Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
er mitten in meine Handtasche und zieht den Stapel Servietten hervor.
»Dann darfst du meine Ideen nicht verwenden«, sagt er trotzig.
»Wie bitte?«, frage ich empört.
»Jawohl. Das hier ist mein Gedankengut. Entweder sind wir Partner in der Sache oder du musst dir selber was einfallen lassen.« Plötzlich ereilt mich der Verdacht, dass wir beide von unterschiedlichen Dingen sprechen:
»Partner«, echoe ich, denn das klingt für mich nicht nach Sex, sondern nach Geschäft.
»Ja doch. Ich gebe ja zu, deine Idee ist super, aber du brauchst mich! Glaub mir, ich habe noch tausend weitere Ideen.« Damit wedelt er mir mit seinem »Gedankengut« vor der Nase herum. »Wir wären ein klasse Team.«
»Du willst, dass wir Geschäftspartner werden?«, frage ich nach, nur um wirklich ganz sicher zu gehen.
»Ja, natürlich, was denn sonst?«, gibt er zurück, und ich unterdrücke ein Seufzen. Genau, was denn sonst?
»Du träumst wohl«, versetze ich heftig, und er sieht mich beleidigt an.
»Wieso denn nicht?« Wieso nicht? Ist das sein Ernst? Auch wenn sein derzeitiges Outfit vielleicht nicht repräsentativ ist und auch wenn ich so gut wie nichts von ihm weiß, so ist mir doch ziemlich klar, dass Lutz so ziemlich der letzte Mensch auf Erden wäre, den ich mir freiwillig als Mitarbeiter aussuchen würde. »Glaubst du etwa, ich kann das nicht?«, fragt er mich empört.
»Na ja, ich dachte … du bist doch Schauspieler«, antworte ich ausweichend, aber er schüttelt vehement den Kopf.
»Da hast du mir nicht richtig zugehört. Sicher, ich bin Schauspieler, aber ich bin auch noch eine Menge mehr. Ich kann alles sein. Und deine Idee ist gut, verdammt gut.«
»Nicht unmoralisch?« Heldenhaft ignoriert er meinen Kommentar.
»Und ganz ehrlich, ein regelmäßiges Einkommen wäre auch mal nicht schlecht für mich. Frauen sind ganz schön teuer. Also, was zahlst du mir?«
Oje, dieser Mann hat wirklich nicht den blassesten Schimmer, was es bedeutet, ein Geschäft aufzuziehen. Nachdem ich ihm erklärt habe, dass ich ihm, wenn er denn mein Partner sein will, gar nichts bezahle, sondern wir vermutlich erstmal beide ordentlich Geld investieren müssen, war er schon nicht mehr ganz so begeistert von der Idee. Die Servietten wollte er aber auch nicht wieder rausrücken und nun habe ich tatsächlich meinen ersten Angestellten, noch bevor mein Gewerbe angemeldet oder auch nur mein alter Job gekündigt ist. Er hat mich da so reingequatscht, das ich irgendwann nicht mehr anders konnte, als Ja zu sagen.
Heute zerbreche ich mir schon den ganzen Tag über den Schädel wegen eines Firmennamens, aber das Einzige, was mir einfällt, lautet »Romantik auf Rädern«, und das klingt mir eindeutig zu sehr nach Altersheim. Völlig entnervt rufe ich bei Lutz an.
»Hallo Vivi, na, ist dir was eingefallen?«, begrüßt er mich gut gelaunt.
»Nein«, raunze ich ihn an, »und wozu habe ich überhaupt einen kreativen Berater wenn nicht für solche Aufgaben? Also, wir werden uns gemeinsam einen Namen ausdenken. Ich erwarte dich um acht.«
»Was? Aber ich bin gleich verabredet«, kommt es entgeistert zurück.
»Doch nicht heute Abend. Morgen Früh meine ich natürlich.«
»Um acht? Da bin ich noch nicht wach.« Na, das wird ja immer besser.
»Wann wäre es dir denn genehm?«, erkundige ich mich, meinen Ärger herunterschluckend.
»Na, so um elf?«
»Zehn«, gebe ich zurück, und er seufzt ergeben:
»Na gut.«
Am nächsten Morgen öffne ich Lutz um zwanzig nach zehn die Tür und sehe ihn vorwurfsvoll an.
»Das fängt ja gut an. Du bist viel zu spät.«
»Na, jetzt bin ich ja da«, meint er achselzuckend und gähnt herzhaft, während er seine dunkelblaue Winterjacke an den Garderobenständer hängt. Darunter trägt er einen weißen Zopfpullover und verwaschene Jeans, die schon bessere Tage gesehen haben. Ich sehe kurz an mir selber herunter: Ich trage heute meinen grauen Nadelstreifenanzug, dazu eine weinrote Bluse und halbhohe Pumps. Nun bemerkt auch Lutz meinen Aufzug und pfeift anerkennend durch die Zähne:
»Wow, schick bist du, Vivi. Hast du noch was vor?«
»Das ist mein Arbeitsoutfit«, sage ich steif, und Lutz begreift sofort:
»Oh. Da bin ich wohl ein bisschen zu leger angezogen, was?«
»Nun ja.«
»Tut mir Leid, Vivi, aber in so was wie einen Anzug bekommst du mich nicht rein. Ich bin kreativer Berater. Ich brauche Bewegungsfreiheit. Raum für meine Ideen, verstehst du.« Damit führt er ein paar Kniebeugen aus und
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