Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
und Abednego. Shadrach besaß einen hübschen Anzug, auf den er unglaublich stolz war. Meshach hatte ein tragbares Grammophon und Platten mit Tanzmusik, an denen er sehr hing. Abednego besaß ein großes Fass voller Bier, das jeden Monat nachgefüllt wurde und mit dem er sich gegen die vielfältigen Widrigkeiten des Lebens wappnete. Auf diese Weise lebten sie lange Zeit nebeneinander, wobei sich jeder nur wenig um den anderen kümmerte. Aber eines Tages ging Meshach im Wald bei Tangoklängen mit sich zu Rate, und zum ersten Mal entdeckte er das obszöne Vergnügen gerechter Empörung. Und als er diese Entdeckung gemacht hatte, ging er zu Abednego und berichtete ihm davon und sagte: ›Shadrach hat einen hübschen Anzug, und wir nicht. Es ist weder recht noch billig, dass Shadrach ein solches Privileg genießt.‹ So gingen sie zusammen zu Shadrach, überwältigten ihn und nahmen ihm seinen hübschen Anzug ab. Da es aber nur ein Anzug war und sie sich nicht einigen konnten, wer ihn nun tragen dürfe, verbrannten sie ihn. Also besaß niemand einen hübschen Anzug.
Ungefähr ein Jahr war verstrichen, als Abednego, dessen Empörung gerechter war als je zuvor, zu Shadrach ging und sagte: ›Meshach hat ein tragbares Grammophon und Platten mit Tanzmusik, und wir nicht. Es ist weder recht noch billig, dass Shadrach ein solches Privileg genießt.‹ Also gingen sie zusammen zu Meshach, überwältigten ihn und nahmen ihm sein tragbares Grammophon und seine Platten mit Tanzmusik ab. Weil es aber nur ein tragbares Grammophon war und sie sich nicht einigen konnten, wer es benutzen dürfe, warfen sie es in einen Teich. Also hatte niemand ein tragbares Grammophon.
Ungefähr ein Jahr verstrich, bis Meshach zu Shadrach ging und sagte: ›Abednego hat ein Bierfass, und wir nicht. Es ist weder recht noch billig, dass Abednego ein solches Privileg genießt.‹ Also gingen sie zusammen zu Abednego, überwältigten ihn und nahmen ihm sein Bierfass ab. Weil aber nicht genug Bier für beide darin war, gossen sie es in einen Fluss. So kam es, dass niemand etwas hatte, und sie wurden so aufgebracht gegeneinander, dass sie stritten, sich prügelten und leichte Beute für ein Rudel Füchse aus dem Osten wurden, die sich auf sie stürzten und sie in Stücke rissen.
Bei diesem erstaunlichen Märchen handelt es sich natürlich nur um eine vereinfachte Beschreibung dessen, was im Moment in unserem Land vor sich geht. Dennoch gibt es die zugrunde liegenden Fakten wieder. Meine Wölfe wünschten, dass am Ende genug Grammophone, Bier und Kleider für alle vorhanden wären. Doch sie hassten einander so sehr, dass sich ihr Plan unmöglich in die Tat umsetzen ließ, und mein vernünftiges Urteil lautet, dass sie verdienten, was sie bekommen haben.
Ich hatte vor, ausgiebig über die Auswirkungen zu sprechen, die schleichender Neid und Hass, als gemeinnütziges Interesse an Politik verkleidet, auf unser Land haben. Jetzt muss ich jedoch feststellen, dass ich es satt habe, mir Ihre ziemlich dummen Gesichter anzusehen, deswegen werde ich es lassen. Zum Abschluss möchte ich aber noch hinzufügen, dass Sie, falls Sie meinen Rat befolgen, morgen gar nicht erst zur Wahl gehen. Die Politiker werden das nicht gerne sehen, stellt Ihre Gleichgültigkeit doch einen Affront gegen ihre schmutzigen Geschäfte dar. Das sollte Sie aber nicht weiter stören.
Mehr habe ich nicht zu sagen.
Gehen Sie jetzt nach Hause, und denken Sie darüber nach.«
Und unter gelähmtem Schweigen schlenderte Fen von der Bühne.
Eine Stunde später fand der den Tränen nahe Captain Watkyn ihn im Garten des »Fish Inn« wieder, wo er Bier trank und über Kricket plauderte. Ein dekorativer Sonnenuntergang bildete den Hintergrund für die Szene.
»Was ist bloß in Sie gefahren?«, jammerte Captain Watkyn. »Um Gottes willen, was ist bloß in Sie gefahren?«
»Ich habe mir Luft gemacht«, gab Fen ruhig zurück.
»Aber hören Sie, alter Junge, das können Sie unmöglich so gemeint haben.«
»Einiges davon habe ich so gemeint. Natürlich sind die Briten nicht ansatzweise so dumm, wie ich behauptet habe, aber da ist wohl die Lust an der Beleidigung mit mir durchgegangen. Wie wurde es aufgenommen?«
»Es wundert mich, dass man Sie nicht gelyncht hat«, sagte Captain Watkyn. »Es wundert mich, dass man Sie nicht mit Gegenständen beworfen hat«, fügte er als weniger eindrucksvolle Alternative hinzu. »Nun, sie sind leise murmelnd nach draußen geschlurft. Mehr ist nicht passiert. Aber
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