Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Außerdem war das Verhalten des Pfarrers vollkommen nachvollziehbar – abgesehen davon vielleicht, dass er aufgrund der vom Poltergeist angerichteten Verwüstungen große Unkosten haben musste … Fen stellte eine diesbezügliche Frage.
»Aber nein«, entgegnete der Pfarrer. »Aus unerklärlichem Grund zerbrechen die Gegenstände, mit denen der Poltergeist hantiert, nie. Die Kaffeetasse ist ein Beispiel dafür. Ich weiß, dass sie heil geblieben wäre, selbst wenn sie gegen eine Mauer geflogen wäre. Es gibt viele überlieferte Beispiele für dieselben Situationen in anderen Spukhäusern. Und mein Poltergeist hält sich auch insofern an die Traditionen, als dass er zwar ständig mit kleineren Gegenständen nach mir und Mrs. Flitch wirft, uns aber tatsächlich noch nie getroffen hat. Während der ersten Wochen fürchtete ich natürlich, dass etwas Derartiges passieren würde. Da es aber einfach nie vorkam, verflog meine Angst ziemlich schnell. Heute schenke ich diesen Zwischenfällen gar keine Beachtung mehr.«
»Und was tut er sonst noch«, fragte Fen schwach, »außer, dass er mit Sachen wirft?«
»Er zieht Schubladen heraus und wirft sie auf den Boden. Das ist reinster Vandalismus und manchmal ziemlich aufreibend. Manchmal klopft er auch – vermutlich an die Wände, obwohl es schwierig zu sagen ist. Oh, und manchmal macht er im Treppenhaus so ein blödes heulendes Geräusch, das, wie ich annehme, Angst erzeugen soll. Dabei ist es in Wahrheit nicht furchterregender als eine Fahrradklingel. Ich glaube, das ist alles – er hinterlässt nichts Schriftliches, und ich habe ganz bestimmt niemals irgendeine Erscheinung gesehen. Nachdem ich gerade erst eingezogen war, sprang ich dauernd im Haus umher, um endlich einen Blick auf ihn erhaschen zu können, aber es war vergeblich. Ich habe vor langer Zeit aufgehört, mir deswegen den Kopf zu zerbrechen.«
Fen zog ein Taschentuch hervor, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Aber in Anbetracht dieser Umstände«, bemerkte er, »muss es Ihnen sehr schwer gefallen sein, die Angelegenheit geheim zu halten.«
»Nun, es war nicht so schwierig, wie Sie vielleicht annehmen. Die Störungen beginnen meistens nicht vor zehn Uhr abends. Erscheinungen bei Tageslicht, so, wie Sie eine miterlebt haben, sind bis jetzt erst zweimal vorgekommen, und beide Male hat glücklicherweise kein Außenstehender etwas davon mitbekommen.«
»Und Ihre Nachtruhe – sie wird doch sicherlich oft gestört?«
Der Pfarrer runzelte die Stirn. »Zuerst«, gab er zu, »wurde sie sehr oft gestört. Es gelang mir jedoch schnell, das Ding zu zähmen.«
»Zu zähmen ?«
»Nun ja, es abzurichten, wenn Sie den Ausdruck bevorzugen. So, wie man eine Katze daran gewöhnt, sauber zu sein, oder einen Hund daran, bei Fuß zu gehen. Es ging ganz einfach, obwohl ich erst durch einen Zufall bemerkte, wie man es macht. Einmal versuchte ich, nach einem sehr anstrengenden Tag endlich einzuschlafen, als das Wesen um ein Uhr nachts unaufhörlich gegen die Wand klopfte. In meiner Verzweiflung setzte ich mich in meinem Bett auf und hämmerte sehr viel lauter zurück. Daraufhin war es so erstaunt, dass es sofort still wurde. Auf diese Weise antwortete ich ihm jedes Mal, wenn es zu unpassender Stunde einen Tumult veranstaltete. Nach und nach lernte es, dass es sich ungefähr ab Mitternacht ruhig zu verhalten hätte. Alles in allem hat es sich recht zuverlässig an diese Abmachung gehalten … Natürlich dachte ich über die eben schon angesprochene Methode nach, um es vollends zu vertreiben, aber so eine Maßnahme erschien mir, ehrlich gesagt, doch unnötig brutal. Das Ding hatte an seinen lächerlichen Umtrieben ganz offensichtlich große Freude. Niemand nahm dadurch ernstlichen Schaden, und da sich sein Zustand im Falle seiner Vertreibung möglicherweise verschlimmert hätte, fühlte ich, dass es für mich als christlichen Geistlichen eine Pflicht war, es in Ruhe zu lassen.«
Fen sagte:
»Nun ja, ich vermute, dass Sie die ganze Angelegenheit mit ein bisschen Glück unter Verschluss halten können. Und ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, wenn Sie es tun.«
»Für mich bedeutete es, dass ich niemals Übernachtungsgäste haben konnte«, sagte der Pfarrer, »und leider muss ich manches Mal äußerst ungastlich gewirkt haben. Aber wie ich schon sagte, alles in allem habe ich den Weg, den ich damals einschlug, nie bereut.«
»Und was ist mit Ihrer Haushälterin? Wie denkt sie darüber?«
Zum ersten Mal während
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