Mit Haut und Haar (German Edition)
Davon könnten wir die Raten weiter zahlen und in Köln würden wir sorgenfrei leben, auch in einem Haus. Und wenn wir eines Tages hierher zurück wollen würden, hätten wir immer noch unser Haus. Und das zahlt sich bis dahin weiter durch die Miete von ganz alleine ab. Abgesehen davon, dass dieses Gehalt, das mir da angeboten wurde, immerhin ziemlich weit über meinem jetzigen Gehalt liegt.«
»Ja, natürlich wäre das für dich ein Aufstieg, keine Frage. Hast du das Haus in Köln schon gesehen?«
»Nein«, sagte Daniel. »Nur ein paar Fotos habe ich gesehen und ich kenne die Beschreibung der Immobilie. Das Haus hat sechs Zimmer, Küche, eine Gästetoilette und zwei Badezimmer, eines davon gehört wohl zum Schlafzimmer, das andere ist im oberen Stock, so ein Gemeinschaftsbad. Und einen großen Garten. Es ist ein sehr schönes Haus, ich hab die Bilder in einer Mail. Wenn du magst hol ich meinen Laptop und zeige sie dir.«
Sie nickte, woraufhin Daniel sofort seinen Laptop holte und ihn hochfuhr. Kurz darauf führte er ihr die Fotos aus dem Haus vor.
»Das ist aber schön«, sagte Clarissa. »Da liegt ja noch richtiger Parkettboden!« Daniel nickte und freute sich, weil Clarissa so unvoreingenommen reagierte, obwohl das alles bedeutete, dass sie ihre gewohnte Umgebung hinter sich lassen musste.
»Das Haus ist sehr schön, Daniel. Damit hätte ich kein Problem. Und von Frankfurt aus ist Köln gerade mal zwei Stunden entfernt, das geht auch, wenn Anja mich mal besuchen möchte.«
»Oder Patrizia«, sagte er.
»Ja«, sagte sie. »Oder Patrizia.«
»Ich muss kurz ins Bad«, sagte Daniel. »Dann reden wir weiter.«
Sie nickte und schaute ihm nach, wie er auf der Treppe verschwand. Patrizia. Umzug nach Köln. Patrizia. Die Sache mit Patrizia musste so oder so bald beendet werden, sie geriet außer Kontrolle, wie der Saunabesuch ihr gezeigt hatte. Dieser Nachmittag hatte Clarissa aufgerüttelt. Patrizia selbst hatte sich nicht verändert, aber ihre Beziehung hatte sich verändert. Patrizia hatte begonnen, Ansprüche zu stellen und wurde fordernd. Zeigte sich verständnislos, wenn Clarissa darauf bestand, Diskretion zu wahren. Sie wollte auch inzwischen nicht mehr wahrhaben, dass Clarissa ihr von Anfang an gesagt hatte, dass sie Daniel und die Kinder niemals für ein Leben mit ihr aufgeben würde. Patrizia drängelte nicht wirklich, aber immer öfter stellte sie Fragen, die darauf hinausliefen, dass Clarissa ihr erklären musste, jedes Mal aufs Neue, warum sie in ihrem Leben keine Veränderungen vornehmen würde. Patrizia bedeutete ihr sehr viel. Vielleicht war sie inzwischen sogar auch verliebt in sie, das wusste sie nicht einzuschätzen. Sie fand den Gedanken noch immer befremdlich, sich als Frau in eine Frau zu verlieben. Aber sexuell war sie ihr verfallen. Doch immer öfter hatte sie das Gefühl, dass die Beziehung seitens Patrizia nach Intensivierung verlangte, nach Entscheidungen und dadurch bedingt immer weiter außer Kontrolle geriet. Schon seit Tagen grübelte sie über der Frage, wie sie weiterhin damit umgehen sollte. Im Grunde gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie trennte sich von Patrizia oder von ihrem Mann. Der Gedanke, sich von Patrizia trennen zu müssen, schmerzte sie sehr, aber von Daniel würde sie sich auf gar keinen Fall trennen, das stand für sie fest. Sie liebte ihn nach wie vor und er war noch immer der Mensch in ihrem Leben, mit dem sie alt werden wollte. Auch der Verlust von Patrizia würde sie hart treffen. Allerdings war ihr klar, dass sie diesen Verlust verkraften würde und der Schmerz mit der Zeit, vielleicht sogar recht schnell, nachlassen würde. Sie hatte durch Patrizia eine wunderbare neue Welt erfahren. Sie hatte ihr viel zu verdanken, nicht nur in Hinsicht auf ihre Malerei, sondern auch persönlich. Ohne das Verhältnis zu Patrizia hätte sie niemals ihre Ehe wieder in den Griff bekommen, die seither tatsächlich traumhaft lief. Ohne Patrizia wäre sie nicht der selbstbewusste Mensch, diese körperbewusste Frau geworden, sondern wäre weiterhin ein Schatten ihrer selbst geblieben, still leidend und funktionstüchtig. Ja, sie hatte ihr viel zu verdanken, die Zeit mit Patrizia war wunderschön gewesen, aber es war wohl längst fällig, das Ganze zu beenden. Es war unfair Daniel gegenüber, es war unfair Patrizia gegenüber. Es war einfach unfair, aus welchem Blickwinkel heraus man es auch betrachtete. Es war Betrug, genau wie Daniel sie betrogen hatte. Sie hatte sich nicht
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