Mit Haut und Haar (German Edition)
widerlich. Bei mir bekommst du nur das Beste vom Besten. Das Fleisch für das Gulasch stammt vom teuersten Metzger den ich kenne.« Sie lachte. »Er kann sich seine saftigen Preise erlauben, denn er ist wirklich der Beste. Also, hast du Hunger?«
»Verpiss dich«, schnaufte Daniel.
Sie lachte.
»Ich werde es mir schmecken lassen. Falls du doch etwas möchtest, kannst du mich rufen.«
Daniel wandte verzweifelt seinen Kopf zur Seite. Er fühlte sich so hilflos wie noch nie in seinem Leben zuvor. Und nicht nur das. Er kam sich lächerlich vor.
Sie blieb lange verschwunden und draußen wurde es dunkel. Am liebsten hätte Daniel geweint, so hilflos fühlte er sich, stattdessen zwang er sich, darüber nachzudenken, wie er dieser Frau entkommen konnte. In erster Linie müsste er sich von den Handschellen und den Fußfesseln befreien, die sie ihm angelegt hatte, aber sämtliche Versuche, irgendwie aus dem harten, breiten Metallring zu kommen, scheiterten und hatten zur Folge, dass seine Handgelenke fürchterlich schmerzten. Er fragte sich, was sie da unten trieb, in seinem Haus. Wo sie herumschnüffelte. Andrea. Ausgerechnet seine Sekretärin. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie er sie eingestellt hatte. Andrea war noch relativ jung, gerade mal fünfundzwanzig. Aus mehr als zweihundert Bewerbungsmappen hatte er sie, gemeinsam mit einigen anderen, in die engere Wahl genommen. Und sie hatte letztlich gewonnen. Sie war nicht hässlich. Aber auch nicht besonders hübsch. Ein eher unscheinbares Wesen. Sie wirkte selbstbewusst, aber offensichtlich war sie das nicht wirklich. Allerdings waren das Dinge, über die er sich nie Gedanken gemacht hatte. Sie hatte vom ersten Tag an einen guten Job gemacht und um ehrlich zu sein, alles andere war ihm auch gleichgültig. Jetzt durch diese Situation wurde ihm plötzlich klar, dass Andrea alles andere als eine selbstsichere Persönlichkeit war. Jetzt war klar, dass sie gestört und eher labil war. In der Firma war sie unbeliebt und keiner der Mitarbeiter hatte seine Wahl verstehen können. Sicher, sie akzeptierten Andrea seit ihrem ersten Tag als seine Sekretärin, das war sie nun mal, aber niemand redete mit ihr wenn es nicht sein musste. Andrea schien das egal zu sein. Und statt zu versuchen, den Kollegen etwas näher zu kommen, strafte sie sie bei jeder Gelegenheit ab, wie ihm eine Mitarbeiterin vor kurzem erst erzählt hatte. Und wenn sie sich eine Tasse Kaffee in der Teeküche holte und alle Gespräche verstummten, die bis dahin rege geführt worden waren, tat sie so, als wäre niemand im Raum. Es schien ihr einfach völlig egal zu sein, was die Kollegen von ihr hielten und sie ließ keine Gelegenheit aus um das zu zeigen.
Wann hatte sie ihm zu verstehen gegeben was sie für ihn empfand? Er konnte sich an keine einzige Gelegenheit erinnern. Ansonsten hätte er sicher Verdacht geschöpft, jedenfalls nach den Vorfällen, die sich in Bezug auf seine Familie gehäuft hatten. Andrea kleidete sich modisch, aber dezent, sie war kein auffälliger Typ. Sie schminkte sich kaum, manchmal gar nicht. Eigentlich wirkte sie eher wie ein Mauerblümchen. Ihm war das egal gewesen, denn ihren Job hatte sie wirklich gut gemacht. Hatte er deswegen vielleicht – weil sie so reizlos war – irgendetwas übersehen? Nein, sie hatte ihm nie zu verstehen gegeben, dass ihr etwas an ihm lag. Sie hatte sich seiner Meinung nach ganz normal verhalten, so wie es sich für eine Sekretärin gehörte, nichts was darüber hinausgegangen wäre. Das einzige Private, was zwischen ihnen mal irgendwann gefallen war, war von ihm gekommen – er hatte ihr lachend gesagt, dass es ihr recht gut stehen würde, wenn sie ab und an mal lächeln würde...
Es war schließlich stockfinster im Schlafzimmer, als die Tür sich einen Spalt öffnete.
»Daniel, bist du wach?« hörte er sie fragen.
»Ja«, antwortete er.
»Möchtest du nicht doch was essen?«
Sein Magen knurrte. Er konnte jetzt bockig sein und ihr all seinen Hass zeigen, den er empfand. Aber das würde ihm keine Aussicht auf Befreiung bescheren. Andererseits konnte er sich ein klein wenig kooperativ zeigen, vielleicht würde sie dann die Fesseln lösen. Und letztlich hatte er keine Lust zu verhungern oder zu verdursten.
»Doch«, sagte er. Sie schloss die Tür wieder, ohne das Licht einzuschalten. Diese Dunkelheit, die ihn umgab, machte ihn fast wahnsinnig. Er wusste nicht wie spät es war oder welcher Tag. Nach ihren Erzählungen zu urteilen, musste er
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