Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
eins: Leugnen! Ich streite einfach alles ab. Er kann mir nichts beweisen.
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, sage ich kühl und nehme schnell einen Schluck Kaffee, um seinem Blick nicht weiter standhalten zu müssen. Und dann fällt mir etwas ein, Angriff ist die beste Verteidigung. Ich funkele ihn plötzlich zornig an und frage schrill:
»Wer steckt dir denn eine Rose ans Auto? Sag bloß, du hast schon eine Neue!« Es funktioniert, Simon ist eindeutig aus dem Konzept gebracht.
»Nun, äh …« Ich bin ehrlich froh, nicht mehr die Einzige zu sein, die hier ständig um Worte ringt. »Ehrlich gesagt ja.«
»Und warum beschuldigst du dann mich, dir Blumen ans Auto zu pappen? Wäre das nicht eigentlich ihre Aufgabe?«, frage ich pampig.
»Dafür ist sie eigentlich gar nicht der Typ«, stammelt er hilflos.
»Ich etwa?«
»Nein.« Das kam so aus der Pistole geschossen, dass es wirklich wehtut. »Ich dachte nur, weil du plötzlich aufgetaucht bist.«
»Völliger Blödsinn«, sage ich ungeduldig und wechsele dann schnell das Thema: »Du hast also eine neue Freundin, ja? Und seit wann?«
»Ich hätte dir das gerne etwas schonender beigebracht. Deshalb wollte ich ja auch mit dir Kaffee trinken.« Er sieht mich treuherzig an, während mir für einen Moment die Sprache wegbleibt. Deshalb wollte er mit mir Kaffee trinken? Um es mir schonend beizubringen? Der armen Vivi, die er schändlich verlassen und die dann auch noch ihren Job verloren hat. Da muss man die Nachricht von der großen neuen Liebe, die ihr langjähriger Freund nach nur zehn Wochen, ich wiederhole: zehn Wochen, gefunden hat, natürlich ganz sanft übermitteln! Ehe ich mich selber zurückpfeifen kann, werfe ich meine Haare mit Schwung zurück und lächele Simon breit an:
»Du musst mir nichts schonend beibringen. Ich bin auch schon wieder liiert.«
»Du bist was?« Ich bin was???
»Liiert.« Was ist bloß los mit mir? Ich beginne langsam an meiner eigenen Intelligenz zu zweifeln. Warum gebe ich hier in einem fort irgendwelchen Unsinn von mir, obwohl ich weiß, dass ich die untalentierteste Lügnerin der Welt bin?
»Du meinst, du hast eine neue Beziehung«, erkundigt sich Simon begriffsstutzig, und ich nicke voller Überzeugung.
»Aber … wen denn?«
»Kennst du nicht«, gebe ich ausweichend zurück.
»Er wird doch wohl einen Namen haben.« Er glaubt mir nicht. Ich kann es ihm an der Nasenspitze ansehen. Er denkt, ich spinne ihm was vor. So eine Frechheit. Auch wenn er damit natürlich streng genommen Recht hat, fühle ich mich doch zutiefst beleidigt. Warum schließlich sollte ich keinen neuen Freund haben? Bin ich nicht eine attraktive und liebenswerte Person? Zumindest meistens?
»Natürlich hat er einen Namen. Er heißt Lutz, genauer gesagt Ludger Wichtel. Doktor Ludger Wichtel«, setze ich noch einen oben drauf, ohne zu wissen, welcher Teufel mich gerade reitet. Simon schweigt beeindruckt.
»Und wie heißt deine … Freundin?« Es fällt mir schwer, das auszusprechen. Das alles, diese ganze Situation ist völlig absurd. Seit ich Simon kenne, hieß seine Freundin schließlich Viviane Sonntag.
»Laura. Laura Hansen«, antwortet er geistesabwesend. »Moment mal, wieso warst du denn dann eben so entrüstet, dass ich eine neue Freundin habe, wenn du doch selbst schon wieder …«
»Das ist doch was ganz anderes«, behaupte ich im Brustton der Überzeugung. »Was für mich erlaubt ist, finde ich bei dir noch lange nicht in Ordnung, das weißt du doch.« Verblüfft sieht er mich an und fängt dann an zu kichern. Es zerreißt mir fast das Herz. Simon kichert nämlich auf seine ganz eigene Weise, hoch und schrill und mit zuckenden Schultern, wie ein kleines, albernes Mädchen. Die Leute gucken immer ganz komisch, aber ich liebe ihn dafür. Ich meine natürlich, ich liebte ihn dafür.
»Vivi, du bist unbezahlbar«, quiekt er schließlich, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hat. »Ich hab dich vermisst.« Fehlt nur noch, dass er mir auf den Rücken klopft und »altes Haus« zu mir sagt. »Aber sag mal, du bist ganz sicher, dass die Rose nicht von dir ist?«
»Natürlich bin ich sicher. Warum sollte ich so etwas tun?«
»Du meinst, jetzt, wo du Lutz hast?« Was ist das für ein spöttischer Ausdruck in seinem Gesicht?
»Glaubst du mir etwa nicht?«, brause ich auf. Sein Blick sagt mehr als tausend Worte. Was für eine Frechheit! »Und warum sollte ich dann die Geschichte von deiner angeblichen Laura-Freundin glauben?«
»Warum sonst
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