Mit Haut und Haar (German Edition)
Patrizia gab sich als mondäne Geschäftsfrau, die den Spaßfaktor des Lebens gerne auskostete, aber eigentlich war sie sanft, zartfühlend und wie Clarissa inzwischen bewusst war: Sehr verletzlich und lange nicht so selbstbewusst, wie sie vorgab.
»Patrizia, bei meinem Mann haben sich ernste berufliche Veränderungen ergeben.«
»Wird er arbeitslos?« fragte Patrizia.
»Nein. Er tritt eine neue Stelle an.«
»Gut, und was geht mich das an?«
»Die neue Stelle ist in Köln. Er fängt am 1. März an.«
Patrizia wurde bleich. »Heißt das etwa, ihr zieht nach Köln?«
Clarissa nickte. »Für immer?«
»Naja, es sieht so aus.«
»Und was wird aus uns?«
Clarissa starrte auf ihre Füße. Solche Gespräche lagen ihr überhaupt nicht. Sie hasste diese Situation. Es war an die zwanzig Jahre her, dass sie das letzte Mal ein solches Gespräch hatte führen müssen.
»Patrizia, wir müssen das beenden. So oder so. Auch wenn wir nicht umziehen würden. Aber den Umzug nehme ich zum Anlass.«
»Aber ich könnte doch meine Galerie nach Köln verlegen, das wäre überhaupt kein Problem! Köln ist eine tolle Stadt!«
»Ich weiß, dass du das tun könntest und es auch tun würdest. Aber darum geht es nicht nur, Patrizia.«
»Du willst unsere Beziehung beenden?«
Clarissa nickte.
»Einfach so?«
»Nein, nicht einfach so. Nach langem Nachdenken. Nach mehreren Monaten mit einem verdammt schlechten Gewissen. Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.«
»Also dieser Saunanachmittag, der hat dich doch schwer belastet, was?«
»An diesem Tag ist mir klar geworden, dass ich eine Entscheidung treffen muss. Es ist unfair, Patrizia, unfair dir gegenüber, noch unfairer Daniel gegenüber. Ich hätte kein Problem, mich mit dir als Paar in der Öffentlichkeit zu zeigen, wenn ich nicht Panik haben müsste, dass Daniel es auf solche Art erfährt. Aber ich habe diese Panik. Ich will nicht dass er es erfährt. Ich will meine Ehe nicht verlieren. Wir sind so viele Jahre zusammen und ich liebe ihn sehr. Ich muss mich für einen von euch entscheiden und meine Entscheidung ist gefallen. Ich habe dich auch nie belogen, Patrizia. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ...«
Sie unterbrach sich.
Patrizia rauchte nervös. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
»Du weißt gar nicht was du mir antust«, sagte sie.
»Doch, ich weiß was ich dir antue«, sagte Clarissa. »Aber ich muss jetzt mein Leben aufräumen, bitte versteh das doch. Ich muss mich für eine Seite entscheiden. Ich kann diese Beziehung mit dir nicht weiterführen. Es wird sowieso durch die Entfernung demnächst nur noch komplizierter. Aber das ist nicht der Grund. Ich liebe meinen Mann, ich will ihn nicht verlieren. Ich muss das mit dir beenden, auch wenn es weh tut.«
»Dir scheint es nicht weh zu tun. Ich bin die einzige die leidet. Du siehst mir ziemlich kühl und überlegt aus.«
»Das bin ich nicht. Das siehst du falsch.«
Patrizia wischte sich die Tränen ab.
»Naja, was soll ich sagen? Du willst das beenden. Du willst lieber mit deinem Mann zusammen sein. Das werde ich akzeptieren müssen.«
»Schön dass du es so siehst«, sagte Clarissa. »Hör zu, die Zeit mit dir hat mir viel bedeutet und....«
»Lass den Quatsch«, sagte Patrizia. Sie hob abwehrend ihre Hände. »Lass es einfach sein. Ich will solchen Scheiß nicht hören! Es war toll mit dir Patrizia, ja, es war schön, aber jetzt ist es Zeit weiterzuziehen...lass es einfach, so was braucht kein Mensch.«
Clarissa seufzte und sie war selbst den Tränen nahe. »Nun gut, wenn du so reagierst ... ich wollte dir nur sagen, dass es eine schöne Zeit war mit dir, die ich nicht missen möchte. Du hast mir viel gegeben und mein Leben verändert, es bereichert.«
»Ich frage mich schon seit zwei Wochen, was dich bedrückt«, sagte Patrizia. »Ich dumme Gans dachte tatsächlich, es läge an der Geschichte, die in der Sauna passiert ist. Glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, dass du dich danach von mir distanziert hast?«
»Ich habe nachgedacht, Patrizia.«
»Das weiß ich. Weißt du, das unterscheidet eine lesbische Beziehung von einer Hetero-Beziehung. Eine Frau merkt es ganz genau, wenn eine andere Frau etwas auf dem Herzen hat. Einem Mann wäre vielleicht nur aufgefallen, dass du ruhiger geworden bist, aber ich habe natürlich bemerkt dass dich etwas bedrückt. Ich hab dich auch mehrfach gefragt, ob ich dir helfen kann. Ob du reden möchtest. Du hast immer gesagt, es wäre nichts. Aber glaubst du, ich
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