Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
dass mir gesagt wird, was ich tun soll. Ich bin so müde. Gehorsam nicke ich und trotte hinter Benjamin her. Er setzt mich vor der Vereinsbank in ein Taxi und hebt dann grüßend die Hand. Ich schaue aus dem Seitenfenster auf die gedrungene Gestalt in dem teuren schwarzen Anzug zurück, die kleiner und kleiner wird. Dann lehne ich mich erschöpft gegen die Rückbank. Ich will mich einfach nie wieder bewegen. Dennoch krame ich nach ein paar Minuten mein Blackberry hervor. Nachdem ich eine Weile gegrübelt habe, tippe ich folgende SMS:
ICH STELLE DIE SKIER HEUTE NACHMITTAG VOR UNSERE WOHNUNGSTÜR. DA KANNST DU SIE ABHOLEN.
Bevor ich sie absende, setze ich noch ein gekränktes SIMON! an den Anfang der Nachricht. Kaum zwanzig Sekunden später klingelt das Blackberry und teilt mir auf dem Display mit, dass ein unbekannter Teilnehmer anruft. Ich kann mir schon denken, wer das ist. Es hat mich immer wahnsinnig gemacht, dass Simon seine Rufnummernkennung ausgeschaltet hat. Kurzentschlossen drücke ich den Anruf weg. Nachdenklich sehe ich auf das Blackberry hinunter und fahre mit dem Zeigefinger über die linke Seite. Dort befindet sich der Aus-Knopf. Ich halte den Atem an und drücke ihn, betrachte dann ungläubig, wie der Minicomputer heruntergefahren wird und schließlich nur noch ein leeres, dunkelgraues Display zeigt.
Kapitel 5
Nachdem ich mich als Erstes davon überzeugt habe, dass Tristan wohlauf ist, bringe ich Herrn Lorenz eine Flasche Wein und bitte ihn, auch in der nächsten Woche meinen Fisch zu versorgen, worauf er sich nach langem Zögern grummelnd einlässt. Dann steige ich auf den Speicher hinauf und wuchte Simons Skier in dem blau-schwarzen Skisack nebst Skistiefeln in den zweiten Stock hinunter, wo ich sie an die Wand neben unserer Wohnungstür lehne. Ich schließe selbige hinter mir, stolpere ins Schlafzimmer und falle so wie ich bin ins Bett. Stunden später weckt mich das Klingeln an der Haustür. Es ist halb sechs. Schlaftrunken wanke ich den Flur entlang, doch gerade, als ich den Hörer der Gegensprechanlage abnehmen will, kommt mir ein Gedanke. Das kann doch eigentlich nur Simon sein? Ich drücke den Türöffner und presse mein Auge gegen den Spion. Unten klickt die Haustür und Sekunden später steht Simon mir gegenüber. Kaum einen Meter entfernt, nur ein Stück weiß lackiertes Holz trennt uns voneinander. Atemlos presse ich mich gegen die Tür und beobachte, wie Simon augenscheinlich irritiert auf seine Skier guckt. Dann schaut er geradeaus, mir direkt ins Auge. Ich schrecke zurück, doch dann fällt mir ein, dass er mich gar nicht sehen kann. Irgendwie fürchte ich trotzdem, dass mein pumperndes Herz sowohl die Tür als auch den Fußboden unter ihm zum Vibrieren bringt. Unschlüssig steht er da, dann streckt er den Arm aus, und die Türklingel über mir schrillt. Einmal, zweimal, dreimal. Ich wage nicht, mich zu rühren. Ich wage nicht zu atmen. Den Teufel werde ich tun und ihm aufmachen. Was will er denn noch? Seine verfluchten Skier stehen doch da! Höchstwahrscheinlich will er sich nur davon überzeugen, dass sein grausamer Plan aufgegangen ist und ich gefeuert wurde. Ich beobachte ihn, wie er ratlos vor unserer ehemals gemeinsamen Wohnung steht, und obwohl ich ihn nur verschwommen und verzerrt sehen kann, fällt es mir schwer, ihn zu hassen. Er drückt noch ein paar Mal auf die Klingel und zieht dann sein Handy hervor. Mein Blackberry ist aber aus! Ha! Vielleicht denkt er jetzt, ich sei tot. Normalerweise die einzig sinnvolle Erklärung für mein ausgeschaltetes Telefon. Ich hoffe, er macht sich Sorgen. Und Vorwürfe. Vor lauter Selbstmitleid steigen mir die Tränen in die Augen. Und Simon sieht jetzt irgendwie auch ein wenig besorgt aus. Er hämmert mit der Faust an die Tür. Es klingt dumpf, logisch, schließlich lehne ich ja von der anderen Seite dagegen. Ich wage nicht, mich zu rühren. Jetzt wählt Simon eine andere Nummer, und ich höre im Wohnzimmer das melodische Bimmeln unseres, Verzeihung, meines Festnetzanschlusses, das schließlich von Simons Stimme unterbrochen wird:
»Dies ist der Anschluss von Vivi und Simon, leider sind wir im Moment nicht zu Hause.« Oh Gott, ich muss dringend den Anrufbeantworter neu besprechen. »Hinterlasst uns bitte eine Nachricht. Piep.« Nach einer kurzen Pause höre ich erneut seine Stimme, diesmal in einem merkwürdigen Doppelhall, einmal gedämpft durch die Tür, und verzerrt auf dem Band. »Vivi, hier ist Simon, ich … bin hier wegen der Skier
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