Mit Haut und Haar (German Edition)
als besserer Mensch gezeigt und wenn Daniel erfahren würde was sie getan hatte, wäre er sehr verletzt. Ihre Lügen waren viel raffinierter gewesen als seine Lügen. Und genau wie sie ihm damals vorgeworfen hatte, dass er aus dem Bett einer anderen zu ihr gekommen war, hatte sie sich auch verhalten. In den vergangenen Monaten war sie ständig aus dem Bett von Patrizia direkt zu ihm gekommen. Oft hatte sie noch nach ihrem Parfüm gerochen und nicht selten hatte sie noch den Geschmack von Patrizias letztem Orgasmus auf den Lippen gehabt. Nein, sie war keinen Deut besser und sie musste diese Sache beenden, bevor sie ihr über den Kopf wuchs und es war ohnehin schon kurz davor. Ja, sie hatte oft gegrübelt in den letzten Tagen, als sich jeder auf Weihnachten gefreut hatte, nur Patrizia nicht, die ihr unmissverständlich klar gemacht hatte, dass sie Weihnachten gerne mit ihr verbringen würde. Dass sie traurig war, weil sie alleine zu Hause sitzen würde. Oder vielleicht auf eine Weihnachtsparty gehen würde. Aber so oder so ohne die Frau, die sie doch so sehr liebte.
Sie konnte Patrizia nicht einladen, um Heilig Abend mit ihr und ihrer Familie zu verbringen. Noch nie hatten Daniel und sie andere Leute eingeladen um mit ihnen den Heilig Abend zu verbringen. Vor vielen Jahren noch, als ihre Eltern noch gelebt hatten, waren diese ein oder zweimal an Heilig Abend zu Besuch gewesen, aber seit ihre Eltern tot waren, war dieser Abend zu einem Fest geworden, das nur ihnen und den Kindern gehörte. Nein, sie hätte Patrizia keinesfalls einladen können. Erst als für Patrizia feststand, dass sie zu einer Weihnachtsparty bei Freunden gehen würde, hatte Clarissa erleichtert aufatmen können. Und Patrizia hatte es bemerkt, ihre Augen wirkten plötzlich ein wenig wehmütig. Damit hatte Clarissa noch einen Grund mehr, sich schlecht zu fühlen. Patrizia musste sich fühlen wie die heimliche Geliebte, die öffentlich nicht auftauchen darf. Ein schrecklicher Gedanke. Offenbar nahm ihr gerade das Schicksal jede Form von eigener Entscheidung ab und irgendwie war Clarissa ein wenig erleichtert darüber.
Als Daniel wieder ins Wohnzimmer kam und sich neben sie setzte, nahm sie ihr Glas Wein in die Hand und reichte ihm seines, um mit ihm anzustoßen.
»Also«, sagte sie. »Auf Köln.« Sie trank einen Schluck. Daniel wirkte sehr erleichtert.
»Auf Köln«, sagte sie erneut. »Auf einen neuen Anfang ohne böse Geister in einem neuen Haus.«
Daniel nahm sie unwillkürlich in den Arm.
»Böse Geister?« fragte er besorgt. Dann blickte er schuldbewusst zu Boden. »Du leidest noch immer unter der Sache, was?«
»Nein«, sagte sie, und dabei konnte sie ihm sogar in die Augen schauen.
»Aber ich finde, es wäre gut für uns, es würde unserer Ehe einfach gut tun, einen neuen Anfang zu machen. Ich freue mich drauf. Wir haben es geschafft, eine schlimme Krise zu überwinden und ein Ortswechsel kann nur gut sein. Völlig von vorne anfangen, weißt du was ich meine? Ich bin sehr gespannt, was die Kinder dazu sagen.«
»Nun ja, ich denke, sie werden nicht besonders erfreut sein«, sagte er zerknirscht. »Das wird ein harter Kampf werden. Schließlich haben sie all ihre Freunde hier.«
»Ja«, sagte Clarissa. »Aber du überschätzt das. Damian ist mit Jungs befreundet, die sich noch gut dran erinnern können, welchen Blödsinn er im Kindergarten angestellt hat. Ich denke, ihm wird das persönlich gut tun, einen neuen Anfang in einer neuen Stadt zu machen, das ist auch die Möglichkeit für einen Imagewechsel und ich hab das Gefühl, dass er das ohnehin gerade anstrebt. Und Charlotte streitet sich sowieso ständig mit ihren Freundinnen. Wir sollten warten, bis sie das nächste Mal total empört nach Hause kommt und mir erzählt wie eklig Julia mal wieder zu ihr war oder Nancy und dann könnten wir die Neuigkeiten verkünden. Das wäre eine Gelegenheit.«
»Mein schlaues Frauchen«, sagte Daniel.
»Ich finde es aber furchtbar, dass du schon monatelang weißt, wie es um eure Firma steht, dass dein Job auf dem Spiel steht, du aber nicht mit geredet hast. Vertraust du mir etwa nicht? «
»Doch Clarissa«, antwortete Daniel. »Ich wollte dich nur nicht beunruhigen. « Er seufzte. »Schau mal, anfangs sah das alles so aus als würden wir ein paar Rettungsmaßnahmen ergreifen und das Ding schon schaukeln. Dann stand irgendwann fest, dass die nicht ausreichen und dass wir eigentlich auch gar nichts tun können, was wirklich ausreichend wäre. Es
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