Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
schlenkert mit den Armen durch die Luft.
»Ist ja gut«, unterbreche ich ihn unwirsch, »los, komm mit, ich zeige dir das Büro.« Gehorsam trottet Lutz hinter mir her in das geräumige Arbeitszimmer. Hinten links am Fenster steht mein Schreibtisch mit der gläsernen Arbeitsplatte, an der rechten Wand der antike Sekretär aus dunklem Nussbaumholz, den ich gestern Abend mühsam aus Simons Zimmer herübergeschleppt habe. Auf ihm habe ich meinen alten Computer platziert, an dem Lutz fürs Erste arbeiten wird. Die gegenüberliegende Wand ist von einem Regal verdeckt und über und über mit Büchern über Management und Betriebswirtschaft vollgestopft. Lutz stürzt sich sofort auf seinen Schreibtisch.
»Der ist ja toll. Antik?«, fragt er begeistert und streichelt prüfend über die verzierten Schubladengriffe.
»Ja, das ist deiner«, sage ich lächelnd, und er freut sich wie ein kleines Kind.
»Das ist ja super. Wir müssten ihn nur da hinstellen«, meint er und zeigt in Richtung meines Schreibtisches.
»Wie du siehst, steht dort bereits meiner«, sage ich spitz.
»Aber ich will da sitzen!« Fehlt nur noch, dass er sich auf den Boden schmeißt und mit den Füßen strampelt. Sind wir hier eigentlich im Kindergarten?
»Du kannst auch gleich wieder gehen«, fahre ich ihn an und erkenne, dass es eine Schnapsidee war, Lutz als Mitarbeiter auch nur in Erwägung zu ziehen.
»Komm, lass uns nicht streiten, wir wollen doch Spaß zusammen haben«, meint er friedfertig.
»Spaß? Das hier ist ein Unternehmen im Aufbau!«, gebe ich zurück, doch er zuckt nur die Schultern.
»Das kann doch trotzdem Spaß machen. Und wenn du darauf bestehst, dann sitze ich auch hier, ich dachte nur, weißt du, ich bin doch schließlich dein kreativer Berater. Ich brauche die lebensspendende Energie der Sonne, die meine Ideen …«
»Schon gut«, unterbreche ich ihn. Dann soll er eben seinen blöden Platz an der Sonne haben.
»Morgen bringe ich noch ein paar Grünpflanzen mit, der Raum ist ja sonst so trostlos«, meint Lutz, während wir das Zimmer nach seinen Vorstellungen umräumen. »Und das eine oder andere Bild für die Wände...«
»…darfst du gerne malen. In deiner Freizeit«, sage ich bestimmt und lasse mich in meinen ledernen Bürosessel fallen. »Jetzt wird gearbeitet. Hattest du vielleicht schon einen Geistesblitz wegen unseres Namens?« Hoffnungsfroh sehe ich ihn an.
»Klar doch. Amors Wichtel«, kommt es wie aus der Pistole geschossen zurück. »Kann ich einen Kaffee haben?« Er dreht sich auf seinem Sessel in Richtung Fenster, stützt den hübschen Kopf in die Hände und schaut nach draußen in den Innenhof, wo die Bäume sich kahl und dürr in Richtung Himmel strecken.
»Sicher! In der Frühstückspause«, gebe ich spitz zurück.
»Und wann ist die?«, erkundigt er sich.
»Sobald wir einen Namen gefunden haben.«
»Aber das haben wir doch schon.«
»Amors Wichtel?«, wiederhole ich spöttisch. Er dreht sich betont langsam zu mir um und sieht mir in die Augen.
»Genau.«
»Na ja, für einen ersten Vorschlag gar nicht übel. Da können wir weiter drauf rumdenken«, räume ich großzügig ein, doch er schüttelt den Kopf.
»Da gibt es nichts mehr rumzudenken. Amors Wichtel.«
»Meinst du, der Name wird besser, indem du ihn ständig wiederholst?«, frage ich gereizt, obwohl es mir insgeheim genau so vorkommt. Amors Wichtel, das ist gut. Das bleibt im Ohr.
»Der Name ist gut, gib es zu. Wir sind die Heinzelmännchen vom Liebesgott. Wir agieren still und leise und sind megafleißig. Was mehr willst du ausdrücken?« Für einen Moment hat es mir die Sprache verschlagen. Er ist wirklich kreativ, mein Berater. Und nicht auf den Kopf gefallen. Trotzdem, mir ist das unheimlich. Ich hatte mich doch auf einen anstrengenden Vormittag der Namensfindung eingestellt.
»Es muss nicht immer alles anstrengend und krampfig sein«, erklärt Lutz, als habe er meine Gedanken erraten, »die besten Ideen können einem manchmal auch einfach zufliegen. Bekomme ich jetzt einen Kaffee?«
»Wir haben doch gerade erst angefangen«, sage ich verärgert mit einem Blick auf die Uhr.
»Kreativität braucht Pausen«, erklärt er mir sanft.
»Ja ja, ich weiß. Und Licht und Platz«, murre ich in mich hinein.
»Na komm, ein Kaffee wird dir auch guttun«, meint er und fasst mich am Arm, »und außerdem habe ich deine Wohnung ja noch gar nicht angeschaut.« Während ich uns einen Milchkaffee zubereite, kann ich hören, wie Lutz meine Wohnung
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