Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Augenblick. Können Sie sich erinnern, wie spät es genau war?«
Myra lächelte ihr erfahrenes, charmantes Lächeln. »Oh, ich bin die perfekte Zeugin, Sir. Genau in dem Moment, als ich an die Tür klopfte, schlug die Kirchturmuhr sechs. Ich weiß das noch so genau, weil natürlich um sechs die Bar öffnen soll, und ich hatte die Zeit im Auge.«
»Gut«, sagte Fen. »Und was geschah, nachdem Jane was auch immer in die Schublade gesteckt hatte?«
»Ich fragte sie, ob sie zum Essen im Hause wäre, und sie bejahte, und vorher wollte sie einen Spaziergang machen. Deswegen nahm sie ihre Tasche, kam auf den Korridor hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Wir sind zusammen hinuntergegangen.«
»War Jacqueline die ganze Zeit bei Ihnen?«
»Ja, das war sie. Sie kam auch mit nach unten, denn plötzlich war mir eingefallen, dass ich vergessen hatte, die Kartoffeln zu schälen. Ich bat sie, das zu übernehmen, weil ich die Bar aufmachen musste. Weil man sich dabei schmutzig machen kann, wollte sie sich erst hinterher umziehen.«
»Und dann?«
»Am Treppenabsatz verließ das Mädchen uns und ging hinaus. Ich konnte sehen, dass sie stehen blieb und sich eine Weile mit dem Superintendent unterhielt, aber ich weiß nicht, worum es ging. Sie betrat die Straße, und Jackie ging in die Küche, und ich ging in den Keller, um ein neues Fass Bier anzuzapfen. Etwa fünf Minuten später hörte ich, wie Ihr Freund von Scotland Yard nach mir rief. Wie sich herausstellte, wollte er abreisen und schnellstmöglich seine Rechnung begleichen. Also gab ich sie ihm und nahm das Geld entgegen, und dann ging ich und öffnete die Bar. Kurze Zeit später fuhr Diana ihn in ihrem Taxi zum Bahnhof, und dann passierte nichts, bis Sie hereinkamen und von dem Unfall berichteten.«
»Gut«, sagte Fen. »So viel dazu. Nun aber zu dieser Tanzveranstaltung in Sanford Morvel, die Sie mit Jacqueline besuchten. Um wie viel Uhr kamen Sie dort an?«
»So gegen Viertel vor elf, mein Lieber.«
»Und wann gingen Sie?«
»Punkt ein Uhr früh. Sie spielen noch Good Night Sweetheart und God Save the King , dann müssen alle raus.«
»Und haben Sie oder Jacqueline die Veranstaltung zu irgendeinem Zeitpunkt verlassen?«
»Nein, mein Lieber. Wir haben den Detective nicht erstochen.«
»Das hatte ich auch nicht vermutet«, entgegnete Fen lächelnd, »aber ich halte es für klug, mich in alle Richtungen abzusichern.«
»Dann sehen Sie also einen Silberstreif am Horizont?«
»Und ob.«
»Ich wünschte«, sagte Myra wehmütig, »ich wäre gestern Abend bei Ihrer Wahlkampfrede dabei gewesen.«
»Ach, zur Hölle mit meinem Wahlkampf«, sagte Fen verstimmt, als ihm plötzlich sein ganz persönlicher Ärger wieder in den Sinn kam. »Ich wünschte, ich hätte meine Kandidatur einfach zurückgezogen und es dabei belassen.«
Myra war äußerst überrascht. »Aber wollen Sie denn nicht gewählt werden, mein Lieber?«
»Nicht mehr. Zuerst wollte ich das schon, aber jetzt nicht mehr.«
»Nun, wenn dem so ist, dann haben Sie eine ganze Menge Geld zum Fenster hinausgeworfen.«
»Ja«, erwiderte Fen verstockt. »Ach, da wäre noch etwas, wonach ich Sie fragen wollte, Myra. Hatte Jane Persimmons den Gasthof am Tag ihres Unfalls vorher schon einmal verlassen?«
»Ja, mein Lieber. Sie fehlte beim Mittagessen, und ich glaube, sie kam erst nach vier hierher zurück.«
»Haben Sie sie zurückkommen sehen?«
»Nein, gesehen habe ich sie nicht. Ich habe sie nur gehört. Ist das denn wichtig?«
»Nicht unbedingt. Vielleicht bestätigt es, was ohnehin offensichtlich ist … Nun, Myra, haben Sie vielen Dank.«
»Gern geschehen, mein Lieber.«
Samuel kam herein. Er hielt ein mageres Hühnchen am Hals gepackt, und dem Geruch nach zu urteilen war es schon viel zu lange tot.
»Grrr«, stieß er abgestoßen hervor, als er Fen erblickte.
»Vielleicht kriegen Sie Ihre Pfauen ja noch«, meinte Fen aufmunternd zu Myra. Er ließ sie allein mit Samuel und dessen fragwürdigen Geschäftsanliegen zurück und machte Jacqueline in der Küche ausfindig. Er war erfreut, aber kaum überrascht, als sie Myras Version der Ereignisse bis ins Detail bestätigte.
Auf dem Weg hinaus begegnete er Mr. Beaver, der vergeblich seinen nutzlosen Bauplan studierte. Die Zerstörung war mittlerweile weit fortgeschritten. Staub kroch unablässig unter den Türen hindurch wie Rauch in einem brennenden Haus. Wie zum Untergang verdammte Inseln in einem anschwellenden Strom waren lediglich die Zimmer von Fen,
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