugen, ihrem Stand entsprechend, Jacken, die mit allerfeinsten Fellen versehen waren.
    »Alyss, bist du gewachsen, seit ich dich das letzte Mal sah«, meinte Fredegar mit einem kleinen Zwinkern, als sie ihm die Hand reichte.
    »An meinen Nöten und Sorgen, ja.«
    »Verzeih, ich habe unbedacht gesprochen. Du hast einen schmerz…«
    »Nein, nein, Herr Fredegar. Bitte, erspart mir Beileidsbekundungen. Ihr habt Eure Geschäfte in der Stadt zu erledigen? Oder ist es der Ruf Eures Lehnsherrn, der Euch nach Köln führt?«
    »Geschäfte und der Besuch bei Freunden.«
    »Natürlich. Der würdige Abt Lodewig führt noch immer eine gute Tafel.«
    »Fürwahr, und das Bier, das die Mönche brauen, kommt fast dem der Adlerwirtin gleich.«
    »Was Ihr zum Vergleich probiert habt.«
    »Und mir einiges an harschen Bürstenstrichen eingehandelt habe. Frau Franziska mag zwar einen grauen Zopf bekommen haben, aber ihre Krallen weiß sie noch immer zu gebrauchen.«
    Auch mit der Wirtsfrau verband Fredegar, ebenso wie mit Bader Pitter und Abt Lodewig, eine bewegte Vergangenheit, die sie über alle Standesunterschiede zu Freunden gemacht hatte.
    Nun aber galt es, ihren Begleiter vorzustellen. John hatte ruhig und gelassen neben ihr gestanden, doch sie bemerkte die feine Anspannung, das aufmerksame Beobachten unter seinen verhangenen Augen.
    »Herr Fredegar, dies ist Master John of Lynne, ein Tuchhändler aus London, der meinem Schwager Robert van Doorne ein guter Freund war. John, der Ritter von Sech tem hat einst meiner Mutter das Leben gerettet und ist seit vielen Jahren ein Vertrauter unserer Familie.«
    »Sir Fredegar!«
    »Master John of Lynne!« Überraschung zeigte sich in Johns Gesicht, als Fredegar in englischer Sprache fortfuhr: »Vor einigen Jahren weilte ich einige Monate an dem Hof Eures Königs. Nicht ganz unvertraut ist mir Eure Zunge.«
    »Ihr beherrscht sie gut. Doch wollen wir die hiesige pflegen, damit man uns nicht des Austausches ungeziemlicher Geheimnisse zeiht.«
    »Aus welchem Teil des Landes stammt Ihr, Master John of Lynne? King’s Lynn ist ein kleiner, aber nicht unbedeutender Hafen im Osten, nicht wahr?«
    »Ein Städtchen, in dessen Nähe ich aufgewachsen bin, Sir Fredegar. Man treibt dort Handel mit den Nordmännern.«
    »Und viele der Bewohner dieser Gegend stammen ebenfalls von den Nordleuten ab, habe ich mir sagen lassen. Ich begegnete einst dem Lord Thomas of Norwich bei Hofe. Ein Mann Euresgleichen, stattlich und blond und von hartem Stolz.«
    Alyss hielt die Luft an. Was wusste Fredegar? Was würde John tun? – Der Lord of Norwich war sein Vater, der ihn verstoßen hatte.
    »Ja, von hartem Stolz«, entgegnete der lediglich nüchtern.
    »Ihr kennt ihn?«
    »Ja.«
    Fredegar nickte und wechselte das Thema. Er sprach von den Turnieren in London, in denen er gefochten hatte, und John erwähnte die Falkenjagd. Daraufhin gesellten sich Ritter Arbo und Frieder zu ihnen, und Alyss verließ die leidenschaftlich disputierende Gruppe, um Hedwigis’ Eltern zu begrüßen.
    »Ich finde es nicht sittsam von dir, Alyss, dich hier in deinem ganzen Putz zu zeigen«, rügte Wiltrud sie sogleich mit schriller Stimme. »Du bist eben erst Witwe geworden und solltest gebührend um deinen Gatten trauern.«
    »Meine Tochter hat in ihrer Ehe genügend Kummer und Leid erfahren, Wiltrud«, fuhr Frau Almut dazwischen und schob Meister Peters Weib resolut der Beginenmeisterin in die Fänge.
    Peter Bertolf, der Baumeister, hingegen legte Alyss die Hand auf den Arm. »Er war dir kein guter Gatte. Du siehst hübsch aus, Alyss.«
    »Danke, Meister Peter. Wann werdet Ihr Dombaumeister?«
    Es war ein altes Spiel zwischen ihnen beiden, dem es nicht an einem Körnchen Wahrheit fehlte. Meister Peter war ehrgeizig, und für den Dom zu arbeiten war das höchste Ziel eines jeden Baumeisters.
    »Wird nicht mehr lange dauern. Aber erst müssen die Arbeiten am Bayenturm fertiggestellt werden.«
    Sie tat so, als hörte sie aufmerksam zu, denn wenn ihr Onkel erst einmal von seinen Gewerken zu sprechen begann, fand er so leicht kein Ende. Zum Glück nickten ihr die Brouwers grüßend zu, und Wynand gesellte sich sogleich an Hedwigis’ Seite.
    Meister Peters Redefluss versiegte abrupt, und er fragte mit einem kritischen Blick auf die Pelzhändler: »Was hast du da angezettelt, Alyss?«
    »Beschuldigt Ihr mich der Weberei, Meister Peter? Ich bin nicht gut darin, ich verzettele

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