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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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inspiziert und hier und da einen Schrei der Begeisterung ausstößt. »Wow, ist ja super hier. Und so geräumig«, sagt er anerkennend, als er in die Wohnküche zurückkommt.
    »Ja, es ist ganz nett«, gebe ich zu.
    »Und wer ist das hier?«, erkundigt er sich mit Blick auf das Aquarium.
    »Das ist Tristan. Tristan, das ist Lutz«, stelle ich kurz vor und reiche ihm seinen Becher.
    »Tristan. Und wo ist seine Isolde?«, fragt er und ich schüttele den Kopf. »Keine Isolde?«
    »Nein, Tristan ist Single«, gebe ich zurück.
    »Du Armer, mein Beileid«, höre ich ihn meinen Goldfisch bemitleiden, während ich kopfschüttelnd das Wohnzimmer verlassen will. Männer!
    »Und wo ist deine Freundin?«, frage ich spöttisch und ein Schatten huscht über sein Gesicht.
    »Die ist weg«, kommt es knapp zurück.
    »Oh, Entschuldigung«, sage ich überrascht, »hat sie dich...?«
    »Verlassen, ja. Vor drei Jahren.«
    »Vor drei Jahren?« Gerade will ich lachen, aber der Ausdruck in seinen Augen lässt mich verstummen. »Äh, das war wohl was Ernstes?«
    »Ich will nicht darüber reden.«
    »Okay«, meine ich achselzuckend und wende mich ab. Ich will nämlich eigentlich auch nicht reden. Sondern arbeiten.
    »Wo willst du denn hin?«
    »Na, zurück ins Büro natürlich.«
    »Nein, nein, nein, jetzt machen wir Pause«, meint er und dirigiert mich in Richtung meiner mit rotem Rosenstoff bezogenen Couch.
    »Aber ich habe doch schon eine Pause gemacht, während ich den Kaffee gekocht habe«, versuche ich mich zu wehren, »also können wir den Kaffee doch jetzt vor dem Computer trinken.«
    »Das können wir nicht«, sagt Lutz bestimmt und drückt mich mit sanfter Gewalt auf das Sofa. »Unser innerer Künstler muss sich jetzt ausruhen, damit er nachher wieder vor Ideen sprühen kann.« Was ist denn das für ein Müll, den er da erzählt? Misstrauisch betrachte ich Lutz von der Seite, der sich jetzt entspannt zurücklehnt, den linken Fuß auf das rechte Knie legt und einen Schluck Kaffee trinkt. Wenn ich mich nicht irre, bezahle ich ihn in diesem Moment fürs Rumfaulenzen. Das hätte es bei Wisenberg nicht gegeben. In diesem Moment fühle ich mich, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube erhalten.
    »Was ist los?«, fragt Lutz alarmiert, »wieso bist du so blass plötzlich?«
    »Ach, es ist nichts.« Ich lächele matt. »Mir ist nur gerade wieder eingefallen, dass ich das mit meinem alten Job noch regeln muss. Und irgendwie wird mir bei dem Gedanken schlecht.«
    »Verstehe.«
    »Ich möchte wenigstens eine hohe Abfindung rausschlagen«, fahre ich fort, »nachdem mich Huber wie Dreck behandelt hat. Aber ich bin nicht gut in so etwas. Wenn es ums Projekt geht, bin ich ein harter Verhandlungspartner, aber sobald es um meine eigenen Interessen geht, traue ich mich irgendwie nicht so richtig.« Missmutig starre ich in meine Kaffeetasse, als ich Lutz’ Hand auf meiner Schulter spüre.
    »Keine Sorge«, meint er und tätschelt mich freundschaftlich, »jetzt hast du ja mich. Und ich habe eine gute Idee.«
     
    Ich muss sagen, anscheinend tut diesem inneren Künstler eine kleine Kaffeepause tatsächlich gut. Was er da vorgeschlagen hat, könnte wirklich klappen. Dennoch schlägt mir das Herz bis zum Hals, als ich jetzt zögernd die Nummer von Herrn Hubers Sekretariat wähle. Lutz ist mit seinem Stuhl ganz dicht an mich herangerückt und lächelt mir aufmunternd zu. Gerade als ich das Telefon auf Lautsprecher schalte, damit er mithören kann, hebt Frau Sandner am anderen Ende der Leitung den Hörer ab.
    »Hallo Frau Sandner, hier ist Viviane Sonntag. Würden Sie mich bitte zu Herrn Huber durchstellen«, sage ich so beschwingt wie möglich.
    »Frau Sonntag, wie geht es Ihnen denn?«, erkundigt sie sich und bemüht sich dabei um einen mitfühlenden Tonfall.
    »Es geht mir ausgezeichnet, wirklich sehr gut. Ich kann es kaum erwarten, wieder zur Arbeit zu kommen«, sage ich enthusiastisch, was sie mit einem überraschten Hüsteln quittiert.
    »Tatsächlich?«
    »Aber ja. Ich bin guter Hoffnung, äh, ich meine, guter Hoffnung, dass mein Arzt mich noch diese Woche gesundschreiben wird.« Damit stoße ich ein hysterisch anmutendes Lachen aus und sehe unsicher zu Lutz, der heftig mit dem Kopf nickt.
    »Sehr gut, weiter so«, flüstert er.
    »Soso, ja, ich stelle Sie durch«, kommt es eilig vom anderen Ende der Leitung, und ohne mir noch eine Chance zu geben, mich von ihr zu verabschieden, hat sie mich auch schon in die Warteschleife verfrachtet.

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